Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
Vom Netzwerk:
ergründen. Sicher war nur, dass man sich von dieser Frau fernhalten musste, wollte man freien Herzens leben.
    Er störte deren beider Alleinsein nicht länger. Im offenen Türrahmen drehte er sich noch einmal um, und fragte: »Wo waren Sie eigentlich am Montagabend?«
    Es war Helmtraud Kinker, die sich ihm nun erschrocken zuwendete und verunsichert und schulterzuckend sagte, »Hier … zu Hause. Wo sonst?«
    Schielin sah sie ernst an. Sie hatte sich also angesprochen gefühlt, obwohl er bewusst keinen Namen genannt hatte. Interessant, wie er fand. Ihre Antwort war demnach eine Lüge.

Alleinsein
    Er fuhr nach Hause und hatte den dringenden Wunsch, zu duschen, was eher psychologische Gründe hatte. Danach schnappte er Seil und Halfter. An der Weide lehnte Albin Derdes am Holzzaun und sah zu Ronsard, der sich ein Stück vom Birnbaum entfernt auf einem kahlen Erdflecken wälzte.
    Schielin stellte sich wortlos daneben und verfolgte ebenfalls die intensiven Körperpflege Ronsards.
    »Es ist nicht gut für ihn!«, sagte Albin Derdes.
    Schielin stutzte. »Was meinst du?«
    »So alleinigs …«
    Schon wieder das alte Gejammer, dachte Schielin und schwieg.
    »Esel brauchen Gesellschaft. Wenigstens ein Weible solltest ihm gönnen.«
    »Albin, er fühlt sich wohl. Schau ihn doch an. Ihm geht’s gut hier. Und mit den Friesen verträgt er sich auch.«
    Derdes muffelte. »Im Buch steht’s jedenfalls.«
    »In welchem Buch?«
    »Im Eselbuch.«
    »Welches Eselbuch?«
    »Ich hab mir halt ein Eselbuch gekauft. Pflege und Haltung von Eseln.«
    »Du!?«
    Derdes zuckte mit den Schultern.
    Schielin war fassungslos. »Wieso du? Das ist mein Esel. Und seit wann kaufst du denn Bücher.«
    Derdes drehte sich ihm zu. »Ja no, was glaubst du, dass ich zu geizig bin, Bücher zum kaufen. Wenn mich was interessiert, dann ist mir des Geld wurscht.«
    Schielin winkte ab. »So hab ich’s doch gar nicht gemeint. Was ist denn heute los mit dir?«
    Derdes massierte das Kinn und sah voller Missvergnügen zu den Friesen.
    Schielin fragte hintersinnig. »Wie ging’s denn beim Schafkopfen gestern Abend. Viel gewonnen?«
    Schweigen.
    Aha. Daher wehte also das Lüftlein schlechter Laune, die Ronsard bessern, und Schielin ausbaden sollte. Schielin gesellte sich zu dem Schweigen und wartete.
    »Drei Laufende, zwei kleine Unter, den König und die Herz-Ass, dazu die grüne Sau. Sitze an zweiter Stelle. Der Hansl spielt die Eichel-Ass, ich nehme den Schell-Unter, dann kommt der Marti, gibt Kontra, haut den roten Unter drüber und hinten fliegt die Zehn. Da war’s schon rum. Und so, in dem Stil ging das den ganzen Abend lang.«
    Schielin vollzog nach, was sein Nachbar erzählt hatte. »Solche Abende gibt’s, da kann man nichts machen.« Er sah, wie Ronsard fröhlich, das Fell voller Erde, dastand und zu ihnen herübersah. »Aber mal eine andere Frage, was weißt du über Geiz?«
    Derdes stutzte und sah Schielin konsterniert an; merkte aber sofort, dass die Frage ernst gemeint war und begann langsam, immer wieder überlegend, zu erzählen. »Mhm. Eines der Hauptlaster, das die Menschen quält, der Geiz. Todsünde ist das, der Geiz. Es heißt ja Geizes Schlund ist unergrund, oder … mhm … fällt mir gerade nicht ein. Es ist halt ein Jammer, wenn einer so ein Entenklemmer ist, gell. Weißt du … der Kartenabend gestern, ich hab recht verloren und des hot mich richtig narrisch gmacht, ich kann’s dir gar net sagen, wie. Ich bin heut noch narrisch, wenn ich bloß dran denk. Aber es geht mir ja net ums Geld. Es ist einfach wegen dem Verlieren, und so unnötig …«
    »Drei Laufende«, warf Schielin verständnisvoll ein.
    »Ja, genau. Aber ich geh morgen Abend wieder. Ins Röchlin halt. Und weißt du, wer geizig ist, der geht net zum Kartenspielen, der trinkt do net … zwei, drei Bierle …«
    Schielin sah ihn an. »Nur drei den ganzen Abend.«
    »Bis drei wird gezählt.«
    »Ah, sooo.«
    »Aber du weißt doch, was ich meine, oder?«
    »Ich weiß ganz genau was du meinst, Albin.«
    »Na also. Geiz, der macht einem das Leben ohne Freude. Immer nur schaffe und raffe, sich nix vergönne. Des bringt einem doch keine Freude in den Leib. Und wenn man selbst keine Freude am Leben hat, dann kann man andern schon gar keine Freude machen. So ist es doch, oder etwas nicht?«
    »Genau so ist es.«
    Albin Derdes schlug mit der Hand auf die oberste Zaunlatte und sagte energisch, »Jetzt hab ich es wieder.«
    Schielin sah ihn an, und Albin Derdes rezitierte mit ernster

Weitere Kostenlose Bücher