Puppenbraut
Verdammter!“ Dexters Gesicht wurde leichenblass, was die vergilbte Färbung seiner Zähne noch ungesünder aussehen ließ. „Verdammte Kacke nochmal! Ich habe im Kiosk ein paar Beweismittel liegen lassen. Wenn die das finden, sind wir geliefert!“
„Du bist geliefert, Dexter! Nur du! Auf mich kommen sie nicht!“ Oliver versuchte seine latent vorhandene Angst mit fester Stimme zu unterdrücken. Um nichts in der Welt durfte man ihn mit dieser Sache in Verbindung bringen.
„Du Idiot! Weißt du noch, dass wir letztens ein paar Bilder gemacht haben? Die Bilder in deinem Haus, weißt du nicht mehr?“ Dexters Stimme bebte.
„Für wie senil hältst du mich eigentlich? Natürlich weiß ich das! Sind ja alle in der Hütte, hier im Wald, hast du mir erzählt! Bis die Cops auf die Hütte kommen, sind wir über alle Berge! Wo liegt das Problem?“ Langsam traf Oliver Bradley die Erkenntnis mit voller Wucht. „Du Idiot! Du debiler Hurensohn! Du hast sie doch nicht dort...“
„Doch, habe ich. Ich wollte sie gestern holen, und gerade, als ich sie in die Hand nehmen wollte, kam doch die blöde Kuh, diese Journalistin, herein! Mir ist dann alles aus der Hand gefallen. Scheiße, verdammte! Hätte ich nicht gleich danach einen wichtigen Kunden für UNSERE Filme gehabt, dann hätte ich die Bilder danach abgeholt. Doch die Kleine, die bei mir arbeitet, hat mich wegen irgendeiner Kreditkarte von dieser Kuh verpfiffen. Ich weiß noch nicht mal, was das sollte! Seitdem bin ich in der Hütte!“
„Du bist so eine Missgeburt! Du Depp! Wie kann man bloß so dumm sein? Vielleicht stand auch noch meine Adresse auf den Bildern?“ Oliver Bradley fasste sich an den Kopf. Dexter Gardener war nicht der hellste, doch Olivers Visitenkarte lag doch sicherlich nicht bei den Bildern! Gewiss würden sie noch einen Abend in der Hütte verbringen können, bevor die Cops ihnen auf die Schliche kamen, doch dann...
In einer Hinsicht hatte sich Bradley allerdings gründlich geirrt. Zum gleichen Zeitpunkt wurde sein Haus, von dem er sich gerade eben verabschiedet hatte, vollständig auf den Kopf gestellt. Und was man von der Festplatte seines gelöscht geglaubten Computers rekonstruieren konnte, würde die Urheber für lange Zeit ins Gefängnis befördern.
KAPITEL 21
Langsam kam Doreen Bertani wieder zu sich. Diese Tatsache schien zu einem Dauerzustand zu werden! Ihr brummender Schädel drohte erneut in kleine Stücke zu zerspringen. Selbst ein winziger Sonnenstrahl löste bei ihr eine Salve von Sinneseindrücken aus, die ihre Synapsen im Kopf an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit brachten. Für den Umstand, dass man das Zimmer abgedunkelt hatte, war sie unendlich dankbar.
Eigentlich hatte sie keine Ahnung, wo sie war oder wie lange. Sie kannte nur die paar Wände und die Decke. Für ein Zimmer war es deutlich zu dunkel; für einen Keller zu hell. Sie befand sich eindeutig in einer Art Souterrainwohnung. Nur dann würden die Lichtverhältnisse passen. Sie waren mitten im Nirgendwo! Es war schon seltsam, wie schnell wir Menschen unsere Bedürfnisse auf ein Minimum senken konnten, sobald wir uns im Überlebenskampf befanden. Allein die Vorstellung, ihre geliebte Raffaella nochmal zu umarmen, erschien ihr wie ein unerfüllter Herzenswunsch. Eine Sache, die früher so alltäglich war, dass es schmerzte, sie verloren zu haben.
Instinktiv wollte Doreen mit der Hand über ihr Gesicht fahren, doch ihre Hände waren immer noch gefesselt. Ihr Peiniger hatte sich diesmal die Mühe gemacht, sie auf einem Stuhl, der an einer der Wände angelehnt war, zu fixieren. Sie versuchte die Hände zu lösen, doch der Höllenschmerz ließ sie jeden Gedanken an Flucht vergessen. Erneut hatte ihr Folterer einen Kabelbinder verwendet, der sich bei Bewegungen teils in die alten Wunden hineinfraß. Resigniert ließ sie die Hände in einer erträglichen Haltung hängen. Die Fesseln an den Füßen brannten nicht weniger schlimm.
Lediglich ihr Rumpf war fähig, leichte Bewegungen auszuführen, die sie nicht an den Rand des Wahnsinns katapultierten. Zumindest im motorischen Sinne, denn der Blick zur Seite ließ sie, wie bereits zuvor, vor Schreck erstarren.
Zu ihrer Linken war Raffaella in ähnlicher Weise befestigt auf einem weiteren Stuhl drapiert, als sollten sie beide gleich Zeugen einer erwartungsgemäß grausamen Vorstellung werden. In Todesangst vergaß sie die Schmerzen in ihren Armgelenken und startete einen weiteren sinnlosen Befreiungsversuch.
Weitere Kostenlose Bücher