Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
Vom Netzwerk:
Hinter ihr stand wie eine Salzsäule Gommert, dem sie schusssichere Westen, Funkgeräte und eine Einsatztaschenlampe umgehängt hatte. Als Schielin zum Stehen gekommen war, öffnete sie die hintere Beifahrertür, nahm Gommert das Zeug ab und schmiss es auf die Rückbank. Dann herrschte sie Gommert an, endlich einzusteigen, und setzte sich neben Schielin.
    »Ab die Post!«
    Schielin fuhr an und fragte, trotzdem es zu spät war. »Soll Erich etwa mit?«
    Sie schwieg. Erich Gommert praktizierte kontrollierte Atmung. Er hasste Einsätze, vor allem polizeiliche Einsätze. Eine zugegeben schwierige Sache, wenn man Polizist war. Nun hatte es ihn also erwischt. Und schuld daran war dieser elende Drucker. Schon längst hätte er zu Hause sein können und das gute Essen seiner Frau genießen.
    »Wohin?«, frage Schielin und rauschte in den Kreisverkehr an der Reutiner Straße. Keine Chance, die Rechts-Links-Kombination zu schaffen, so hielt er weiter links und glitt geschmeidig in die Ludwig-Kick-Straße. Hinten donnerte Ronsard gegen die Seitenwand. Gommerts Atmung wurde lauter, und zu allem Unglück hatte Lydia die Funkgeräte eingeschalten. Das brachte richtig Stimmung in die Kiste.
    Stress, dünner Schweiß und gepresste Atmung bekamen einen Klang. Ein ruheloses Rauschen und Knistern, das jede Durchsage überlagerte und nachhallte. Neben den routinemäßigen Rückfragen und Meldungen füllten die Standortmeldungen den roten Jaguar betreffend die Funkpausen. Jeder, der mithörte, vollzog in Gedanken die Fahrt des unbekannten Fahrzeugs durch die Nacht mit; sah ihn vor sich, wie er langsam auf Lindau zurollte. Pawliceks roter Jaguar fuhr in die Ausfahrt Wildberg, blieb rechter Hand, zog bis zur Kreuzung vor und rollte gemächlich durch Rothkreuz. Scheinbar völlig ahnungslos, der unsichtbaren Umzingelung gegenüber, die ihn kontrollierte.
    Insgesamt waren nun zwei zivile Wagen der Fahndung an ihm direkt dran, zwei uniformierte hielten sich in weiterem Abstand zur Unterstützung bereit, während Schielins Tiertransport sich auf direktem Kollisionskurs befand. Er drosselte das Tempo und hielt vor der grünen Ampel zur Kemptener Straße. Die Fahrer der Autos hinter ihm waren fassungslos.
    Schielin, Lydia und Gommert verfolgten angespannt den Funk und sahen nach links. Von dort oben musste der Jaguar den Schönbühl herunterkommen. Lydia machte den Fehler, in Richtung Gommert zu fragen: »Hast du eigentlich deine Knarre dabei?«
    Ein kurzes, wimmerndes Stöhnen war zu hören. Seine beiden Kollegen schenkten ihm kein Mitleid. Obwohl Erich Gommert wusste, dass er weder Knarre noch Handschellen dabei hatte – er benutzte so etwas nicht – fasste er sich verzweifelt abtastend an den Oberkörper und an die Hüfte. Lydia wandte sich kopfschüttelnd ab.
    »Noi«, winselte er schließlich entschuldigend.
    »Gott sei Dank! Dann kann uns ja schon mal nichts mehr passieren«, ätzte Schielin, ohne den Blick von der Straße zu wenden.
    Da kam er auch schon an. Die Ampelphasen bescherten ein perfektes Timing. Kaum war der Jaguar vorbei, gefolgt vom ersten Verfolgungsfahrzeug, klemmte sich Schielin dahinter. Es ging die Kemptener Straße hinunter.
    »Wie machen wir’s?«, fragte Lydia.
    »Die zwei Streifen sollen eine Verkehrskontrolle einrichten. Eine Streife und ein Fahrzeug von der Fahndung raus in die Bregenzer Straße und die zweite Streife Richtung Friedrichshafen. Auf alle Fälle müssen wir den Weg nach Österreich dicht machen. Nicht, dass er uns noch nach drüben abhaut. Irgendwo kriegen wir ihn schon. Hauptsache er schafft es nicht über die Grenze. Also Ziegelhaus und Kreisverkehr bei der Zecher Tankstelle.«
    Lydia gab die Anweisungen über Funk durch. Der Fahrer des Jaguars hielt sich in vorbildlicher Weise an die Verkehrsregeln. Es fuhr gemächlich die Kemptener Straße in Richtung Berliner Platz, bog in den Kreisverkehr ein, drehte eine Runde, fuhr wieder in die Kemptener Straße ein und fuhr nach Norden.
    »Was macht denn der Heini!?«, schimpfte Lydia.
    »Der hat vielleicht was geschnallt und schüttelt mal kräftig das Bäumchen in der Hoffnung, was rausfallen zu sehen«, meinte Schielin, fuhr am entgegenkommenden Jaguar vorbei, drehte ebenfalls eine Runde am Berliner Platz und folgte den roten Rückleuchten, die nach einer Kurve verschwanden. Die Ampel am Köchlin leuchtete rot, und dort trafen sie ihn wieder. Er blinkte rechts.
    »Wo will denn der hin?«, sagte Lydia.
    »No, vielleicht hoim, zum Conrad«, meckerte

Weitere Kostenlose Bücher