Puppenbraut
gefürchtete allergische Reaktion aus. Ruckartig griff sie zu ihrer Tasche, um den Inhalator herauszuholen. Sie versetzte sich prophylaktischen einen Sprühstoß, bevor es zu spät sein würde. Wie sehr sie diese ‘Behinderung’ doch nervte!
Vor ihr stand ein ziemlich unattraktiver Mann. Sein mauseblondes, ungewaschenes Haar und der leichte Ansatz von Bauch verrieten, dass er sich nicht besonders um sein Äußeres bemühte. In seinen Augen loderte Feuer, als er Doreen, die einzige Kundin in dem Raum, ansah.
„Na, gnädige Frau!? Auch mit einem Balg hier? Dann halten Sie es von mir fern, denn die Bullen sagen, ich ficke sie alle!“, zischte er durch die Zähne, bevor er den Raum wütend verließ. Der andere Mann, den Doreen vermutlich vorhin gehört hatte, stürzte hinterher.
Für einen Augenblick schien die Welt stillzustehen. Was war soeben geschehen? Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen.
„Entschuldigen Sie bitte! Mein Bruder meinte es nicht ernst, was er da gerade sagte! Er wollte Sie nur erschrecken, weil er sauer auf mich war! Seien Sie bitte nicht böse!“, sagte der vermutete Ladenbesitzer. Er war bei Weitem sportlicher und gepflegter als Dwane Harper.
Doreen schluckte mehrmals, bevor ihr die Lüge entfuhr: „Ich bin ihm nicht... ähm... böse. Es ist alles in Ordnung. Alles ist gut!“ Hastig stand sie vom bequemen Sessel auf, bereit, aufzubrechen und nach ihrer Tochter zu sehen. Wer weiß, wo der Irre rausgegangen war? Diese Buchhandlung verlor für sie mit einem Mal jeglichen magischen Zauber. Sie wollte nur noch weg!
„Mommy?“, hörte sie die Stimme ihrer Tochter. „Mommy?“ Ihre Tochter hatte sich offensichtlich entschlossen, ihre Mutter zu suchen.
Zwar war sie dankbar, dass Cassy ihr die Möglichkeit zur erneuten Konfrontation mit dem Ladenbesitzer nahm, dennoch wollte sie ihr Kind nicht in diesem Raum wissen. Sie murmelte leise: „‘Tschuldigung!“ und eilte aus dem Raum, ohne darauf zu achten, die Bücher wieder einzuräumen. Schon jetzt verfluchte sie sich selbst, dass sie in der entferntesten Ecke des Parks ihr Auto geparkt hatte. Sie zerrte Cassy trotz lauter Proteste aus der Buchhandlung, als hätten sie soeben die Hölle persönlich gesehen.
KAPITEL 15
Raffaella Bertani lief ungeduldig im Kreis umher. Fünfzehn Minuten Verspätung waren wahrhaftig ungewöhnlich für Doreen. Zumindest nicht, ohne anzurufen. Zum erneuten Mal nahm sie ihr Handy zur Hand, um Rees Nummer zu wählen. Wieder hörte sie nur die blöde Ansage.
Irgendetwas stimmte nicht!
‘Vielleicht hat sie das Telefon zu Hause vergessen und steht im Stau’, versuchte sie sich zu beruhigen. Nichts half. Um sich abzulenken, stellte sie sich in der Schlange am Eingang an. Wenn sie schon so spät dran waren, konnte sie die Zeit im Zoo wenigstens etwas verlängern, indem Raffaella bereits die Karten kaufte.
Das Handy klingelte plötzlich. Keine Nummer wurde gesendet. ‘Doreens Akku war wahrscheinlich leer und sie hat sich eins von jemandem geliehen!’ Die Anspannung wich sichtlich von ihr.
Bereit, Doreen eine kleine Szene wegen der großen Angst zu machen, hob sie ab.
„Hallo?“
„Guten Tag, hier ist Mary Goodwin vom NYPD. Könnte ich mit Frau Bertani sprechen?“ Schon bei dem Klang dieser vier bekannten Buchstaben wich sämtliche Farbe aus Raffaellas Gesicht.
„Ich bin dran! Worum geht’s?“ Auf einmal produzierte ihr Körper viel mehr Spucke, als sie es hätte verarbeiten können. Sie schluckte.
„Wo sind Sie gerade? Können wir zu Ihnen?“
„Ich befinde mich am Eingang des Brooklyn-Zoos. Ich bin eine Psychologin im Dienste der Polizei. Falls Sie die Absicht haben, mich abzuholen, brauchen Sie es nicht tun. Meine Identifikationsdaten kann ich Ihnen weitergeben, wenn Sie sie wollen.“
Die Polizistin schwieg einen Moment, bevor sie fortfuhr. Doch sie schien Raffaella zu glauben. „Cassy Bertani, ein kleines Mädchen, befindet sich im Boerum Hospital Center. Man fand sie bewusstlos neben der Tasche einer Frau mit dem gleichen Nachnamen liegen. Sind Sie verwandt?“
Raffaella war plötzlich unfähig, einen einzigen Ton herauszubringen. ‘Cassy, bewusstlos, Tasche, Boerum Park’ waren die einzigen Wort, die bei ihr durchdrangen.
Die Polizistin wiederholte die Frage. „Sind Sie mit irgendjemandem davon verwandt?“
„Ähm...Ja...ähm...Ich bin die Mutter von Cassy und die Ehefrau von Doreen Bertani! Wie geht es meiner Tochter? Was ist mit meiner Frau?“
„Ihrer
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