Puppengrab
auszustrecken, um dich berühren zu können. Jederzeit, wenn ich es will. Ich
höre
deine Stimme in meinen Ohren …«
Das Besetztzeichen. Neils Puls jagte wie der eines Rennpferds.
»Der Anruf kam von einem Handy, das Bankes vor einem Monat in Seattle gekauft hat«, erklärte Brohaugh, bevor Neil auch nur einen klaren Gedanken fassen und ihn danach fragen konnte. »Es ist der erste Anruf, der von diesem Gerät aus getätigt wurde. Und«, fuhr er mit einem Seitenblick auf Copeland fort, »er wurde von der Funkzelle aufgefangen, die Denisons Nachbarschaft abdeckt.«
Neils Eingeweide wirkten wie verknotet.
»Die Polizei von Arlington überprüft nun die gesamte Gegend«, sagte Copeland. »Wenn wir Glück haben, stoßen wir auf jemanden, der ihn gesehen hat.«
Bankes war also da, nur wenige Blocks von Beths Zuhause entfernt. Wenigstens so lange, wie der Anruf gedauert hatte. Er konnte im Vorbeifahren angerufen haben und wäre gleich wieder fort gewesen.
»Sheridan«, sagte Copeland, »wir haben das Netz so eng um Denisons Haus geknüpft, dass er unmöglich hindurchgeschlüpft sein kann.«
Neil bemerkte, dass Copeland ihn eindringlich ansah, als wollte er ihn aufmuntern und als befürchtete er, dass Neil die Nerven verlor. Alle befürchteten dies.
Cool bleiben, vernünftig sein. Er durfte nicht aus der Haut fahren, solange Copeland ihn auf dem Laufenden hielt. Er musste sich konzentrieren. Die Puppen.
»Ich soll Ihnen doch berichten, was ich über Beth erfahren habe, stimmt’s?«, fragte Neil. Er holte sechs Fotos aus seiner Brieftasche. Drei Augenpaare folgten seinen Bewegungen. »Das hier ist Lila Beckenridge, sie wurde in Seattle ermordet.« Er heftete das Foto mit einem Magneten an das Whiteboard. »Jemand hat ihr die Augenlider abgeschnitten.« Er heftete das Foto der ersten Puppe direkt unter die Aufnahme von Beckenridge. »Sie ist die erste Puppe, die Beth taxiert hat. Sie hat die Lieferung aus Boise bekommen, wo die Besitzerin lebt. Und zwar per Luftpostkurier am letzten Freitag. Der Puppe befand sich in ausgezeichnetem Zustand, außer dass sich ihre Augen schließen sollten, wenn man sie hinlegte. Das taten sie aber nicht.«
Copeland verschränkte stirnrunzelnd die Arme.
Neil hielt das nächste Foto hoch. »Marsha Lane in Indianapolis.« Ihre Beine waren waren mit winzigen Rissen übersät, die sich wie Spinnweben über die gräuliche Haut zogen. Alle aus der Einheit hatten das Foto bereits gesehen, dennoch spürte Neil, wie sie zusammenzuckten, als er es zeigte. »Und das hier«, sagte er und zog das Foto der Puppe mit den Haarrissen an den Beinen hervor, »ist die zweite Puppe, die Beth zugeschickt wurde.« Er machte eine Pause, damit alle hinsahen.
»Heilige Mutter Gottes«, wisperte Copeland.
»Und zum Schluss«, fügte Neil hinzu und hob die beiden letzten Fotos hoch, »haben wir die Mutter, die in ihrem Van ermordet wurde und eine Bluse trug, die der Ehemann nicht wiedererkannte.« Er befestigte das Foto von der dritten Puppe direkt darunter. »Die Bluse dieser Puppe gehört nicht zu der ursprünglichen Ausstattung. Verglichen mit dem Rest des Outfits gilt sie als neu.«
Schweigen senkte sich über den Raum, bis Brohaugh schließlich sagte: »Scheiße.«
»Weiß Beth davon?«, fragte Standlin.
»Nicht alles.«
»Was ist mit den beiden vermissten Frauen?«, fragte Copeland.
»Die Witwe, der die Puppen gehören, Margaret Chadburne, beschwert sich schon die ganze Zeit, dass zwei der Puppen, die sie geschickt hat, auf dem Transportweg verlorengingen. Beth hatte letzte Woche darauf gewartet, dass sie bei ihr ankämen. Außerdem«, fügte Neil hinzu, »hält sich Mrs. Chadburne in der Stadt auf. Sie ist gestern mit dem Flugzeug angereist.«
Ein Flüstern kam über Standlins Lippen. »Er wird sie umbringen«, sagte sie. »Sobald ihm klar wird, dass wir Bescheid wissen, dass er sie benutzt, wird er sie umbringen.«
»Oder sie ist beteiligt«, bemerkte Brohaugh. »Vielleicht zahlt er ihr etwas dafür, dass sie die Puppen an Beth liefert.«
Copeland starrte auf die Fotos. »Wir werden ihre Leiche im Müllcontainer finden, jede Wette.«
»Erwartet Denison noch weitere Puppenlieferungen?«, wollte Standlin wissen.
»Ja, aber sie weiß nicht, wie viele.«
»Wir müssen herausfinden, wie der Rest von Chadburnes Sammlung aussieht«, stellte Standlin fest. »Wenn wir wissen, zu welchen Puppen Bankes Zugang hat, können wir vielleicht vorhersehen, was er als Nächstes plant. Sein Verhaltensmuster
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