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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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das hatte er schon versucht. Ihm gegenüber hatte sie rundweg abgestritten, dass etwas nicht in Ordnung sei. Dabei war ihr Kummer beinahe mit Händen zu greifen. Doch wenn es um persönliche Dinge ging, wich Azîza ihm meistens aus.
    Es war eine gute Nacht, um die Konstellationen der Sterne und Planeten zu bestimmen, da der Mond erst spät aufgehen würde und er den Stand der Sternbilder gut erkennen konnte. Alî el-Mansour beobachtete aufmerksam die Himmelskörper, berechnete, verglich und fertigte Notizen an. Danach wandte er sich erneut seinen Ephemeriden zu, prüfte ein weiteres Mal die Zyklen der Himmelskörper und studierte die Tabellen. Das Ergebnis seiner Berechnungen war eindeutig: Jupiter, der Segen spendende Planet, näherte sich bereits seinem Gegenspieler, dem bösen Saturn. Obwohl die für eine große Konjunktion nötige Zeit noch nicht vergangen war, zeigte sie offenbar doch bereits jetzt Wirkung.
    Sorgfältig kontrollierte er erneut die Unterlagen. Tatsächlich kündigte sich eine Veränderung an, allerdings handelte es sich um eine Konjunktion von kleinerer Bedeutung, angesiedelt im Zeichen des Wassermannes. Dieses stand für Wandlung, für eine Art Metamorphose, nicht jedoch für eine Katastrophe. Das war zumindest beruhigend, doch wie immer sagten die Sterne weder etwas über die Art der Neuerungen aus noch wen sie betrafen.
    Ob es etwas mit seinen gelungenen Färbeversuchen zu tun hatte? Er war mit sich und den Ergebnissen zufrieden, besonders wenn er an das leuchtende Rot dachte, das ihm heute erstmals gelungen war. Was für eine prächtige Farbe, sie war wahrhaftig eines Königs würdig! Besser ging es nicht. Vielleicht gaben ihm die Sterne einen Hinweis darauf weiterzuexperimentieren?
    Welche Änderungen sonst auf ihn warteten, war kein Geheimnis, schließlich spürte er das Alter täglich mehr. Selbst gewohnte Bewegungen bereiteten ihm mittlerweile Mühe oder gar Schmerzen, abgesehen von einer gewissen allgemeinen Anfälligkeit. Doch nicht Krankheit oder Tod hatten die Sterne signalisiert.
    Wenn er die Botschaft der Himmelskörper richtig deutete, so betrafen die zu erwartenden Veränderungen Azîza. Drohte ihr etwa nach wie vor Gefahr? Würde ihm das Mädchen trotz aller Vorsicht doch noch entrissen werden? Wenigstens waren sie hier vor dem Pascha sicher. Die Osmanen hatten es nicht geschafft, ihren Einfluss auch noch auf Al-Maghrebija auszudehnen, das gesamte Küstengebiet hier unterstand den Portugiesen, die ihren Einfluss von den Küstenstädten aus gern noch weiter ins Landesinnere ausgeweitet hätten. Dass der osmanische Pascha hier nichts zu melden hatte, war gut, denn nicht nur er, sondern besonders das Mädchen brauchte Festigkeit und Ruhe und einen guten Platz zum Leben. Den hatten sie sich inzwischen geschaffen, Allah sei Dank.
    Er seufzte. Vielleicht ging es ja auch um etwas ganz anderes, um einen erneuten Überfall der Berber zum Beispiel, wie im vergangenen Jahr. Damals hatten sich vereinzelt örtliche Berberstämme, die urspünglichen Herren des Landes, gegen die Portugiesen aufgelehnt und versucht, die Herrschaft in der Region zurückzuerobern. Es war den portugiesischen Machthabern gelungen, den Aufstand gewaltsam niederzuschlagen, was ihnen nicht schwergefallen war angesichts der Uneinigkeit der beteiligten Stämme und der überlegenen Waffen der Portugiesen. Allerdings war das Feuer seit damals keineswegs erloschen, eher im Gegenteil. Man munkelte, Berber aus der Großsippe der Sa’adier, kämpferische Wüstensöhne aus dem Osten, hätten sich der Sache angenommen. Genaues wusste angeblich niemand, vielleicht zog man aber auch ihn als Fremden nur nicht ins Vertrauen. Ihm schien es jedenfalls, als köchelte der Unmut über die Fremdherrschaft im Verborgenen weiter.
    Natürlich verstand er die Wut der stolzen Berbervölker, die ausschließlich nach den Geboten der Natur sowie nach Allahs Wort lebten. Sie nannten sich selbst Imazighen, was freie Menschen bedeutete, und lebten seit Urzeiten als Händler, Viehzüchter und Nomaden in der wahrhaft lebensfeindlichen Wüste. Ihnen hatte niemand Befehle zu erteilen. Hinzu kam, dass die unrechtmäßige Besatzung weiter Teile der Küste durch einen fremden, noch dazu christlichen König Handel und Wandel erheblich einschränkten. Wer benötigte schon eine portugiesische Verwaltung, um Schafe, Ziegen und Kamele oder ein paar Ballen Wolle zu verkaufen? Wie konnten die Fremden es wagen, die Preise von Waren festzulegen, Zölle zu erheben

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