Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
überzeugen, dass es für die anderen ebenfalls besser so gewesen sei. Wenigstens war es den meisten Menschen, die er nahe an sich herangelassen hatte, am Ende nicht sonderlich gut ergangen. Doch natürlich war das keine Rechtfertigung für sein Verhalten. Er dachte an Jean, überlegte, wohin das alles noch führen mochte. War er überhaupt in der Lage, sein Leben wirklich mit jemandem zu teilen? Willens, ihr seine Geheimnisse, seine Abgründe z offenbaren? Da war er sich
u nicht sicher. Und die Gespräche, die er früher mit Conor Leary geführt hatte - im Grunde genommen war das eine fortgesetzte Beichte gewesen. Ja, wahrscheinlich hatte er dem Geistlichen mehr von sich erzählt als irgendeinem anderen Menschen: Ehefrau, Tochter, Geliebte. Und jetzt hatte sich Conor - vielleicht sogar himmelwärts - davongemacht... und würde dort oben zweifellos ein Riesenchaos veranstalten, sich m it sämtlichen Engeln anlegen und ein Guinness nach dem anderen in sich hineinschütten.
»Alles in Ordnung, John?« Gurt berührte ihn mit der Hand an der Schulter.
Rebus schüttelte langsam den Kopf, kniff die Augen zusammen. Rebus sprach so leise, dass Gurt ihn zunächst nicht verstand. »Was haben Sie gesagt?«
»Ich glaube nicht an den Himmel.«
Das war das Entsetzliche. Dass man nur dieses eine Leben hatte. Keine Erlösung, wenn das alles mal vorbei war, und keine Chance, reinen Tisch zu machen und wieder von vorne anzufangen.
»Das wird schon wieder«, sagte Gurt, dem die Rolle des Trösters sichtlich peinlich war und dessen jetzt auf Rebus' Arm ruhende Hand normalerweise menschliche Organe aus einer klaffenden Wunde ans Tageslicht beförderte. »Gleich geht es Ihnen wieder besser.«
»Ach, ja?«, sagte Rebus. »Dann ist es in dieser Welt um die Gerechtigkeit allerdings schlecht bestellt.«
»Von diesen Dingen verstehen Sie mehr als ich.«
»Und ob«, sagte Rebus und atmete ein paar Mal tief ein und aus. Trotz der kühlen Nachtluft stand ihm unter seinem Hemd der Schweiß auf der nackten Haut. »Ja, geht schon wieder«, sagte er leise.
»Eben.« Gurt nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und trat sie dann im feuchten Gras aus. »Wie Conor gesagt hat, trotz aller gegenteiligen Gerüchte stehen Sie auf der Seite der Engel.« Er nahm die Hand von Rebus' Arm: »Ob es Ihnen passt oder nicht.«
Dann kam Donald Devlin eilig näher. »Was meinen Sie: Soll ich Taxis bestellen?«
Gurt sah ihn an. »Was sagt denn Sandy?«
Devlin nahm die Brille ab und putzte sie umständlich. »Also, Sandy hat gesagt, ich soll nicht so ›verdammt pragmatisch‹ sein.« Dann setzte er die Brille wieder auf.
»Ich bin mit dem Wagen da«, sagte Rebus.
»Wollen Sie denn wirklich fahren?«, fragte Devlin.
»Ich hab doch nicht meinen verdammten Vater verloren!«, brüllte Rebus. Dann entschuldigte er sich erschrocken.
»Wir sind alle etwas überdreht«, sagte Devlin und tat Rebus' Entschuldigung mit einer Handbewegung ab. Wieder setzte er die Brille ab und polierte sie so sorgfältig, als ob sich ihm die Welt nie genau genug offenbaren könnte.
7
Dienstagvormittag um elf machten Siobhan Clarke und Grant Hood sich in der Victoria Street an die Arbeit. Auf dem Hinweg fuhren sie zunächst über die George IV. Bridge, weil sie vergessen hatten, dass sie von der Brücke aus nicht in die Victoria Street einbiegen durften. Als er das rote Schild mit dem weißen Querbalken sah, fing Grant an zu fluchen und kroch weiter im Schneckentempo in der Schlange mit, die sich vor der Ampel Ecke Lawnmarket staute.
»Weshalb parken Sie nicht einfach auf dem Seitenstreifen?«, fragte Siobhan. Doch er schüttelte den Kopf. »Und wieso nicht?«
»Sie sehen doch, dass der Verkehr sich vor der Ampel staut. Wenn ich jetzt auch noch den Wagen hier abstelle, mache ich doch alles nur noch schlimmer.«
Sie lachte. »Nehmen Sie es immer so genau mit den Vorschriften, Grant?«
Er sah sie an. »Wie meinen Sie das?«
»Ach, schon gut.«
Er saß schweigend neben ihr und schaltete lediglich auf der linken Seite den Blinker ein, als sie kurz vor der Ampel angekommen waren. Siobhan musste lächeln. Da hatte sich Grant diesen heißen Sportwagen zugelegt, und war doch in Wahrheit das glatte Gegenteil eines Draufgängers.
»Was macht eigentlich die Liebe?«, fragte sie, als die Ampel auf Grün schaltete.
Er überlegte, was er antworten sollte. »Im Augenblick eher ruhig«, sagte er schließlich.
»'ne Zeit lang habe ich gedacht, dass Sie mit Ellen Wylie...«
»Wir
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