Puppengrab
hatte er Copeland am Apparat.
»Bankes hat sich gemeldet und wird mich wieder anrufen«, sagte Neil. »Sagen Sie Ihren Leuten in der Telefonzentrale, dass sie keine Mätzchen mehr machen sollen.«
»Wann?«
»Jetzt. Ich muss Schluss machen, vielleicht versucht er es gerade wieder.«
»Okay, ich ändere die Anordnungen von meiner Seite aus, aber Sie müssen ihn in der Leitung halten, Sheridan. Selbst wenn er ein Prepaid-Handy benutzt, können wir ihn festnageln. Ich habe zwei Hubschrauber in Warteposition, die innerhalb von zwei Minuten starten können.«
Neil beendete das Gespräch mit der entsprechenden Taste seines Handys, behielt das Gerät aber in der Hand. »Das war Bankes«, sagte er zu Harrison. »Er wird wieder anrufen. Die Zentrale hat ihn zu lange in der Leitung warten lassen.«
»Zur Hölle.«
Neil fing Suarez’ Blick auf, der ihm mit einem stummen Nicken zu verstehen gab, dass er auf Beth aufpassen würde. Neil betrat den Innenhof.
Drei Minuten später klingelte sein Telefon. »Reden Sie«, sagte er. »Und dann gebe ich Ihnen meine direkte Durchwahl.«
»Geben Sie sie mir sofort«, befahl Bankes.
Neil tat, was er wollte.
»Wie großzügig von Ihnen, Sheridan. Jetzt können wir ein wenig plauschen. Aber das wird Ihnen nichts nützen, Sie werden diese lächerliche kleine Tankstelle nie rechtzeitig anpeilen, und wenn Sie sie gefunden haben, werden Sie zu spät kommen.«
»Für einen klugen Mann gehen Sie ein recht großes Risiko ein.«
Spiel mit ihm. Das wird ihm gefallen, und so redete er.
»Es tut mir leid für Hannah Blake.«
»Klar, Sie sind bestimmt am Boden zerstört.«
»Das bin ich. Ich konnte ihren Tod nicht einmal genießen. Habe keinen Ton von ihr bekommen. Und sie war ziemlich hübsch, wenn ich mich recht erinnere.«
»Wann haben Sie Hannah Blake gesehen?«
»Ich habe auf einer Ausstellung in San Francisco mit ihr zu Mittag gegessen. Sie ist dort gewesen, anstelle von Beth. Aber das wissen Sie ja bereits. Wie Sie vermutlich alles andere auch wissen.« Er lachte glucksend. »Außer der Frage, wo ich bin und wen ich als Nächstes umbringen werde.«
»Ich weiß nur, dass Sie in ziemlichen Schwierigkeiten stecken.« Er blickte auf seine Uhr. Ein winziges, grünes Lämpchen blinkte im Sekundentakt – langsam wie zähflüssiger Honig, so kam es ihm vor. »Sie halten sich für besonders raffiniert, weil Sie Beth mit den Puppen gehörig Angst einjagen wollen. Ziemlich abgeschmackt, wenn Sie mich fragen.«
Wieder erklang ein leises Lachen am anderen Ende, außerdem hörte Neil das Geräusch eines vorbeifahrenden Lasters. Verdammt, er war
tatsächlich
an einer Tankstelle. Entweder benutzte er ein Münztelefon oder sein Handy, aber das war letztlich egal. Er wäre längst verschwunden und niemand hätte ihn gesehen, auch wenn es Neil gelänge, ihn weitere zweiundsechzig Sekunden lang im Gespräch zu halten. Einundsechzig … sechzig … neunundfünfzig …
»Und wie geht’s jetzt weiter, Bankes?« Neil hätte ihn gern mit seiner Tat konfrontiert, doch das Gespräch wurde aufgezeichnet. Daher wagte er nicht, die Vergewaltigung zu erwähnen. »Erklären Sie mir mal, warum ein
echter
Kerl es nötig hat, ein sechsjähriges Kind und Frauen zu bedrohen. Hat es Ihnen nicht gereicht, einer Schwächeren Schmerzen zuzufügen, als Sie Ihre kleine Schwester umgebracht haben?«
Die Leitung schien sich elektrisch aufzuladen, während Neil auf eine Antwort wartete. Er hatte also einen Nerv getroffen. Komm schon, Dreckskerl, dachte er. Werd ruhig wütend, gib’s mir.
»Sie wissen gar nichts über meine Schwester«, knurrte Bankes.
»Ich weiß nur, dass es Ihnen nicht sehr schwergefallen sein dürfte, sie umzubringen. Ein Baby mit beschissenen Genen …«
»Mit Jenny hat alles gestimmt! Und es war egal, wie ihr Blut war. Schlechtes Blut, was heißt das schon.«
»Jenny war ein Frühchen, und als sie verschwand, wog sie keine zwanzig Pfund …«
»Halten Sie’s Maul!«
Das tat Neil, weil er befürchtete, dass Bankes sonst auflegen würde.
»Ich habe Ihnen ein Geschenk hinterlassen«, sagte Bankes. Er sprach gehetzt, war sich der Zeit bewusst. »Es liegt im Haus von Mabel Skinner in der Lexington Avenue.«
Neil öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es hätte ihm niemand zugehört. Bankes hatte aufgelegt. Eine Minute und zweiundvierzig Sekunden hatte der Anruf gedauert.
Er wählte Copelands Nummer.
»Wir sind gestartet«, sagte Copeland. »Der Helikopter für den Südosten
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