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Puppenbraut

Puppenbraut

Titel: Puppenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May Brooke Aweley
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„Ich werde keinen Unsinn machen! Ich will ja dabei sein! Ich will die Verwandlung sehen! Bitte! Bitte nicht!“

    „Oh, das wirst du ja auch! Du wirst alles mitkriegen, bevor dein Herz zu schlagen aufhört! Ich verspreche es!“, entgegnete er und enthüllte seine makellosen Zähne. Selbst jetzt wirkte er gepflegt, wie an jenem Tag, als sie zum allerersten Mal in seine Fratze des Grauens geblickt hatte. So einfach wollte sie es ihm allerdings nicht machen und begann, ihre Arme ganz kräftig zu bewegen. Höllenschmerzen waren besser, als sich diesem Monster hilflos auszusetzen.

    Seine Kraft hatte Doreen jedoch maßlos unterschätzt. Fast spielerisch packte er ihren Arm, um ihr im nächsten Moment gekonnt einen Schuss dessen zu setzen, was sich auch immer in dieser Spritze befand.

    „Wehre dich lieber nicht, Mutter. Dann tut es weniger weh!“, beteuerte er mit makabrer Logik. Die Aussichtslosigkeit der Situation traf sie mit voller Wucht. Sie ließ ihn gewähren. Die pure, existenzielle Angst paralysierte ihren Wunsch nach Freiheit.

    Während sich das Gift rasant in ihrem Körper ausbreitete, legte er die Spritze zur Seite und schaute zufrieden auf sie. In weniger als fünf Minuten würde es keinen Zeugen mehr geben, der seinem Liebesschwur widersprechen konnte. Zustimmend würden beide Frauen aufblicken, wie er sein Werk vollbrachte.
    Endlich hatte er seine Liebe gefunden! Nun musste er sie nur noch vorbereiten. Hübsch sollte seine Braut für ihn werden!

    „Zoey, Schatz! Ich habe dein Kleid hier!“, rief er laut, während der Schlüssel im Schloss zu dem anderen Zimmer, wo er das Mädchen gefangen hielt, knarrte.

    Doreen überfiel nach und nach ein Zustand der Unfähigkeit. Als würde sie in ein tiefes Loch fallen, aus dem es kein Entkommen gab. Das Gift verbreitete sich in jeder Pore ihres Körpers. Rasend schnell. Befand sie sich noch in der Wirklichkeit oder bereits in einem Traum? Sie konnte und wollte diese Frage nicht mehr beantworten.

    Ihre bisher geordneten Gedanken zerstreuten sich im Kopf wie die Samenträger einer Pusteblume auf der Wiese, bewegt durch den sanften Hauch des Sommerwindes. Selbst die kleinste Bewegung der Finger musste sie sich vorstellen, weil ihr das Medikament das Bewegungszentrum, nicht aber ihre Gedanken ausgeschaltet hatte. Im Prinzip wusste sie, welche Befehle sie aussenden musste, um ihre Glieder zu bewegen, doch es fiel ihr so unendlich schwer, einen Auftrag zu formulieren. Eine bodenlose Traurigkeit überkam sie.

    Bilder von Cassy, wie sie im Garten schaukelte, erschienen vor ihren Augen. Erinnerungen daran, wie sie lachte und weinte... Mit restlicher Kraft wollte sie diese Gedanken festhalten, wenn sie den letzten Atemzug tat, doch selbst diese Macht hatte sie nicht.

    Bilder aus ihrer Kindheit, wie ihre Mutter sie wog, waren so mit denen ihrer Tochter verflochten, als wären sie eine große Einheit. Es war, als würden diese Ereignisse nebeneinander existieren und nicht einer zeitlichen Abfolge unterworfen sein. Ihr erster Kuss, ihre Tränen, als sie begriff, dass sie mit Cassys Vater, Tom, nicht mehr gemeinsam leben wollte. Ihre erste Puppe, die kleine Begräbnisfeier, als sie ihren Hamster als Kind begraben musste. Ihre Mutter, Abigail Parker, als sie den letzten Kampf gegen den Krebs verlor. Ihr erster Schulranzen, auf den sie so stolz war.

    Wie auf einer Patchwork-Decke ordneten sich die Eindrücke ihrer Vergangenheit zu einem großen Puzzle - ohne Raum und Zeit. Dass nun das Puzzle abgeschlossen wurde, also einen äußeren Rahmen bekam, frustrierte sie unendlich.

    Mit dem Rest der ihr verbliebenen Kraft versuchte sie, ihre Gedanken abzuschütteln, um sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Es gelang ihr, die Augen zu öffnen. Alles sah verschwommen aus. Doreen versuchte, ihre Augen auf die Flamme einer Kerze, die auf dem Boden lag, zu fokussieren. Vielleicht konnte sie dadurch ihre Gedanken ordnen? Mittlerweile war es ihr gleichgültig, ob sie diesem Martyrium entkommen würde. Alles das war ihr nicht mehr wichtig! Sie verlangte nur eine Antwort auf das ‘Warum?’. Damit sie es begreifen konnte, bevor es vorbei war!

    Wie war sie bloß in dieses Gefängnis zu ihrem Peiniger gekommen?

    Wie auf eine freundliche Anfrage hin schoss ihr Gehirn weitere Bilder in ihren Kopf. Nun musste es keine weiteren Aufgaben mehr bewältigen, also verstärkte es seine Bemühungen in diese Richtung. Selbst die vitalen Aktivitäten wie Herzschlag und Atmung wurden weitgehend

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