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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wieder den Barmann an. »Irgendwelche Unklarheiten?« Augenscheinlich nicht, denn der Mann füllte gerade reichlich Whisky in ein Glas. Leary nickte zum Dank und nahm das entgegen. »Slainte!«, sagte er.
    »Slainte.« Rebus nippte an dem Saft. Irgendwie sah Conor Leary fast zu gesund aus. Als Rebus ihn zuletzt gesehen hatte, war der alte Priester krank gewesen, und in seinem Eisschrank hatten sich die Guinnes- und Medizinflaschen gegenseitig den Platz streitig gemacht.
    »Lange nicht gesehen«, sagte Leary.
    »Du weißt ja, wie das ist.«
    »Ich weiß, dass ihr jungen Burschen euch für die Kranken und Gebrechlichen wenig Zeit nehmt. Immer nur die Sünden des Fleisches im Kopf.«
    »Schon 'ne Weile her, dass mein Fleisch irgendwelche nennenswerten Sünden erlebt hat.«
    »Obwohl du inzwischen doch einiges davon auf die Waage bringst.« Der Geistliche berührte scherzhaft Rebus' Bauch.
    »Vielleicht ist das das Problem«, gab Rebus zu. »Und wie geht's dir...?«
    »Hast wohl damals geglaubt, dass ich bald über den Jordan gehe, was? Aber ganz so eilig hab ich es nicht. Gutes Essen, gut zu trinken - und nach mir die Sintflut.«
    Leary trug über seinem Klerikerkragen einen grauen Pullover mit V-Ausschnitt. Ansonsten war er mit einer dunkelblauen Hose und blank polierten schwarzen Schuhen bekleidet. Er hatte in der Tat etwas abgenommen, aber sein Bauch und seine fleischigen Wangen hingen schlaff herab. Sein seidiges silbergraues Haar war in die Stirn gekämmt, und seine Augen lagen tief in den Höhlen. Er hielt das Whiskyglas fest wie ein Arbeiter seine Thermosflasche.
    »Wir sind beide nicht dem Anlass entsprechend gekleidet«, sagte er und betrachtete die Smokings ringsum.
    »Wenigstens bist du in Uniform«, sagte Rebus.
    »Na ja, gerade noch so«, entgegnete Leary. »Ich habe mich aus dem aktiven Dienst verabschiedet.« Dann zwinkerte er Rebus zu. »Neuerdings dürfen wir Geistlichen uns ja pensionieren lassen. Aber immer wenn ich bei einem Anlass wie heute den alten Kragen mal wieder anlege, hab ich Angst, Hass hinter jeder Ecke ein päpstlicher Emissär mit gezücktem Dolch auf mich lauert, der mir das Ding vom Hals schlitzen will« Rebus lächelte. »Klingt ja fast, als hättest du dich aus der Fremdenlegion verabschiedet.«
    »Du sagst es. Ähnliche Praktiken kenn ich sonst nur von den Sumoringern, denen am Ende der aktiven Laufbahn der Pferdeschwanz gestutzt wird.«
    Beide Männer lachten, als sich ihnen Donald Devlin hinzugesellte. »Schön, dass Sie sich noch die Zeit genommen haben«, sagte er zu Rebus, bevor er dem Geistlichen die Hand reichte. »Der eigentliche Grund dafür sind Sie, Pater«, sagte er und erklärte Leary, wie es zu der Einladung gekommen war.
    »Das Angebot steht«, fuhr er fort. »Sie wollen doch sicher die Rede des Paters hören.« Rebus schüttelte den Kopf.
    »Eine Heide wie John ist taub für das, was ich über die Grundfragen des Daseins zu sagen habe«, stichelte Leary.
    »So ist es«, pflichtete Rebus ihm bei. »Außerdem dürfte ich das meiste, was du sagen wirst, ohnehin schon mehrfach gehört haben.« Er blickte Leary an, und beide Männer dachten plötzlich an die - lediglich durch kurze Ausflüge zum Eisschrank und zur Hausbar unterbrochenen - endlosen Gespräche zurück, die sie früher in langen Nächten in der Küche des Geistlichen geführt hatten: Gespräche über Calvin und das Verbrechen, über den Glauben und den Unglauben. Selbst wenn Rebus dabei mit Leary einer Meinung gewesen war, so hatte er den Advocatus diaboli gespielt, während der alte Priester sich köstlich über die Sturheit seines jüngeren Freundes amüsiert hatte. Immer wieder und regelmäßig hatten sie endlose Diskussionen geführt, bis Rebus irgendwann Ausreden erfunden hatte, um sich der Situation zu entziehen. Und falls Leary ihn hier und jetzt nach seinen damaligen Motiven befragt hätte, wäre Rebus wahrscheinlich nicht mal in der Lage gewesen, einen konkreten Grund dafür zu nennen.
    Möglich, dass es daran lag, dass der Geistliche begonnen hatte, ihm irgendwelche Gewissheiten unterzujubeln, und für so was hatte Rebus keine Zeit. Die beiden hatten damals eine Art Spiel gespielt, und Leary war offenbar davon überzeugt gewesen, dass er es schon schaffen würde, den »Heiden« zu bekehren.
    »Mensch, du bist doch ein wandelndes Fragezeichen«, hatte er manchmal zu Rebus gesagt. »Warum sperrst du dich so dagegen, dass dir jemand Antworten gibt?«
    »Vielleicht weil ich Fragen interessanter finde

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