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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Ottmar Kinker darauf zu finden sind.«
    »Und wenn das so ist?«
    »Dann wissen wir, dass er es in der Hand gehabt hat. Das ist schon mal nicht wenig.«
    »Der arme Kerl.«
    »Kannten Sie ihn denn?«
    »Ja, natürlich. Wir sind zusammen konfirmiert worden. In Reutin«
    »Mhm. Interessant. Hatten Sie vielleicht Kontakt zu ihm?«
    Die Rechtspflegerin winkte ab. »Nein. Nicht mehr. Früher schon, also damals … aber dann war er … es war, als wäre er gar nicht mehr da. Das war so ein netter Kerl. Ich verstehe das überhaupt nicht. Wir haben uns zwar immer wieder mal getroffen, damals … auf Festen, oder so. Sie wissen schon, Kinderfest und so, aber irgendwann ist er völlig verschwunden gewesen. Ich dachte nicht einmal, dass er noch in Lindau wohnt. Und dann das jetzt. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn einer, den man mal kannte, so grausig ermordet wird.«
    Lydia nickte verständnisvoll und packte ihre Sachen ein.
    »Ich wusste auch gar nicht, dass er verheiratet war. Normalerweise bekommt man so was ja schon mit, aber …«
    Lydia Naber stutzte. »Wie … verheiratet?«
    Die Rechtspflegerin sah sie überrascht an und deutete auf die Tasche, in der sich das Testament befand. »Ja, seine Frau und die Tochter erben doch alles.«
    »Sicher. Das stimmt«, entgegnete Lydia nach einem kurzen Augenblick, in welchem sie ihre Überraschung verarbeiten musste. Sie bereute es nun sehr, ihrer weiblichen Intuition nicht doch gefolgt zu sein und einen groben Blick auf das geworfen zu haben, was in dem Testament stand. Jetzt musste sie eben noch warten, bis sie zurück auf der Dienststelle war. Und da würden dann all die anderen beim Geheimnislüften um sie herumstehen und alles vorgelesen bekommen wollen. Nein, so würde das nicht laufen. Sie würde das alleine erledigen. Zum Schluss hockte ihr vielleicht noch Gommert im Nacken. Ausgerechnet der, der sonst immer einen großen Bogen machte, wenn irgendwo Chemikalien versprüht wurden.

    Eigentlich hatte sie noch etwas für die Mittagspause besorgen wollen, doch die Ungeduld, endlich zu erfahren, was in dem Testament stand, trieb sie zurück nach Aeschach. Ottmar Kinker war also verheiratet und hatte eine Tochter, ging es ihr ungläubig durch den Sinn, während sie langsam die Fischergasse entlangfuhr.

    Wie sie geahnt hatte und es der Teufel wollte, eierte Gommert im Gang rum. Das war ätzend, denn er hatte das Telefonat mitbekommen, und wenn es auf der Dienststelle eine neugierige Seele gab, dann war es Erich Gommert. Zumal, wenn ein Testament im Spiel war.
    Lydia tat betont gelangweilt, grüßte ihn beiläufig und ging Richtung Büro, obwohl sie vorgehabt hatte, gleich den ED-Raum im Keller aufzusuchen. Etwas ungünstig im Moment.
    »Und!? Wer erbt von dere Mischpoke?«, krähte Gommert ihr nach. Sie ignorierte ihn und verschwand im Büro. Schielin war nicht da. Nach zwei, drei Minuten, der Gang war sauber, schnappte sie das Kuvert und machte sich auf in den Keller.
    Gommert wartete schon unten und empfing sie mit einem selbstsicheren. »I hab scho denkt, des wird heit nimmer.«
    Lydia schluckte ihren Grimm hinunter. Hatte dieser hinterhältige Kerl sie doch glatt auflaufen lassen. Oh, sie war sauer. Aber auch sie hatte einen Plan B, und wenn Kollegen voneinander etwas wissen, dann sind es die jeweiligen Schwächen des andern. Und Erich Gommert lieferte da ein ganzes Arsenal an Kontermöglichkeiten.
    Sie ging zielstrebig und koordiniert vor. Mit stillem Groll öffnete sie die Stahltür zum Erkennungsdienstraum, holte ohne viel Aufhebens die Sprühflasche mit der roten Aufschrift Ninhydrin aus dem Giftschrank, schüttelte kräftig, hielt das verstaubte Ding gegen die Neonröhre, schnitt eine Grimasse, richtete dann den Zerstäuber in Richtung Erich Gommert und drückte zweimal kräftig ab. Dabei sagte sie gespielt erschrocken. »Huch. Heieiei. Ist ja tatsächlich noch was drin von dem elend giftigen Zeugs.«
    Gommert erstarrte kurz, hielt die Luft an und machte, dass er rauskam. So groß seine Neugierde auch war. Noch größer war seine Angst, mit giftigen Substanzen in Kontakt zu kommen. Im Sozialraum mussten sie sogar das Spülmittel wechseln, weil er von dem bis dato verwendeten und zu Frauenhänden anerkannt guten Schleim angeblich Ausschlag bekam.
    »Alte Zecke«, maulte Lydia Naber ihm nach und schmiss die alte Sprühdose mit der Kochsalzlösung in den Abfall. Dann verschloss sie die Tür. Schließlich war es hier ja gefährlich. In aller Ruhe setzte sie sich an den

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