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Puls

Puls

Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Aber was ist, wenn jemand von hinten kommt? Die Lynn Avenue ist nur eine Straße weit entfernt.«
    Clay zuckte die Achseln, um anzudeuten, dass sie sich nicht gegen alles verteidigen konnten - gegen so einiges nicht -, ohne das laut auszusprechen.
    »Also gut«, sagte McCourt, nachdem er noch etwas von seinem Sandwich gegessen und Rafe mit einem Stück Schinken gefüttert hatte. »Aber Sie sollten mich gegen drei Uhr holen. Wenn Alice bis dahin noch nicht aufgewacht ist, schläft sie bestimmt ganz durch.«
    »Am besten warten wir ab, wie's läuft«, sagte Clay. »Ähm, ich kann mir die Antwort zwar denken, aber Sie haben keine Waffe im Haus, oder?«
    »Nein«, sagte McCourt. »Nicht mal eine einsame Dose Pfefferspray.« Er betrachtete sein Sandwich, dann legte er es weg. Als er zu Clay aufsah, war sein Blick bemerkenswert düster. Er sprach mit leiser Stimme, so wie Leute das taten, wenn sie über Geheimnisse redeten. »Wissen Sie noch, was der Polizist gesagt hat, kurz bevor er diesen Verrückten erschossen hat?«
    Clay nickte. He, Kumpel, wie geht's? Ich meine, was läuft so? Das würde er niemals vergessen.
    »Ich hab gewusst, dass es nicht wie im Kino sein würde«, sagte McCourt, »aber was ich nie vermutet hätte, war die gewaltige Energie dahinter, die Plötzlichkeit ... und das Geräusch, mit dem das Zeug ... das Zeug aus seinem Kopf ...«
    Er beugte sich auf einmal nach vorn und presste eine seiner kleinen Hände auf den Mund. Die plötzliche Bewegung erschreckte Rafe, und er sprang zu Boden. McCourt gab drei unterdrückte, aber kräftige Würgelaute von sich, und Clay machte sich schon auf den Schwall von Erbrochenem gefasst, der bestimmt folgen würde. Er konnte nur hoffen, dass er nicht auch anfing, sich zu übergeben, was jedoch wahrscheinlich war. Er spürte, dass er dicht davor war - nur noch ein Federkitzeln weit entfernt. Weil er wusste, wovon Tom sprach. Erst der Schuss, dann das klebrig-feuchte Klatschen auf den Betonplatten.
    Keiner übergab sich. McCourt fand die Selbstbeherrschung wieder und sah mit tränenden Augen auf. »Entschuldigung«, sagte er. »Hätte nicht davon anfangen sollen.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.«
    »Ich glaube, dass wir dringend ein Mittel finden müssen, unsere feineren Empfindlichkeiten einzufrieren, wenn wir das durchstehen wollen, was noch vor uns liegt. Ich glaube, dass Leute, die das nicht schaffen .« Er verstummte kurz, dann setzte er wieder an: »Ich glaube, dass Leute, die das nicht schaffen .« Er verstummte abermals. Erst beim dritten Anlauf brachte er den Satz zu Ende. »Ich glaube, dass Leute, die das nicht schaffen, bald tot sein werden.«
    Sie starrten einander im blendend weißen Licht der Sturmlaterne an.

10
    »Sobald wir aus der Stadt raus waren, habe ich niemanden mehr mit einer Waffe gesehen«, sagte Clay. »Anfangs habe ich noch nicht so richtig darauf geachtet, später schon.«
    »Sie wissen doch auch, warum, oder? Vielleicht mit Ausnahme von Kalifornien hat Massachusetts die strengsten Waffengesetze aller Bundesstaaten.«
    Clay erinnerte sich an Plakattafeln, die vor einigen Jahren genau das an der Staatsgrenze verkündet hatten. Dann waren sie durch andere mit der Warnung ersetzt worden, wer mit Alkohol am Steuer erwischt werde, müsse die Nacht im Gefängnis verbringen.
    »Wenn die Polizei beispielsweise im Auto eine versteckte Waffe findet - bei den Fahrzeugpapieren im Handschuhfach oder so -, kann sie einen für sieben Jahre wegsperren«, sagte McCourt. »Selbst wenn man in der Jagdsaison ein geladenes Gewehr im Pick-up mit sich führt und das bei einer Kontrolle rauskommt, kann einen das zehntausend Dollar Geldstrafe und zwei Jahre Sozialdienst kosten.« Er griff nach dem Rest seines Sandwichs, betrachtete ihn, legte ihn wieder hin. »Wenn man nicht vorbestraft ist, darf man zwar eine Handfeuerwaffe besitzen und bei sich zu Hause aufbewahren, aber eine Erlaubnis, sie zu führen? Vielleicht wenn Pfarrer O'Malley vom katholischen Jugendzentrum den Antrag mit unterschreibt, möglicherweise aber nicht mal dann.«
    »Dass es wenig Waffen gibt, dürfte einigen aus der Stadt Flüchtenden das Leben gerettet haben.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung«, sagte McCourt. »Diese beiden Kerle, die sich wegen eines Fässchens Bier geprügelt haben: Gott sei Dank, dass keiner von denen eine .38er hatte.«
    Clay nickte.
    McCourt lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor seiner schmalen Brust und sah sich um. Seine Brillengläser

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