Puppenmord
erschien, als habe er die Puppe zu absolut irrsinnigen Höhen sexueller Lust gebracht, hatte das Shampoo nichts bewirkt. Schließlich war er wieder zur Suche nach dem Ventil zurückgekehrt. Das verfluchte Ding hatte irgendwo eins, wenn er es doch bloß finden könnte. Zu diesem Zweck spähte er in den Spiegel an der Tür des Medizinschränkchens, aber der Spiegel war zu klein. Über dem Waschbecken hing ein großer. Wilt klappte den Klodeckel herunter und stieg drauf. So würde er den Rücken der Puppe deutlich sehen können. Er war gerade dabei, sich langsam umzudrehen, als er im Flur Schritte hörte. Wilt machte halt und blieb wie angewurzelt auf dem Toilettendeckel stehen. Jemand versuchte, die Tür zu öffnen, und bemerkte, daß sie abgeschlossen war. Die Schritte entfernten sich wieder, und Wilt stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Also jetzt, nur dieses Ventil mußte er finden. Und in diesem Augenblick nahm das Unheil seinen Lauf. Mit dem linken Fuß trat Wilt in das Shampoo, das auf die Toilettenbrille gekleckert war, er rutschte seitlich von der Kante ab, und er, die Puppe und die Tür des Medizinschränkchens, an der er sich festzuhalten versuchte, flogen im selben Augenblick durch die Luft. Als sie in die Badewanne krachten, der Duschvorhang samt Aufhängung hinterherkam und der Inhalt der Hausapotheke ins Waschbecken prasselte, stieß Wilt einen letzten verzweifelten Schrei aus. Es gab einen Knall wie von einem Sektkorken, und Judy, die endlich auf Wilts hundertfünfzigPfund Gewicht reagierte, die aus ziemlicher Höhe in die Badewanne geplumpst waren, gab ihn frei. Aber Wilt kümmerte es nicht mehr. Er hatte in jeder Hinsicht schlappgemacht. Er nahm nur undeutlich das Geschrei im Korridor wahr, dann, wie jemand die Tür aufbrach, Gesichter, die ihn anglotzten, und hysterisches Lachen. Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem Bett im Spielzimmer. Er stand auf, zog seine Sachen an und schlich sich die Treppe hinunter und zur Haustür hinaus. Es war 3 am Morgen.
- 5 -
Eva saß heulend auf der Bettkante.
»Wie konnte er nur? Wie konnte er nur sowas tun?« sagte sie. »Und vor all den Leuten.«
»Eva-Baby, so sind die Männer. Glaub's mir«, sagte Sally.
»Aber mit einer Puppe ...«
»Das ist symbolisch für die männlich-chauvinistische Schweinehaltung den Frauen gegenüber. Wir sind bloß Fick-maschinchen für sie. Verdinglichung. Nun weißt du also, was Henry für dich empfindet.«
»Das ist ja schrecklich«, sagte Eva.
»Natürlich ist das schrecklich. Die Männerherrschaft drückt uns aufs Niveau von Objekten herab.«
»Aber Henry hat sowas noch nie gemacht«, jammerte Eva.
»Na, da hat er's eben jetzt gemacht.«
»Ich geh nicht zu ihm zurück. Ich könnte es nicht ertragen. Ich schäme mich so.«
»Schätzchen, vergiß es einfach. Du mußt nirgendwohin. Sally kümmert sich um dich. Du legst dich einfach hin und schläfst ein bißchen.«
Eva legte sich zurück, aber Schlaf war unmöglich. Das Bild, wie Henry im Bad nackt auf dieser widerlichen Puppe lag, saß fest in ihrem Gedächtnis. Sie hatten die Tür aufbrechen müssen, und Dr. Scheimacher hatte sich an einer kaputten Flasche geschnitten, als er versuchte, Henry aus dem Bad zu bugsieren ... O Gott, es war alles einfach zu schrecklich. Nie wieder würde sie den Leuten ins Gesicht sehen können. Die Geschichte spräche sich garantiert herum, und sie stünde als die Frau da, deren Mann rumlief und . .. Erneut stieg in Eva der ganze Jammer hoch, sie vergrub den Kopf in den Kissen und weinte.
»Na, das mußte die Party ja mit 'm Bums beenden«, sagte Gaskell. »Typ vögelt eine Puppe im Bad und alle drehen durch.« Er warf einen Blick auf das Chaos im Wohnzimmer. »Falls jemand denkt, ich würde jetzt anfangen, diesen Saustall aufzuräumen, hat er verkehrt gedacht. Ich geh ins Bett.«
»Weck bloß Eva nicht auf. Sie ist so hysterisch«, sagte Sally.
»Na toll. Jetzt haben wir auch noch eine besessene zwanghafte Irre mit Hysterie im Haus.«
»Und morgen kommt sie mit uns aufs Boot.«
»Sie tut was?«
»Du hast richtig gehört. Sie kommt mit aufs Boot.«
»Nu aber mal langsam . . .«
»Im Augenblick will ich nicht mit dir diskutieren, G, ich sage dir klipp und klar, sie kommt mit.«
»Warum denn, um Gottes willen?«
»Weil ich nicht will, daß sie zu diesem Ekel von Mann zurückgeht. Weil du mir keine Putzfrau besorgst und weil ich sie mag.«
»Weil ich dir keine Putzfrau besorge. Jetzt ist mir alles klar.«
»O, absolut
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