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Purgatorio

Purgatorio

Titel: Purgatorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tomás Eloy Martínez
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wir zusammengelebt hätten, wärst du es gewohnt, mich zu sehen, und ich würde mich nicht so schämen, wie ich mich in diesem Augenblick schäme. Du bist immer noch genau gleich. Und ich – du siehst ja. Gern wäre ich die gewesen, die ich war, mein Schatz, aber ich bin alt geworden. Du wirst enttäuscht sein. Seit sieben Jahren bekomme ich die Regel nicht mehr. Ich stehe mit Mundgeruch auf. Dort, wo ich früher überhaupt nicht gerochen habe, stinke ich jetzt: in den Achselhöhlen, obwohl ich sie enthaare und immer sorgfältig wasche. Manchmal rieche ich nach Urin. Meine Schamlippen sind schlaff geworden, und selbst wenn ich masturbiere, bleiben sie trocken. Überrascht es dich, dass ich in meinem Alter noch masturbiere?
    Nichts überrascht mich. Jetzt bist du nass.
    Du nicht? Das ist das Verlangen. Spürt man es? Ich dachte schon, es würde mir nie mehr passieren. Immer wenn ich dich vermisste, habe ich körperlichen Schmerz verspürt. Und in all diesen Jahren war das oft der Fall. Die Einsamkeit ist über mich hereingebrochen wie eine Buße. Ich habe sie kommen sehen und mich mit dem Trugbild des Sex getröstet, mit der Illusion, dass ich noch kann.
    Das Telefon klingelt, drei-, viermal. Wer es auch sein mag, er ist ungeduldig. Er hängt auf und ruft gleich wieder an.
    Nimm nicht ab, sagt Simón, geh nicht ran.
    Auf dem Display des Apparats liest Emilia die Nummer der Hammond-Zentrale. Es ist halb acht Uhr abends. Wenn man sie dort braucht, dann, weil etwas geschehen ist, was nur sie in Ordnung bringen kann. Sie hebt ab. Es spricht Sucker, der Nachtwächter, ein verhärmter Alter, der beim Gehen schlurft.
    Sind Sie sicher, dass es meins ist?, beklagt sich Emilia. Es kann nicht meins sein.
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung kommt allzu hoch, allzu gereizt daher. In den letzten fünfzehn Jahren, seit man ihn im Werk von Maplewood eingestellt hat, hat die Pflichterfüllung des Nachtwächters nicht im Geringsten nachgelassen. Das Beharrungsvermögen hält ihn auf dem Posten.
    Es ist Ihr Auto, MrsDupuy.
    Die Diphthonge ruinieren ihn. Er spricht den Namen als Diupiui aus, als wäre er ein Batterieküken.
    Wie merkwürdig. Ich bin doch von Hammond mit meinem Auto nach Hause gefahren. Warten Sie eine Minute. Ich schau mal nach, ob es da ist, wo ich immer parke. Ich ruf Sie gleich zurück.
    Es ist Ihr Auto, MrsDupuy. Ein silberfarbener 99 er-Altima. Wir haben die Nummer überprüft. Wenn er nicht da stünde, hätte ich Sie gewiss nicht belästigt.
    Vielleicht hat man ihn gestohlen, ich habe keine Ahnung. Aber selbst wenn es mein Auto ist, kann ich es jetzt trotzdem nicht holen. Es ist Freitag. Ich habe Besuch. Können Sie warten?
    Das geht nicht, tut mir leid. Ich muss es wegschaffen, heute Abend noch oder morgen sehr früh. Punkt sieben Uhr kommen die Lastwagen, die die Schulatlanten abholen sollen. Ihr Altima blockiert das Lager.
    An diesem Morgen kurz nach neun waren alle Hammond-Parkplätze schon besetzt. Auf der Straße gab es ebenfalls nirgends eine Lücke, so dass sie ihren Wagen vor dem Lager parken musste. Vor dem Stechen hinterließ sie am Eingang die Meldung, man solle sie benachrichtigen, wenn sie umparken müsse. Sie war nervös, da Simón auf der anderen Seite der 22 . Straße auf sie wartete. Sie vergisst die Rückfahrt nach Highland Park nicht. Auch nicht, was danach geschah. Sie träumt nicht, natürlich nicht. Immer noch sitzt ihr Simón gegenüber und führt die Teetasse zum Mund. Das ist ihre Wirklichkeit, ihre einzige. Sie hat sich nicht auf einer von Verrückten gezeichneten Landkarte verirrt. Nichts wird sie jetzt noch daran hindern, glücklich zu sein.
    Im Kühlschrank hat sie Räucherlachs, und es ist Zeit, dem Gatten das Abendbrot zu richten. Es ist noch Chicorée da und die Flasche Sauvignon Blanc, die sie vor zwei Wochen bei Pino’s gekauft hat. Sie wird sie ins Gefrierfach legen, bis sie das Essen aufträgt.
    Ich lege Musik auf, sagt sie. Mozart? Jarrett? Seit Jahrhunderten hör ich nicht mehr Jarrett.
    Was du möchtest. Ich werde dich liebkosen.
    Berühr mich, ermuntert ihn Emilia. Und sie tritt zu ihm.
    Ihr Mann zieht ihr die Bluse aus und streicht ihr mit den Fingerkuppen sacht über die Brustwarzen. Sie sind welk, und die strotzende Aureole von früher ist erloschen, schlaff und runzlig. Allmählich geben ihr Simóns Liebkosungen die Frische zurück. Langsam gleiten seine Hände unter dem Rock die Innenseite der Schenkel hinunter und ziehen ihr den Slip aus. Ohne richtig zu wissen,

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