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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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drei Stunden reinigte sie gründlich die Toilette, entfernte die Schmutzränder in der Badewanne, kippte WC-Reiniger in die Kloschüssel, schrubbte die Böden. Anschließend spülte sie das Geschirr aus dem Wandregal ab und klopfte draußen einen alten Teppich aus.
    Als sie den Teppich wieder auf den Dielenboden vor dem Sofa legte, fiel ihr Blick auf das etwa einen Quadratmeter große Viereck im Holzboden, das mit einem Metallring versehen war. Ein Geheimfach oder der Eingang zu einem Keller? Zu einem Schacht? Neugierig bückte sie sich, zog an dem Metallring, hob das Stück Boden an und schob es zur Seite. Ein dunkles Loch gähnte ihr entgegen, Modergeruch stieg herauf. Sie hatte in einer Schublade noch ein paar Kerzenstummel und ein Plastikfeuerzeug entdeckt, das nahm sie jetzt, zündete eine Kerze an, kniete sich auf den Boden und leuchtete hinunter. Uh, das war tief. Unten rötliche Erde. Und ein paar leere Säcke. Eine Leiter. Kein Fenster. Nichts. Eine Vorratskammer. Ein Versteck. Oder vielleicht wollte der Vorbesitzer hier nach Silber suchen. Ein unangenehmes Gefühl befiel sie. Sie dachte an den dunklen Kofferraum…
    . . . Er hat angehalten. Ich will die Tür aufmachen, aber sie klemmt. Er geht um den Wagen herum, ich denke nur noch, jetzt, ich muss es vorher schaffen, doch ich schaffe es nicht und er macht von außen die Tür auf, zerrt mich an meinen gefesselten Armen heraus, stößt mich zum Kofferraum, klappt ihn auf, sagt: »Los, rein mit dir!« Er ist mit schwarzem Gummi ausgelegt und es stinkt noch mehr nach dem chinesischen Essen, dessen Überreste auf der Rückbank liegen, und nach alten Socken. Mir wird noch übler, ich steige rein, er gibt mir einen Stoß und wirft den Deckel zu. Mein Mund ist auch verklebt, ich kann bloß durch die Nase atmen, es ist so stickig und stinkt und ich denke, ich muss ersticken. Da ist ein schmaler Spalt, weil der Kofferraumdeckel verbeult ist, und ich versuche, mich dorthin zu bewegen, was kaum geht, und meine Nase dorthin zu drücken…
    . . . Sie starrte schweigend auf die Bodenöffnung, dann schob sie rasch den Deckel auf die Öffnung und rollte den Teppich darüber, als könnte sie so auch alles andere vergessen.
    Sie zog die Gummihandschuhe aus und sah sich um. Fast wohnlich war die Bruchbude geworden. Ihr Blick wanderte erneut zu der Stelle, wo sich das Kellerversteck unter dem Teppich verbarg. Ein grausiger Gedanke kam ihr, den sie schnell verdrängte. Sie ging in die Küche und ließ sich erschöpft auf einem Stuhl nieder. Über dem zweiten Stuhl hing noch immer ihre Jacke. Unübersehbar beulte sich die rechte Tasche aus. Sie nahm das Bündel Geld in die Hand. Drei Fünfziger, fünf Zwanziger. Zusammen zweihundertfünfzig Dollar. Dann legte sie den Revolver auf den Tisch. Der Lauf blitzte in den Strahlen der Sonne. Sechs Patronen saßen in der Trommel. Sechs Chancen.
    »Mann, du hast sie gefunden?« Van warf sein Surfbrett in den Sand. »Dean, hast du das gehört? Die sogenannte Tante ist ihre Mutter!«
    Dean stellte sein Surfbrett neben sich. »Wie?«
    Stephen lehnte sich an die Motorhaube seines VWs. Er war direkt von Brisbane hierher an den Strand gekommen, weil er unbedingt surfen wollte. Er musste einen freien Kopf bekommen. Es war zu viel, was er von Nora Cummings, oder wie sie sonst hieß, erfahren hatte. Und jetzt waren seine Freunde aufgetaucht. Das passte ihm überhaupt nicht.
    »Sorry, aber… ich kann euch nichts sagen…«, fing er an.
    »Wie, du kannst deinen Freunden nichts sagen?« Van runzelte die Stirn.
    Stephen schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr müsst mich verstehen.« Wie sollte er ihnen das alles nur erklären?
    »Mann, Alter, was soll dieser Scheiß? Traust du uns nicht?«
    »Das hat nichts damit zu tun, aber… versteht doch…« Einerseits wollte er Saras Geschichte nicht weitererzählen, weil es ihm wie eine Entblößung vorgekommen wäre. Auf der anderen Seite hatte er das Gefühl, ihre schreckliche Geschichte mit jemandem teilen zu müssen – und plötzlich konnte er verstehen, wie schlimm es für Sara gewesen sein musste, nichts erzählen zu dürfen.
    »Ja?« Dean und Van sahen ihn mit hochgezogenen Brauen erwartungsvoll an.
    Stephen rang mit sich. »Sie ist im Zeugenschutzprogramm«, brachte er schließlich hervor.
    Einen Moment starrten ihn die beiden bloß an. Van nickte als Erster. »Klar, hätten wir uns denken können. Deshalb der neue Name und diese ganze Geheimniskrämerei.«
    Dean sah Stephen entsetzt an. »Das heißt…

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