Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
nicht.«
»Nein, ganz und gar nicht.« Sie befanden sich in der zentralen Eingangshalle des Gerichtes, wo es vor Gerichtsdienern, Anwälten, Sicherheitsbeamten und besorgt dreinschauenden Familien nur so wimmelte. Anderswo in diesem Gebäude wurde über Schuld und Unschuld verhandelt, oder es ergingen gerade Urteile. »Sind Sie wegen einer Gerichtsverhandlung hier?«
»Nein. Ich habe eine Frage und dachte mir, dass Sie mir vielleicht weiterhelfen könnten.«
»Aber natürlich, gern, wenn ich kann.«
»Es geht um einen Hinweis, den ich gefunden habe. Er könnte in Zusammenhang mit einem Fall stehen, an dem ich gerade arbeite, aber er scheint irgendwie verschlüsselt zu sein.«
Die Anwältin machte große Augen. »Oh, wie aufregend. Wir setzen uns einfach irgendwohin, und dann erzählen Sie mir, worum es geht.«
Sie fanden eine freie Bank und ließen sich nieder. Brough las das Rätsel durch die Klarsichtfolie hindurch. Siobhan beobachtete sie dabei, wie sie die Worte mit den Lippen formte und dann die Stirn runzelte.
»Tut mir Leid, da muss ich passen«, sagte sie schließlich. »In was für einen Zusammenhang steht denn das Ganze?«
»Es geht um eine junge Frau, die spurlos verschwunden ist«, erklärte Siobhan. »Wir glauben, dass sie vielleicht an einem Spiel teilgenommen hat.«
»Und das hier brauchen Sie, um auf die nächste Ebene zu gelangen? Das ist aber merkwürdig.«
Grant Hood kam angelaufen, ganz außer Atem. Siobhan stellte ihm Harriet Brough vor.
»Irgendwas rausgefunden?«, fragte er. Siobhan schüttelte den Kopf. Er wandte sich der Staatsanwältin zu. »Bedeutet B4 vielleicht irgendetwas im schottischen Rechtswesen? Steht es für irgendeinen Paragrafen oder einen Unterabschnitt?«
»Mein lieber Junge«, lachte Brough, »das könnte mehrere hundert verschiedene Paragrafen bezeichnen, obwohl es dann wohl eher 4B als B4 heißen müsste. Die Zahlen kommen bei uns immer zuerst.«
Hood nickte. »Also wäre das Paragraf 4, Abschnitt b?«
»Genau.«
»Das erste Rätsel«, fügte Siobhan hinzu, »hatte was mit einer Königin zu tun. Die Lösung lautete Victoria. Wir haben uns gefragt, ob dieses hier vielleicht etwas mit dem Holyrood-Palast zu tun hat.« Sie erklärte, wie sie daraufgekommen waren, und Brough vertiefte sich noch einmal in den rätselhaften Satz.
»Also, ich glaube, Sie beide zusammen sind klüger als ich«, räumte sie ein. »Vielleicht bin ich als Juristin zu nüchtern.« Sie wollte das Blatt schon Siobhan zurückgeben, doch dann nahm sie es noch einmal an sich. »Ich frage mich, ob die Wendung ›Scots Law‹ dazu dient, Sie auf eine falsche Fährte zu locken.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Siobhan.
»Na ja, wenn der Verfasser absichtlich kryptische Botschaften formuliert, dann hat er vielleicht etwas um die Ecke gedacht.«
Siobhan blickte zu Hood hinüber, doch der hob nur verständnislos die Schultern. Brough wies auf den Zettel.
»In meinen aktiveren Zeiten, als ich noch viel wandern ging, habe ich gelernt, dass ›Law‹ das schottische Wort für Hügel ist.« Rebus sprach am Telefon mit dem Geschäftsführer des Huntingtower Hotels.
»Dann haben Sie die Puppe also möglicherweise noch irgendwo verwahrt?«
»Kann ich Ihnen nicht genau sagen«, entgegnete der Geschäftsführer.
»Könnten Sie vielleicht mal nachschauen? Oder sich erkundigen, ob in Ihrem Haus jemand etwas darüber weiß?«
»Gut möglich, dass wir die Puppe während unseres Umbaus entsorgt haben.«
»Ihre Haltung ist wirklich äußerst hilfreich, Mr. Ballantine.«
»Vielleicht hat ja die Person, die diese Puppe damals gefunden hat...«
»Der Mann sagt, dass er sie im Hotel abgegeben hat.« Rebus hatte bereits mit dem Reporter des Courier telefoniert, der damals über den Vorfall berichtet hatte. Da der Journalist so neugierig gewesen war, hatte ihm Rebus erzählt, dass man in Edinburgh einen weiteren Sarg gefunden hatte. Allerdings hatte er betont, dass »nichts auf einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen hindeutet«. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, waren irgendwelche Medienleute, die auf eigene Faust Nachforschungen anstellten. Schließlich hatte ihm der Reporter den Namen des Mannes genannt, dessen Hund den Sarg damals gefunden hatte. Ein paar Anrufe später erfuhr Rebus dann direkt von diesem Mann, dass er den Sarg damals in dem Hotel abgegeben und danach keinen einzigen Gedanken mehr auf die Geschichte verschwendet hatte.
»Na gut«, sagte der Geschäftsführer jetzt,
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