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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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unser Hobby-Historiker. Was hat es eigentlich mit dem Pulverturm auf sich?«
    Funk zuckte mit den Schultern. »Nichts Besonderes eigentlich. Ist eben ein schöner Turm.«
    »Na komm. Ein paar Fakten wirst du schon draufhaben.«
    »Gebaut hat man ihn 1508, jedenfalls die erste Fassung. Ein paar Jahre zuvor hat es ja Krieg mit den Schweizern gegeben, und man war als Frontstadt wohl zur Ansicht gelangt, dass eine Befestigung nicht von Schaden wäre.«
    Gommert war fassungslos. »Lindau … Frontstadt … Jesus … und wir waren im Krieg mit den Schweizern?«
    »Sicher. Lindau gehörte als Freie Reichsstadt zum Schwäbischen Bund, Gommi, und der war mit den österreichischen Habsburgern verbündet, die mit den Eidgenossen im Krieg lagen. So funktioniert Bündnispolitik.«
    »Und wer hat gwonne?«, wollte Gommert wissen.
    »Die Schweizer. Aber es hat ihnen nicht viel gebracht.«
    Schielin kam Gommert zuvor. »Wir waren beim Pulverturm.«
    »Ahja. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde der Turm umgebaut. Sie haben das Dach zwei Meter niedriger gemacht, damit er nicht so ein perfektes Ziel hergibt – für die Schweden, die Lindau belagert hatten. Dann war lange Ruhe. Erst nach den napoleonischen Kriegen …«, er sah Gommert gehässig an, »wann war das Gommi …?«
    Der schnaufte aus. »Ha … jooh … Napoleon halt …. Franzos …«
    »… also erst danach wurde der Turm zur Lagerung des Pulvers und der Waffen der Lindauer Bürgerwehr genutzt. Der letzte Umbau erfolgte dann von Professor Thiersch gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Jetzt steht er unter der Verwaltung der Stadtwerke Lindau.«
    »Thiersch … ist des der von der Thierschbrücke?«
    Funk nickte. »Der hat auch das Kurhaus Wiesbaden und den Justizpalast in München erbaut.«
    »Ich habe mal gehört, die Schlaraffen hätten ihre Treffen im Pulverturm abgehalten«, fragte Lydia Naber.
    »Sicher«, bestätigte Funk.
    »Schlaraffen …«, wiederholte Gommert entgeistert und sah verwundert in die Runde, »Ja was es net alles gibt … Schlaraffen.«
    »Schlaraffia muss es richtig heißen, Gommi«, klärte Funk ihn auf, »das ist eine Vereinigung von Männern in gesicherter Position …«
    »Also der Deutsche Beamtenbund«, ätzte Lydia, der zu viel von Männern die Rede war.
    »So ähnlich. Wurde jedenfalls 1859 in Prag gegründet mit dem Ziel, Freundschaft, Kunst und Humor zu pflegen. Gustl Bayrhammer war ein Mitglied, Franz Lehar und dieser ehemalige Wetterprophet … der mit der Fliege … Wesp, Wesp heißt er.«
    Schielin war von Funks Wissen bezüglich dieser Schlaraffia beeindruckt. »Woher kennst du dich eigentlich mit diesen Schlaraffen so gut aus?«
    Funk ging nicht darauf ein. »Die Schlaraffen treffen sich auf der Nordhalbkugel zwischen Oktober und April einmal wöchentlich in einem angemessenen Raum. Und in Lindau war dies für einige Zeit der Pulverturm. Das Interieur ist ja sehr historisierend, nicht jedermanns Geschmack. Für uuh … also für die Schlaraffen kommt er aber der Vorstellung eines Rittersaals sehr nahe.«
    Lydia Naber grinste. »Dieser nette Dr. Wesp vom ZDF, der hat doch auch immer Fliege getragen, so wie du? Ist das bei euch Schlaraffen so eine Art Uniform?«
    Funk winkte ab und ging, ohne noch zu wissen, weshalb er eigentlich zum Büro von Schielin und Lydia Naber gekommen war.
    Gommert blieb ungeniert stehen und sah den beiden zu.
    Lydias Telefon klingelte. Sie nahm ab und meldete sich mit »Naabrch.«
    Schielin musste grinsen. Gommert blieb im Türrahmen stehen und schwieg, weil er neugierig war, wer da aus welchem Grund anrief.
    »Ja«, sagte sie und sah mit großen Augen zu Schielin hinüber, »ja, genau. Ottmar Kinker. Genau, so heißt der Tote. Mhm. Ja, das geht schon. Ich komme so schnell wie möglich bei Ihnen vorbei. Wie viele hatten den Brief denn schon in der Hand, ich meine nicht das Kuvert, sondern das Schreiben selbst.« Sie nickte den Äußerungen ihres Gegenübers noch stumm zu und legte dann auf.
    »Das war das Nachlassgericht. Sie haben einen Brief in ihrer Post gefunden. Darin lag Ottmar Kinkers Testament, notariell beglaubigt.«
    Gommert bekam lange Ohren. Schielin fragte nach. »Wie, in der Post gefunden? Er hat sein Testament bei denen hinterlegt, oder was?«
    »Nein. Das Kuvert war in der Tagespost. Es ist aber nicht per Post abgeschickt worden, hatte auch keine Briefmarke. Es ist wohl direkt am Briefkasten des Amtsgerichts eingeschmissen worden.«
    »Aber von wem denn? Ottmar Kinker kann es wohl

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