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Puna - Toedliche Spurensuche

Puna - Toedliche Spurensuche

Titel: Puna - Toedliche Spurensuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Scholze
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in den mit Müll gefüllten Kammern. Stechender Gestank legte sich über diese Gebiete. Sie stieg aufwärts in Richtung Barrio Aranjuez. Dort stellte sie fest, dass bereits Häuser unterhöhlt waren.
    Nach ihren Erkundungen schlenderte sie zurück zu Rudolfo. Der grinste ihr zu, als er sie sah. Die Fahrt ging wieder zurück nach La Paz. Anja sah Männer, die im Flussbett Kies gewannen und direkt in einen LKW schaufelten. Sie fuhren an einfachen Häusern vorbei, die aus luftgetrockneten Lehmziegeln, sogenannten Adobe, errichtet waren. Sie bewegten sich stetig aufwärts, passierten zwei kurze Tunnel.
    In La Paz sahen sie bald wieder die Iglesia San Franzisco. Ihr Begleiter erklärte ihr, dass das die älteste Kirche von La Paz sei. Die Wolkendecke riss auf. Im Hintergrund tauchte ein schneebedeckter Berg auf. Rudolfo erzählte ihr, dass das der Illimani sei. Mehr als 6.400 m hoch und damit der zweithöchste Berg Boliviens. Rudolfo erinnerte sich an eine große Flugzeugkatastrophe 1985, als dort ein Flugzeug der Eastern Airlines zerschellte. Nur wenige Passagiere seien damals gefunden worden.10 Minuten vor der planmäßigen Landung in La Paz gab es den letzten Funkkontakt.

    Während sie durch La Paz fahren und Rudolfo ihr die Sehenswürdigkeiten zeigte, musste Anja wieder an den Busunfall denken. Nun kam noch das Flugzeugunglück hinzu.
    «Rudolfo, wie funktioniert das hier eigentlich mit den Ampeln? Ich habe das System nicht verstanden ...«, fragte Anja.
    »Das ist nicht weiter schwer. Wenn die Ampel grün ist, muss man schnell fahren. Ist sie gelb, muss man vorsichtig fahren. Und ist sie rot, muss man schnell fahren«
    »Bei uns muss man bei Rot warten ...«
    »Señora. Bei uns müssen Sie im Leben warten und Zeit haben. Wir kennen Mañana. Beim Autofahren versuchen wir, die Zeit wieder einzuholen ...« grinste der Taxifahrer.
    »Das klingt gefährlich ...«
    »Ist es nicht. Bei uns passieren nicht so viele Unfälle in der Stadt. Gefährlicher ist das Taxifahren in anderer Hinsicht. Ich bin schon dreimal nachts überfallen worden. Angeschossen, mit Eisenstangen verprügelt. Ich habe es überlebt. Das ist gefährlich .«
    »Ich hatte bisher nicht das Gefühl, hier sonderlich gefährdet zu sein«.
    »Bei uns ist das kein Vergleich zu Peru. Hier werden sie auch nicht so bestohlen wie dort. Wenn hier wer Touristen bestiehlt, dann sind es in der Regel die Peruaner. Aber Kriminalität gibt es auch bei uns. Gehen Sie niemals nach El Alto nach Einbruch der Dämmerung. Es gibt viele Probleme dort. Und nur wenige Einrichtungen und Organisationen, die sich um die Menschen und vor allem um die Kinder dort kümmern«.
    »Rudolfo, ich habe von dem Busunglück gehört. Morgen will ich weiter reisen ...«
    »Machen Sie sich da keine Gedanken, die gibt es hier halt. Schauen Sie sich die Busse an. Die sind teilweise in einem katastrophalen Zustand. Schauen Sie sich die Busbetriebe an. Da merken Sie schon, ob sie sich ihnen anvertrauen wollen. Seien Sie kritisch und sie werden in der Regel keine Probleme haben. Ich denke, auch bei Ihnen Zuhause gibt es Autounfälle«.
    Als schließlich die Sonne untergegangen war, hielt Rudolfo vor dem Hotel. Anja bedankt sich und gab ihm ein paar Bolivianos für seine Kinder.
    Staubig und erschöpft stieg Anja die Treppen zu ihrem Zimmer aufwärts. Musste sie zu Beginn zwischen zwei Podesten noch zwei Pausen einlegen, so kam sie jetzt ohne Pause aus. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und betrat den dunklen Raum. Sie machte Licht. Auf ihrem Bett befand sich ein Briefumschlag. »Eine Nachricht von Nathan ...«, dachte sie. Ohne zu warten, riss sie ihn auf. Nur ein Blatt, in der Mitte sorgfältig gefaltet, befand sich darin. Als sie es auseinander faltete und las, fühlte es sich an, als ob der Zimmerfußboden kleinste achten-förmige Bewegungen vollführte. Instinktiv drückte sie ihren rechten Unterschenkel an das Bett, um mehr Stabilität zu erreichen. Sie ließ das Blatt fallen. Auf der Bettdecke lachten ihr immer noch die ausgeschnittenen Buchstaben entgegen. Wer immer es gewesen sein mag, musste eine penible Ader haben. Jeder Buchstabe war auf einer feinen Bleistiftlinie angeordnet. Für das Ausschneiden der Letter stand entweder nicht viel Zeit zur Verfügung oder aber, wer immer es gewesen sein mochte, verfügte über eine feinmotorische Schwäche.
    » Alemana ! ! ! Desaparecer !!!«
    Darunter derselbe Text in Englisch.
    »German whore. Disappear«

    »Anja, du siehst so abwesend aus ...«.

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