Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Bain an. »Obwohl das gerade seine Spezialität ist«, murmelte sie. »Je absurder etwas erscheint, umso spannender findet er das.«
Bain lächelte. Er hatte seine - bislang ungeöffnete — Aktentasche wieder bei sich. Am vergangenen Freitagabend hatten sich die beiden nach dem Essen sofort verabschiedet. Samstag früh war Siobhan in ihren Wagen gestiegen und zum Auswärtsspiel des FC Hibernian gefahren. Keine Lust, jemanden mitzunehmen. Nur schnell zusammengerafft, was sie für eine Übernachtung brauchte. Und dann hatte sie sich eine Pension gesucht. Nachmittags hatten die Hibs gewonnen. Anschließend ein kleines Besichtigungsprogramm und dann zu Abend gegessen. Sie hatte ihren Walkman mitgenommen, außerdem ein halbes Dutzend Kassetten und ein paar Taschenbücher und den Laptop zu Hause gelassen. Ein Wochenende ohne Quizmaster: Genau das brauchte sie jetzt. Obwohl er ihr nicht aus dem Kopf ging, und sie sich ständig fragte, ob er schon wieder eine E-Mail geschickt hatte. Im Übrigen hatte sie es so eingerichtet, dass sie am Sonntagabend erst spät nach Hause gekommen war, und dann noch die Wäsche erledigt.
Jetzt stand der Laptop vor ihr auf dem Schreibtisch. Sie hatte fast Angst, das Gerät zu berühren, Angst, ihrer brennenden Neugier nachzugeben...
»Schönes Wochenende?«
»Ach, nicht schlecht. Und Sie?«
»Ruhig. Unser Abendessen am Freitag war eigentlich schon der Höhepunkt.«
Sie nahm das Kompliment lächelnd zur Kenntnis. »Und was machen wir jetzt? Die Computerfahndung in London einschalten?«
»Nein, das läuft über die Zentrale. Die leiten unsere Anfrage weiter.«
»Können wir das nicht ohne die machen?«
»Nein, würde nur Ärger geben.«
Siobhan dachte an Claverhouse: Schon möglich, dass Bain Recht hatte. »Na, gut, dann los«, sagte sie.
Bain griff nach dem Telefon und führte ein langes Gespräch mit Inspektor Claverhouse in der Zentrale. Siobhan ließ die Finger über die Tastatur des Laptops gleiten. Das Gerät war schon mit ihrem Handy verbunden. Am Freitagabend hatte sie zu Hause auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht vorgefunden: eine Angestellte des Mobilnetzbetreibers, die ihr mitteilte, dass ihre Onlinegebühren drastisch gestiegen waren. Keine Überraschung. Bain war immer noch am Telefon mit Claverhouse. Also beschloss sie, schon mal ins Netz zu gehen, um nicht bloß dumm herumzusitzen.
Quizmaster hatte drei Nachrichten geschickt. Die erste am Freitagabend etwa zu der Zeit, als sie nach Hause gekommen war:
Meine Geduld geht zu Ende. Die Suche ist für Sie nur noch kurze Zeit möglich. Unverzügliche Antwort erforderlich.
Die zweite war am Samstagnachmittag eingegangen:
Siobhan? Ich bin enttäuscht von Ihnen. Bisher waren Ihre Zeiten ausgezeichnet. Das Spiel ist aus.
Vorbei oder nicht, am Sonntag um Punkt Mitternacht hatte er abermals Verbindung aufgenommen:
Versuchen Sie die ganze Zeit, mich aufzuspüren, ist es das? Noch an einer persönlichen Begegnung interessiert?
Bain beendete das Gespräch und legte den Hörer auf. Er starrte auf den Bildschirm.
»Scheint so, als ob Sie ihn ziemlich nervös gemacht haben«, sagte er.
»Neuer Provider?«, fragte Siobhan. Bain überprüfte die Zustellvermerke und nickte.
»Neuer Name, alles neu. Wahrscheinlich dämmert ihm allmählich, dass er nicht völlig unauffindbar ist.«
»Und wieso hört er dann nicht einfach auf?«
»Keine Ahnung.«
»Glauben Sie wirklich, dass das Spiel aus ist?«
»Lässt sich nur auf einem Weg herausfinden...«
Also fing Siobhan an, die Tastatur zu bearbeiten:
War am Wochenende verreist, das ist alles. Ermittlungen machen gute Fortschritte. Weiterhin an Treffen interessiert.
Sie drückte auf »Senden«. Dann gingen sie einen Kaffee trinken. Als sie zurückkamen, fanden sie keine Antwort vor.
»Ob er schmollt?«, fragte Siobhan.
»Oder er hat seinen Rechner mal kurz im Stich gelassen.«
Sie sah ihn an. »Ist Ihr Schlafzimmer eigentlich auch so eine Computerhöhle?«
»Haben Sie es etwa auf eine Einladung in mein Schlafzimmer abgesehen?«
Sie lächelte. »Nein, war nur eine Frage. Soll doch Leute geben, die Tag und Nacht vor dem Bildschirm hocken.«
»Richtig. Nur dass ich nicht zu der Sorte gehöre. Ich bin bloß in drei Chat-Rooms Stammgast, und hier und da surfe ich vielleicht ein Stündchen im Netz, wenn ich gerade nichts Besseres vorhabe.«
»Und worüber unterhält man sich in diesen Chat-Rooms?«
»Ach, technisches Zeug.« Er zog seinen Stuhl näher an den Schreibtisch. »Okay.
Weitere Kostenlose Bücher