Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
eine Polizistin in Uniform, die sich als Nicola Campbell vorstellte, und einen Zivilbeamten aus der Zentrale in der Fettes Avenue. Der Mann hieß Eric Bain und hatte den Spitznamen Grips. Vor sich auf dem Schreibtisch hatte er ein Festnetztelefon, ein Notizbuch samt Kuli, ein Aufnahmegerät und einen mit einem Handy gekoppelten Laptop aufgebaut. Nachdem Bain Mr. Balfour als Anrufer identifiziert hatte, schob er sich das Gestell mit den Kopfhörern wieder ins Genick. Er trank seinen Erdbeerjogurt direkt aus dem Becher und nickte Rebus zur Begrüßung zu.
»Echt gemütlich hier, wie?«, sagte Rebus und sah sich anerkennend in dem luxuriösen Raum um.
»Sofern man gegen tödliche Langeweile immun ist, ja«, sagte Campbell.
»Was hat es mit dem Laptop da drüben auf sich?«
»Mit dem Ding hält Grips den Kontakt zu seinen vertrottelten Freunden.«
Bain drohte ihr mit dem Zeigefinger. »Das gehört zu unserer V-F-Technik, verfolgen und fahnden.« Dann wandte er sich wieder seinem Jogurt zu und bekam deshalb nicht mit, dass Campbell das Wort »Trottel« in Rebus' Richtung flüsterte.
»Wäre toll, wenn es was zu verfolgen und zu fahnden gäbe«, sagte Rebus.
Bain nickte. »Zunächst mal jede Menge Sympathie-Anrufe von Freunden und Verwandten. Bemerkenswert wenig Durchgeknallte. Offenbar doch ganz hilfreich, wenn man nicht im Telefonbuch steht.«
»Aber vergessen Sie nicht«, sagte Rebus warnend, »dass die Person, die wir suchen, möglicherweise eben genauso durchgeknallt ist.«
»Von der Sorte gibt es hier wahrscheinlich genug«, sagte Campbell und schlug die Beine übereinander. Sie saß auf einem der drei Sofas, mit denen der Raum möbliert war - vor sich mehrere aufgeschlagene Zeitschriften: Caledonia und Scottish Field. Auf einem Tisch hinter dem Sofa lagen noch weitere Illustrierten. Offenbar gehörten die Zeitschriften zum Haus, und Campbell hatte schon jede mindestens einmal durchgelesen, wie es Rebus schien.
»Wie meinen Sie das?«, fragte er.
»Sind Sie schon unten im Dorf gewesen? Da hockt fast in jedem Baum ein Albino, der an einem Banjo herumzupft.«
Rebus lächelte. Bain wusste nicht recht, woran er war. »Hab ich aber nicht gesehen«, sagte er.
Campbells Blick sagte alles: Das liegt daran, weil du in einem gottverdammten Paralleluniversum zusammen mit diesen bekloppten Gestalten auf demselben Ast hockst - du Depp.
»Sagen Sie mal«, erkundigte sich Rebus, »auf der Pressekonferenz hat Mr. Balfour doch seine Handynummer erwähnt.«
»Hätte er besser unterlassen«, sagte Bain und schüttelte den Kopf- »Zumal wir ihn extra darum gebeten hatten.«
»Relativ schwierig, einen Mobilfunkanruf zurückzuverfol-gen, oder?«
»Heißt ja nicht umsonst Mobilfunk.«
»Aber möglich ist es schon?«
»Bis zu einem gewissen Grad, ja. Aber natürlich sind 'ne Menge unkoschere Handys unterwegs. Und wenn wir den Netzbetreiber u den Teilnehmer dann herausfinden, stellen
nd wir häufig fest, dass das betreffende Gerät gerade ein paar Tage vorher geklaut worden ist.«
Campbell unterdrückte ein Gähnen. »Da sehen Sie mal«, sagte sie zu Rebus. »So geht das hier die ganze Zeit: Eine Sensation jagt die nächste.« Er fuhr gemächlich in die Stadt zurück. Unterwegs fiel ihm auf, dass der Verkehr in der Gegenrichtung immer dichter wurde: Autos von Führungskräften, die auf dem Land eine neue Heimat gefunden hatten. Er wusste von Leuten, die neuerdings täglich zwischen Glasgow oder Fife und Edinburgh hin- und herfuhren. Der Grund waren angeblich die unbezahlbaren Immobilienpreise. Für eine Doppelhaushälfte mit drei Schlafzimmern in guter Lage waren in Edinburgh mittlerweile zweihundertfünfzigtausend Pfund oder mehr fällig. Für so viel Geld bekam man in West Lothian ein geräumiges Einfamilienhaus oder in Cowdenbeath sogar eine halbe Straße. Andererseits hatten schon mehrfach wildfremde Menschen an Rebus' Wohnungstür in Marchmont geläutet. Oder er hatte in seinem Briefkasten an den »Besitzer« gerichtete Schreiben kaufwilliger Wohnungssuchender vorgefunden. Denn auch das war Edinburgh: Egal, wie hoch die Preise hinaufschossen, einen Kaufinteressenten fand man immer. In Marchmont waren das häufig reiche Leute, die zur Abrundung ihres Immobilienbesitzes noch ein paar gut gelegene Mietshäuser oder -Wohnungen brauchten, oder aber vermögende Eltern, deren Kinder sich von Papi eine Wohnung in Uni-Nähe wünschten. Rebus lebte jetzt schon seit über zwanzig Jahren in seiner Wohnung und hatte verfolgen
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