Purgatorio
bereits aus dem Kopf geschlagen. Wie ist sie nur darauf gekommen? Abtreibung ist eine sehr schwere Sünde, eine größere Sünde als ein Verbrechen, und die Hölle kommt mir nicht ins Haus. Und wenn sie die Hochzeit vorziehen?, schlug Emilia vor. Ich weiß nicht, sagte der Vater. Der Bischof höchstpersönlich will sie zelebrieren. Das Datum ist festgelegt, und wer weiß, was er in diesen Wochen für Pläne hat. Ist die Schwangerschaft dieser Ahnungslosen schon weit fortgeschritten? Nicht sehr, sagte Emilia, aber sie muss so bald wie möglich heiraten.
Ich werde den Bischof um ein Gespräch bitten. Ich weiß, dass er sehr mit guten Werken beschäftigt ist – unangenehm für jeden, der nicht ein Heiliger ist wie er. Jeden Tag sucht er die Gefängnisse auf, hört sich die Beichten der Insassen an, richtet sie auf, bringt ihnen die Letzte Ölung. Aber für uns wird er Zeit haben. Ihr beide kommt mit. Chela muss Farbe bekennen, und du wirst sie nicht allein lassen.
Der Bischof empfing sie in dem Palast, den ihm die Regierung kurz zuvor überlassen hatte. Die Sessel im großen Salon, in dem man sie warten ließ, waren hoch und mit granatrotem Samt bezogen. Junge Geistliche und Absolventen des Priesterseminars in Soutane, beladen mit schweren Akten, kamen und gingen. Der Bischof trug einen Straßenanzug. Beim Eintreten streckte er die Hand mit dem Bischofsring aus. Emilia und Chela machten einen Knicks.
Was für ein Vergnügen, Sie hier zu haben, welch ein Privileg, seufzte der Geistliche. Emilia, die ihn seit dem Abendessen mit dem Aal nicht mehr gesehen hatte, stellte fest, dass er dicker und kahler geworden war. Der blanke Kopf funkelte.
Einer der Seminaristen trat hinzu und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Sag ihnen, dass ich beschäftigt bin. Wenn sie wollen, sollen sie warten und sich anstellen wie alle. Leg die Akten auf meinen Schreibtisch, unter die anderen.
Könnten wir uns allein unterhalten, Monsignore?, fragte Dupuy. Die Angelegenheit, die uns herführt, ist vertraulich.
Dann begleiten Sie mich in die Bibliothek. Wenn es vertraulich ist, werde ich Sie anhören, als würde es sich um die letzte Beichte handeln.
Er brachte sie in einen Raum voller Schriftrollen und luxuriös eingebundener Bücher. Eine aus einem einzigen Stück Holz geschnitzte Wendeltreppe führte in den Zwischenstock hinauf. Er legte sich eine bestickte Stola um die Schultern, küsste sie.
Reconciliatio et paenitentia
, sagte er. Ich verlasse mich darauf, dass Sie Ihr Gewissen tief erforscht haben. Dr.Dupuy hielt ihn zurück: Ich will Ihnen nicht viel Zeit stehlen, Monsignore. Es geht um etwas ganz Einfaches, und ich möchte es diskret behandeln. Wir müssen Chelas Hochzeit vorverschieben. Sie haben sich erboten, die Zeremonie zu zelebrieren. Ich hoffe, Sie sagen uns, welches das beste Datum ist.
Was ist denn geschehen, mein Kind?
Chela brach in Tränen aus. Warum muss das gerade mir passieren, Monsignore? Sie stellen sich nicht vor, wie sehr ich mich auf den Altar gefreut habe. In ihren Worten erzählte sie, was los war. Das Schluchzen unterbrach die Schilderung immer wieder, und sie war nur schwer zu verstehen. Emilia nahm ihre Hand und beendete den Bericht.
Was denkt Marcelo?, fragte der Bischof.
Er will so schnell wie möglich heiraten, sagte Dupuy.
Dann sehe ich nicht, wo das Problem liegt.
Chela sprach wieder von der Schmach, die sie vor so vielen Menschen erleiden würde, von dem Klatsch, der sie und das noch Ungeborene ihr ganzes Leben lang verfolgen würde.
Hast du bereut, gesündigt zu haben?, wollte der Bischof wissen.
Natürlich. Ich habe gebeichtet und zur Buße zehn Rosenkränze gebetet.
Ach, mein Kind, mach doch aus einer Mücke nicht gleich einen Elefanten. Ich kenne da ein paar Nonnen, die werden dir ein Hochzeitskleidchen nähen, besser als die aus Paris. Ich habe sie gesehen. Sie tarnen die Schwangerschaft perfekt, auch wenn sie schon weit fortgeschritten ist, und außerdem sind sie der letzte Schrei. Trockne deine Tränen und mach dir keine Sorgen mehr. Dein Vater und ich, wir werden gemeinsam das beste Datum festlegen.
Er hieß Chela niederknien und segnete sie.
Ego te absolvo in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti.
Amen, antworteten der Vater und die Töchter. Dupuy wollte aufstehen, doch der Bischof hielt ihn zurück. Er wollte erfahren, wie die Kommandanten seine Arbeit in den Militärgefängnissen beurteilten.
Sie halten sie für unersetzlich, Monsignore.
Dabei ist das nur die Spitze des
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