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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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sich nur mit einem fünfstelligen Code öffnen«, erklärte er ihr. »9-2-5-5-6. Das ist einfach zu merken. Auf der Tastatur eines Telefons ergibt es das Wort Yakko. «
    Sie nahm ihm die Fernbedienung aus der Hand und drückte die Zahlenkombination ein. Beinah geräuschlos gingen daraufhin die beiden Flügel des imposanten Eingangsportals auf.
    »Sind die Kameras dort oben eigentlich echt?«, fragte sie.
    Darüber musste Michael laut lachen. »Wenn du glaubst, dass mein Vater Attrappen anbringt, kennst du seine Phobie noch nicht. Er leidet unter schlimmstem Verfolgungswahn. Unser ganzes Grundstück ist voll von Kameras, die Villa mit hochmodernster Alarmanlage gesichert, und selbst für die Garagen braucht man einen Zugangscode.«
    »Oje«, seufzte Lisa und fuhr hinunter zum See.
    Michael machte Musik an, es lief eine CD von Eros Ramazzotti, die er zuvor schon eingelegt hatte. Und während Eros mit seiner kratzig-schmalzigen Stimme von Amore und Emozione sang, legte Michael den Arm über den Fahrersitz und streichelte Lisas Schulter. Er wünschte sich romantische Stimmung, vom Abendessen bis tief in die Nacht hinein.

    Sie warf ihm einen flüchtigen Blick von der Seite zu, wurde im selben Moment etwas langsamer und bog nach rechts ab.
    »Wohin willst du?«, rief er überrascht.
    »Nur ein bisschen herumfahren«, entgegnete sie lachend und gab Gas.
    Er sah auf die Uhr und danach hinauf in den Himmel. Lange sollten sie nicht mehr ohne Verdeck unterwegs sein, denn die stockdunklen Wolken dort oben sahen ganz nach Gewitter aus.
    »Wir müssen das Dach schließen«, warnte er.
    Aber davon wollte Lisa nichts wissen und preschte über die Straße. Sie fuhren kilometerlang durch einen Wald, bis sie in eine kleine Ortschaft kamen, die nur aus wenigen Häusern bestand, immerhin aber einen Marktplatz, einen Bäcker und einen Metzger hatte. Allerdings waren die Geschäfte um halb acht abends geschlossen und keine Menschenseele auf der Straße.
    »Lass uns umkehren«, drängelte Michael. Sein Magen meldete sich, und er freute sich auf das Essen in der Villa am See .
    »Schau mal dort vorn«, rief Lisa und zeigte nach links auf eine weiße Kirche. Hinter dem Ortsausgangsschild stand sie auf einer kleinen Lichtung am Waldrand. Ruckartig stieg Lisa auf die Bremse und bog in einen unbefestigten Weg ein.
    »Schau nur, wie schön!« Sie war ganz begeistert. »Kennst du diese Kirche?«
    »Nein.« Ein erster Regentropfen fiel auf seine Nasenspitze. Er schloss das Dach, nachdem Lisa vor der Kirche geparkt hatte.

    »Komm, wir schauen sie uns an«, sagte sie und sprang aus dem Wagen, bevor Michael Einspruch erheben konnte.
    Missmutig öffnete er die Beifahrertür. »Was wollen wir denn hier?«, rief er ihr zu. Er hatte Hunger, und ein Unwetter braute sich zusammen. Doch Lisa stand bereits an der Kirchentür.
    »Nun komm schon. Es ist offen. Wir werfen nur schnell einen Blick hinein.«
    »Also gut!« Er gab sich geschlagen, obwohl sein Interesse sich in Grenzen hielt. Und in der Tat hatte diese kleine Waldkirche nichts Besonderes zu bieten. Teilnahmslos betrachtete er die einfache, schmucklose Innenausstattung und dachte an Jakobsmuscheln und Zanderfilet in Safransoße.
    »Sieh nur die schönen Blumen«, sagte Lisa und trat an den Altar. Ein Strauß frischer Rosen lag darauf - gelbe Rosen mit runden Blüten. Sie schnupperte daran.
    »Es scheint sich jemand sehr liebevoll um die Kirche zu kümmern«, sagte sie.
    »Mag sein«, erwiderte Michael, während er sie entschlossen an der Hand nahm und nach draußen zog. Er hatte nicht nur einen Mordshunger, sondern es jagte auch schon ein erster Blitz über den rabenschwarzen Himmel. Ein krachender Donner folgte, und dicke Tropfen platschten auf die Erde. Sie sollten zusehen, dass sie hier wegkamen.
    Doch Lisa schien keine Eile zu haben. Ein Haus auf der anderen Seite des Weges, schräg gegenüber der Kirche, weckte ihre Aufmerksamkeit.

    Verlassen und halb verfallen wie es war, schien es seit ewigen Zeiten unbewohnt zu sein. Die Fassade bröckelte und war von Efeu überwuchert, die Fensterläden hingen windschief in den Angeln, und im Garten stand meterhoch das Gras. Ein Schild mit der Aufschrift Zu verkaufen lugte gerade noch daraus hervor.
    »Wollen wir uns das Haus anschauen?«, fragte Lisa.
    Nun verstand Michael keinen Spaß mehr. »Was willst du dir da anschauen?«, sagte er ungehalten. »Lass uns zum Auto gehen. Es fängt schon an zu regnen.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, da schmetterte

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