Pulverturm
hatte. Und offensichtlich war sie schnell zum Ziel gelangt. Nach der Verheiratung folgte die Adoption des Kindes, dann die Abfassung des Testamentes, und als dies geschafft war, erledigte Josef Pawlicek den Rest, indem er Ottmar Kinker erstach.
Schielin wies darauf hin, dass es gerade die sehr zügige Adoption des Kindes war, die seinen Verdacht begründete, denn nur durch diese Adoption konnte die frischgebackene Ehefrau in den Genuss des gesamten Erbes kommen, und die im anderen Falle erbberechtigten Verwandten der direkten Linie, also Mutter und Schwester, vom Erbe ausschließen.
Nachdem er mit seinen Ausführungen zu Ende war, herrschte für einige Zeit Schweigen. Nicht einmal Gommert war zu einer Äußerung fähig. Die Ausführungen Schielins klangen schlüssig und waren nachvollziehbar. Sie schilderten ein kaltblütiges, perfides Vorgehen. Auch Kimmel war von dem, was er soeben gehört hatte, in gleichem Maße beeindruckt wie erschrocken. Er fragte schließlich: »Und was habt ihr jetzt vor?«
»Wir fahnden weiter nach Pawlicek, nun allerdings landesweit. Für mich ist er Tatverdächtiger.«
Funk schaute skeptisch drein. »Alles, was du gesagt hast, war nachvollziehbar und richtig. Aber rein von den Spuren her haben wir nicht viel in der Rückhand, oder? Wenn wir ihn festnehmen, läuft es darauf hinaus, ihn so weit zu kriegen, dass er ein Geständnis ablegt, und da sehe ich bei so einem Profi große Schwierigkeiten. Der hockt sich hin, lächelt freundlich, telefoniert mit seinem Rechtsanwalt und bestellt dann eine Portion Hummer mit Champagner.«
Lydia sah zu Schielin. Genau darüber hatten sie zuvor auch schon gesprochen. Sie meinte: »Das könnte sicher das Problem sein. Aber erst einmal müssen wir den Kerl kriegen. Dann sehen wir schon weiter. Vielleicht taucht die eine oder andere objektive Spur ja auch noch auf. Aus Memmingen ist noch nichts gekommen, aber es dauert ja auch eine Weile, bis eventuelle Fremdspuren abgeglichen sind. Ich denke schon, dass wir bis morgen ein Ergebnis vorliegen haben.«
»Wissen die von drüben eigentlich irgendwas?«, richtete Kimmel seine Frage an Adolf Wenzel und meinte damit die Kollegen vom Streifendienst.
Wenzel hatte die ganze Zeit mit verschränkten Armen und dem üblichen, Unbehagen ausstrahlenden Gesichtsausdruck dagesessen. Er begann seinen Bericht mit rollenden Augen und einem gestöhnten »Mei, mei, mei.«
Dann erzählte er gewohnt theatralisch und holprig. »War ich drüben bei den Trachtlern und schaue auf den Dienstplan. Als ich gelesen habe, wer da im Dienst war, wollt ich gleich schon wieder gehen.« Er deutete plötzlich auf Kimmel. »Du gibst mir Auftrag nach Wahrnehmungen zu fragen, und so, und wer hat da Dienst …?«
Kimmel zuckte mit den Schultern, obwohl Wenzel seine Formulierung in keiner Weise als Frage verstanden hatte, auf die er eine Antwort gewollte hatte.
»Viagra-Emil hat Dienst gehabt.«
Alle grinsten. Lydia musste leise lachen. »Viagra-Emil?«
Wenzel blieb bei seiner Linie. »Da können wir nur froh sein, dass immer zwei ausrücken und nicht wie bei den Amis, einer allein mit ’ner Videokamera durch die Nacht rauscht.«
Er richtete sich mit ausgebreiteten Armen an die Umsitzenden. »Hätte ich vielleicht Emil nach Wahrnehmung fragen sollen? Der hatte seine letzte Wahrnehmung sicher vor Jahrzehnten; wahrscheinlich ist er froh, dass er merkt, wenn er aufs Klo muss …«
Keiner widersprach. Gommert war von Wenzels derber Schilderung entsetzt, und Kimmel schritt nun ein. »Jetzt aber, Wenzel! Zum Punkt nun!«
Der war unbeeindruckt, sprach aber versöhnlicher weiter. »Gott sei Dank hat er die kleine Schwarze dabeigehabt. Ihr wisst schon, die Fixe, wo im März gekommen ist. Bin ich halt zu der gegangen.«
Er holte umständlich seinen Kripokalender hervor, hob den Kopf und kniff die Augen zusammen. Schielin bezweifelte, dass es dadurch leichter wurde, zu lesen, aber die Show war einfach gut.
Wenzel las vor: »Roter Jaguar XJ6 Souvereign 4,2 Serie III war am Parkplatz am Hotel Bad Schachen. Am Sonntag bei der Frühschicht und Nachtschicht. Das hat sie sich notiert, die Kleine. Echt fix drauf. Aber gegen Fahrzeug und Halter war ja nichts vorgelegen, fahndungsmäßig.«
»Und wieso hat sie … wie heißt die eigentlich … ihn dann notiert?«, fragte Funk.
»Jasmin«, sagte Kimmel.
»Jasmiiin … des klingt aber scho auch net schlecht«, blökte Gommert und erntete einen strafenden Blick von Kimmel.
Wenzel erklärte: »Das hab
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