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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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dachte an Abby, doch diesen Gedanken ließ er so schnell wieder fallen, wie er aufgetaucht war. Ein kleines Mädchen, das von seiner Mutter geschlagen wurde, spielte am nächsten Tag nicht mit ihr Baseball, balgte sich nicht mit großen Hunden und erzählte Fremden keine Hühnerwitze. Doch irgendetwas – oder irgendjemand – war kürzlich mit Elizabeth Denisons Fäusten in Berührung gekommen.
    »Ich muss nach oben zu Abby«, sagte sie. »Wir können uns in der Küche unterhalten.«
    Sie folgten ihr die Treppe hinauf ins Wohnzimmer, wo Neil seine Arme vor der Brust verschränkte, um nicht versehentlich eine der kostbaren Figuren, einen antiken Wandteppich oder eines der Louis-der-Soundsovielte-Möbelstücke zu berühren. Er hielt sich fern von alldem. Die Atmosphäre im Raum war angenehm und gemütlich. Das Zimmer hätte genauso gut auf dem Titel eines jener Heim-und-Garten-Magazine abgebildet sein können, die neben der Supermarktkasse lagen. Es war aufgeräumt, wirkte aber nicht steril. Auf dem Kaminsims standen ein paar Barbie-Puppen mit ihren Plastikpferdchen, und auf dem Sofatisch trocknete ein mit Wasserfarbe gemaltes Bild, auf dem eine unidentifizierbare vierbeinige Kreatur zu sehen war. In der Luft lag der Duft von Schokokeksen.
    Beim Anblick des anheimelnden Wohnzimmers musste Neil seinem Partner recht geben. Hier lebte man wie die Waltons. Zwar konnte sich Neil nicht erinnern, sich jemals gewünscht zu haben, Olivia Walton möge ihr Oberteil lüften, um zu zeigen, wie sie gebaut war, doch Elizabeth Denison war keine Frau, die einen Mörder kannte. Jetzt konnten sie nur noch hoffen, dass sie wenigstens Lila Beckenridge kannte.
    Er klammerte sich an diese Hoffnung und folgte Rick in die Essecke der Küche, vorbei an Abby, die mit Heinz auf dem Sofa saß.
    »Worum geht es?«, fragte Elizabeth Denison.
    Rick übernahm das Reden. »Kennen Sie eine Frau namens Lila Beckenridge?«, wollte er wissen und zeigte ihr das Foto aus dem Führerschein des Opfers.
    Denison legte die Stirn in Falten, während sie das Bild betrachtete. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich habe diesen Namen noch nie gehört«, erwiderte sie und sah glaubhaft verblüfft aus.
    »Kennen Sie eine Gloria Michaels?«, fragte Neil, doch sie schüttelte erneut den Kopf.
    »Kurz nach Mitternacht von Mittwoch auf Donnerstag«, übernahm Rick wieder, »haben Sie einen Anruf aus Seattle erhalten. Wer war der Anrufer?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte sie. Dann blickte sie ruckartig links nach unten. Neil presste die Kiefer zusammen. Es war wie aus dem Lehrbuch.
    Verdammt, gleich würde Olivia Walton ihnen eine Lüge auftischen.

[home]
    5
    D ie Regel Nummer eins lautete übrigens:
Jeder lügt, jeder.
Verbrecher, Zeugen, Opfer, attraktive junge Mütter mit süßen kleinen Töchtern.
    Ehefrauen.
    »Der fragliche Anruf ging vor zwei Nächten um neun Minuten nach Mitternacht bei Ihnen ein«, schob Rick nach. »Kam der Anruf von einer Freundin?«
    »Nein.«
    »Wer war es dann?«
    »Hören Sie«, sagte sie. »Ich habe Mittwochnacht einen obszönen Anruf bekommen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    Neil lächelte. »Keine schlechte Geschichte, bleiben Sie dabei.«
    Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, doch Rick ging dazwischen. »Das Gespräch dauerte zweiundachtzig Sekunden, Ms. Denison. Das ist eine ziemlich lange Zeit für einen obszönen Anruf.«
    Sie presste die Lippen zusammen. Neil konnte fast das Geräusch hören, mit dem sie sich versiegelten. Er warf Rick einen Blick zu:
zehn Mäuse, Alter.
    »Was hat die Stimme am anderen Ende gesagt?«, wollte Rick wissen.
    »Was ein perverser Anrufer eben so sagt. Ich habe nicht mitgeschrieben.«
    Er.
    Rick runzelte die Stirn. »Haben Sie Angst vor dem Mann?«
    »Natürlich habe ich Angst. Ich sage doch, dass er obszöne Dinge von sich gegeben hat. Es war unheimlich.«
    »Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?«, fragte Neil.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Soweit ich weiß, ist es nicht verboten, anderen am Telefon Angst einzujagen.«
    Sie hatte recht. Jeden Tag wurden obszöne Anrufe bei der Polizei gemeldet. In der Regel bügelte bereits die Telefonzentrale das Anliegen ab, bevor es zu Protokoll genommen werden musste. Dennoch ergab Elizabeth Denisons Verhalten keinen Sinn. Eine alleinerziehende Mutter, die mitten in der Nacht von einem unheimlichen Anrufer belästigt worden war, sollte sich geradezu um die Anwesenheit der Polizei reißen. Sie sollte

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