Puppenrache
parkte den Bus in einer Lücke zwischen einem weißen Mercedes und einem goldfarbenen Toyota. Eine Weile saß er einfach so da. Die schrägen Strahlen der untergehenden Sonne fielen durch die Windschutzscheibe und aus den Autoboxen kam Dean Geyer. If you don’t mean it, don’t say you love me, it you don’t mean it… Und da dachte er daran, wie Sara ihm manchmal gesagt hatte, ich liebe dich, und dann angefangen hatte zu weinen. Warum weinst du, hatte er gefragt, doch sie hatte ihm nie eine Antwort gegeben.
Er hörte auch noch den nächsten Song – The Astronaut von Something for Kate. I can hear you – on a clear night I can see you…
Vom Rückspiegel baumelte der kleine Stofftiger, den Sara bei der Eröffnung eines Musikladens geschenkt bekommen hatte. »Er beschützt uns«, hatte sie gesagt und ihn dann gleich dorthin gehängt.
Warum hatte das alles passieren müssen? Warum war alles so verdammt schwierig? Er wäre so gerne mit Sara glücklich gewesen. Aber immer wieder war sie plötzlich schweigsam oder traurig geworden und er hatte nie verstanden, wieso. Oft hatte er geglaubt, er hätte einen Fehler gemacht. Nora Cummings’ Stimme drängte sich in seine Gedanken.
Er schloss die Augen und sah Sara im Auto von diesem Troy sitzen, wie er sie angrinste und an ihrem Haus vorbeifuhr, während ihre Mutter wartete – und Saras Angst immer größer wurde. Er sah, wie dieses Monster Sara in den Kofferraum zwang, er sah Sara, die vor Angst zitterte, weil sie ahnte, was mit ihr passieren würde.
»Gemeines Schwein!«, brachte er wütend hervor. Wenn er all das gewusst hätte!
Dean und Van hatten recht, er musste Sara zu Hilfe kommen. Er würde sie nach Hause und diesen Typen hinter Gitter bringen.
Er wählte Nora Cummings’ Privatnummer. Vielleicht hatte sich Sara ja inzwischen gemeldet.
29
»Erst lass mich los, ja?«, bat Dean.
Ein paar Passanten waren vorbeigegangen, aber niemand hatte sich eingemischt, nachdem Van bemerkt hatte, es sei eine Auseinandersetzung zwischen Freunden – und Dean auch noch blöd gegrinst hatte.
Van löste endlich seinen Griff und Dean fasste sich an die Kehle. »Ich hab’s nicht gleich gemacht«, sagte Dean schnell, »ich… ich wollte…«
»Du wolltest was?« Van stand noch immer drohend vor ihm.
»Sicher sein, dass… dass sie es auch tatsächlich ist.«
Van schüttelte den Kopf. »Du bist noch schlimmer, als ich dachte.«
»Mann, Van, der Typ klang so… verzweifelt und da musste ich an Chrissie denken, die mich auch sitzen gelassen hat und einfach so abgehauen ist und ich, ich hab mein Leben nicht mehr auf die Reihe gekriegt.«
»Gleich fang ich an zu heulen.«
Dean redete weiter. »Und dann war da noch die Sache mit…« Oh Mann, jetzt musste er alles gestehen. Er holte tief Luft. »Ich… wie soll ich’s sagen… Ich hab Schulden gehabt. Na ja, ich hab ein bisschen gezockt.« Jetzt war es endlich raus. Und er fühlte sich noch schrecklicher.
»Gezockt? Wo? Im Casino oder was?«, wollte Van wissen.
Dean schnaufte, kratzte sich am Kopf und sagte schließlich: »An der Börse. Ich hatte mir Geld geliehen und dann ist der Deal danebengegangen. Die Scheißaktien sind nicht gestiegen, sondern gefallen! Van, ehrlich, weißt du, wie es ist, wenn plötzlich Typen von einem Inkasso-Unternehmen vor deiner Tür stehen und dir erst einen Finger brechen und dir androhen, dass sie dir die restlichen neun brechen, wenn du die Kohle nicht in einer Woche hast?«
»Du bist so blöd, Dean! Zocken!« Wieder schüttelte Van den Kopf. »Geld leihen! Mann, Dean, ich hab immer gedacht, du bist ein helles Köpfchen, aber…« Er stieß ihm mit der Faust an die Stirn. Dean zuckte zurück.
»Jeder hat seine Laster, Van, du bist auch kein Heiliger! Was ist mit deiner Sauferei, he? Denkst du, ich weiß nicht, dass du dir jede Nacht die Kante gibst? Du hast ein Alkoholproblem. Und zwar kein kleines.«
»Ach und du nicht?«
Dean schüttelte den Kopf. »Nicht so schlimm wie du. Ich muss nicht jeden Tag ’ne halbe Flasche Schnaps allemachen.«
Van sagte nichts. Dean redete weiter. »Also, es war eine todsichere Sache. Heute Aktien für zweitausend kaufen, übermorgen für viertausend verkaufen. Ich hätte auf einen Schlag meine dreitausend an diesen Kredithai bezahlen können.«
»Du hast dem Typen die Adresse von Sara verraten und er hat dir zwei Mille auf die Kralle gegeben?«
Dean nickte. »Die Sache hat funktioniert. Van, ich kann dir was abgeben! Ich hab noch fünfhundert
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