Puppenmord
drei Nächten auf den Beinen und hab auch noch Beihilfe zum Mord geleistet.«
»Beihilfe?« sagte Yates. »Das verstehe ich nicht, wie Sie darauf kommen.«
»Nein? Und wie würden Sie das nennen, wenn man hilft, Teile der Mordopfer zu beseitigen? Verbrechensbeweise vernichten?«
»So hab ich noch nicht daran gedacht«, sagte Yates. »Ich aber«, sagte der Inspektor, »ich denke an überhaupt nichts anderes.«
In seiner Zelle starrte Wilt friedlich zur Decke hoch. Er war verblüfft, wie leicht es gegangen war. Man mußte den Leuten nur erzählen, was sie hören wollten, und sie glaubten's einem, egal, wie unwahrscheinlich die Geschichte war. Und drei Tage und drei Nächte ohne Schlaf hatten Inspektor Flints Argwohn vollkommen eingelullt. Wilt hatte sein Stocken und Stammeln aber auch immer genau zur richtigen Zeit eingesetzt, und sein Geständnis war schließlich eine nette Mischung aus Phantasie und Wirklichkeit gewesen. Bei den näheren Einzelheiten der Ermordung war er teilnahmslos präzise und bei der Schilderung, wie er sie beseitigt hatte, ein Künstler gewesen, der stolz war auf sein Werk. Hin und wieder, wenn er an einen schwierigen Punkt gelangte, wich er mit Sätzen wie »Das können Sie nie beweisen, die sind jetzt schon längst spurlos den Bach run-ter« in eine irrwitzige Unverschämtheit aus, die so prahlerisch wie feige wirkte. Und das Harpic hatte sich auch noch einmal als nützlich erwiesen und der Tatsache was makaber Realistisches gegeben, wie die Mordbeweise durch die endlosen Windungen der Abwasserleitung weggespült worden waren, immer mit einem Schwung Harpic hinterher wie mit 'ner Prise Salz aus dem Salzstreuer. Eva hätte sicher ihren Spaß daran, wenn er ihr davon erzählte, was man von Inspektor Flint nicht gerade sagen konnte. Der hatte nicht mal die Ironie in Wilts Bemerkung gespürt, er habe Pringsheims doch die ganze Zeit vor der Nase gehabt, als er nach ihnen suchte. Besonders aus der Fassung gebracht hatte ihn der Seitenhieb mit dem empfindlichen Magen und der Rat, in Zukunft doch lieber bei Reformkost zu bleiben. Ja, trotz seiner Müdigkeit hatte Wilt amüsiert beobachtet, wie die blutunterlaufenen Augen des Inspektors nach Freude und schadenfroher Selbstzufriedenheit langsam offene Verwunderung und schließlich nur noch unverhüllten Ekel ausgedrückt hatten. Und als Wilt zum
Schluß geprahlt hatte, ohne Beweise wären sie niemals in der Lage, ihn vor Gericht zu bringen, da hatte Flint überlegen geantwortet: »O doch, das werden wir«, hatte er heiser geschrien, »wenn auch nur eine einzige Pastete von dieser Lieferung noch da ist, werden wir sie kriegen, und dann werden die Jungs vom Labor ... «
». .. nichts als Schweinefleisch drin finden«, sagte Will, ehe er wieder in seine Zelle geschleift wurde. Zumindest das war wahr, und wenn's Flint nicht glaubte, war das seine Sache. Er hatte ein Geständnis haben wollen, und er hatte eins gekriegt, bei dem Fleisch I freundlicherweise Pate gestanden hatte, die Fleischerlehrlinge, die so viele Stunden Allgemeinbildung damit verbracht hatten, ihm den Betrieb von der Fleischfabrik Sweetbreads zu erklären, und ihn wirklich eines Nachmittags mit dorthin genommen hatten, um ihm zu zeigen, wie alles funktionierte. Nette Burschen. Und wie widerlich er sie doch damals gefunden hatte. Was wieder nur bewies, wie man sich in Menschen irren konnte. Wilt fragte sich gerade, ob er sich in Eva nicht auch geirrt habe und ob sie vielleicht tot sei, als er einschlief.
Vom Friedhof aus sah Eva Hochwürden St. John Froude zum Bootshaus hinuntergehen und zum Schilf rüberrudern. Sobald er verschwunden war, ging sie zum Haus hinauf. Jetzt, wo der Pfarrer weg war, war sie bereit, das Risiko auf sich zu nehmen, mit seiner Frau zusammenzutreffen. Sie stahl sich durch das Tor in den Hof und guckte sich nach ihr um. Es sah dort alles furchtbar heruntergekommen aus, und ein Haufen leerer Flaschen in einer Ecke, Whisky- und Ginflaschen, schien darauf hinzudeuten, daß er wohl unverheiratet sei. Den Efeu noch immer fest an sich gepreßt, ging sie rüber zu der Tür, offenbar die Küchentür, und klopfte. Keine Antwort. Sie ging zum Fenster und sah hinein. Die Küche war groß, ausgesprochen unaufgeräumt und wies alle Kennzeichen eines Junggesellenhaushalts auf.
Sie ging wieder zur Tür, klopfte nochmal und überlegte ge rade, was sie jetzt tun solle, als sie ein Fahrzeug die Straße herunterkommen hörte.
Eva zögerte einen Augenblick, dann drückte sie
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