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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Gott was für Sicherheitsmaßnahmen haben! Er schafft es und bricht aus, dieses… dieses… dieses Monster! Er hat unser Leben zerstört.«
    Stephen saß da. Stumm, sprachlos. Er begriff, dass Sara ihm gegenüber so etwas wie ein Eisberg gewesen war, von dem er nur die Spitze, das, was über dem Wasser war, gesehen hatte. Das Eigentliche, das, was Sara wirklich ausmachte, ihr Schicksal, das war für ihn unsichtbar unter der Oberfläche geblieben. Sara – der Name war plötzlich nicht mehr als irgendein x-beliebiger Name, die Erinnerung an sie entfernte sich von ihm, trieb in einem Nebel davon. In wen hatte er sich verliebt? In einen Schein…
    »Sie fühlen sich hintergangen.« Nora Cummings’ Stimme unterbrach seine Gedanken. »Und Sie fragen sich, wem Ihre Liebe gegolten hat. Einem Trugbild? Einer Sinnestäuschung?«
    »Ich frag mich, warum sie mir nicht wenigstens nach ein paar Monaten die Wahrheit gesagt hat!«
    Ein wissendes Lächeln glitt über ihr Gesicht. »Verstehen Sie nicht: Pat gab es nicht mehr. Sie hatte sich dafür entscheiden müssen, kompromisslos, eine Entscheidung mit allen Konsequenzen. Hätte sie Sie eingeweiht, Stephen, dann hätten Sie nämlich auch in dieser Sache dringesteckt. Vielleicht hätte Sie es mal Ihren Eltern oder einem Freund erzählen müssen. Weil Sie mal jemanden Ihr Herz hätten ausschütten wollen. Und was wäre mit Ihren Eltern und diesem Freund gewesen? Die hätten es vielleicht auch weitererzählen müssen.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, sie musste so handeln, Stephen. Sie hatte keine andere Wahl. Und sie hat sehr darunter gelitten.«
    Er versuchte, es einzusehen, aber es fiel ihm schwer.
    »Fahren Sie heim, Stephen, und denken Sie über alles nach. Es ist sicher nicht leicht für Sie, Sara jetzt ohne das zu sehen, was ihr angetan wurde. Und sie hat sich sicher in mancher Hinsicht auch anders verhalten, wenn sie mit Ihnen intim war, als wenn sie dieses Erlebnis nicht gehabt hätte. Sie war bis vor Kurzem in Therapie gewesen. Aber ganz unbeschwert wird sie wohl nie sein.«
    Er musste an die Momente denken, in denen er das Gefühl hatte, dass Sara ihm etwas vorspielte oder dass sie nicht bei ihm, sondern in ihrer eigenen Gedankenwelt war.
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie sich entschieden haben. Sara meldet sich manchmal. Ich werde ihr sagen, dass Sie bei mir waren und über alles Bescheid wissen, und ich werde sie fragen, ob sie Sie wiedersehen will.«
    Als er ihr Büro verließ, kam es ihm vor, als würde er taumeln, als zerfiele gleich alles, Fußboden, Wände, Gebäude, Straße, ja sogar Himmel und Luft in das, was sie wirklich wären: Daten in einem Computerspiel. Und am Ende wäre er selbst in Einsen und Nullen aufgelöst.

26
    Sara stand am Fenster. Noch nie war sie so weit vom Ozean weg gewesen. Die Landschaft sah hier ganz anders aus. Die Erde war rot, wie abgestreifte Schlangenhaut lagen die Rinden der wenigen Eukalyptusbäume auf dem Boden. In der Ferne erhoben sich kahle Hügel und schroffe Felsen. Durchs Fenster wehte trockene Luft herein. Noch ein Stück weiter fing die Wüste an und in der Nähe breitete sich ein riesiger Salzsee aus. Wo genau, wusste sie nicht. Sie hatte kaum Ahnung von Geografie. Überhaupt hatte sie von ziemlich wenig eine Ahnung, dachte sie jetzt. Die letzten Jahre hatte sie sich für nichts mehr interessiert und auch die Schule aufgegeben. Ihre Zensuren waren immer schlechter geworden und auch die Therapie hatte daran nichts ändern können. Und als sie dann einen neuen Namen bekommen hatte und nach Sydney gezogen war, hatte sie gar keine Lust mehr gehabt, etwas zu lernen. Schule hieß, Blicken und Fragen der Mitschüler ausgesetzt zu sein, und allein der Gedanke daran machte sie panisch. Deshalb hatte sie sich lieber gleich um einen Job gekümmert. Der Job bei Supercash war perfekt gewesen. Sie hatte dort mit stummen Waren zu tun und nicht mit neugierigen Menschen.
    Aber dann war Stephen gekommen. Sie erinnerte sich genau an diesen Sonntag.
    Sie war ein Jahr nach dem Prozess mit einer neuen Identität ausgestattet in ein Wohnheim für Schüler und Studenten in Sydney gezogen. In Sydney lebte ihre Großtante Joy, die sie anfangs öfter besucht hatte.
    Hin und wieder ging sie am Wochenende mit Mitschülern zum Surfen zum Bondi Beach. Sie wollte neue Freunde finden – einerseits, andererseits fürchtete sie sich vor ihren Fragen. Sie musste immer wachsam sein, um sich nicht zu verraten und aus Versehen ihren alten Namen zu nennen oder

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