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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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kittelartige Gewand überzuwerfen. Wegen des Seegangs gelang es nicht gleich. Als daraufhin der Mann näher trat, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen, bellte sie ihn wütend an: » Finger weg! Wehe, du fasst Lucia an, dann kannst du was erleben!« Verblüfft über das unerwartete Fauchen trat der Mann einen Schritt zurück. Schließlich hatte sie das sackartige Hemd über Lucias Kopf gestreift und glatt gezogen. Schnell schlüpfte sie selbst in das andere Gewand über. Befand sich das Päckchen mit den Briefen immer noch an Ort und Stelle? Ein unauffälliger Griff beruhigte Mirijam.
    Der Pirat zeigte auf die langen Stoffbahnen, danach auf seinen Turban und bedeutete ihnen, sie sollten ihre Köpfe in ähnlicher Manier bedecken. Das mit den Hemden konnte sie verstehen, immerhin waren ihre eigenen Kleider zerrissen und schmutzig, aber ein Turban? Andererseits, Lucias goldene Haare hatten schon einmal für Aufruhr gesorgt. Kurzerhand faltete sie die Tücher, band eines davon Lucia in der Art von Bauersfrauen um den Kopf und das zweite um ihren eigenen. Zu jeder anderen Zeit hätten sie beide über diesen Aufzug sicher herzlich gelacht.
    » Komm, Lucia, ich führe dich«, drängte Mirijam mit einem nervösen Seitenblick auf den finsteren Seeräuber und bugsierte die Schwester zur Tür. » Denk nur, wir werden den Himmel sehen«, lockte sie, » und frische Luft atmen. Nun komm schon, es sind ja nur ein paar Schritte.«
    Vor der Kajütentür wurden ihre Augen von einem dunklen Fleck aus getrocknetem Blut angezogen. Hier, genau an dieser Stelle war der Zahlmeister in ihren Armen gestorben. Mirijam schluckte und wandte hastig den Blick ab.
    An Deck stach das grelle Licht in ihre Augen und blendete sie wie frischer, glitzernder Schnee. Trotz der strahlenden Sonne war die Luft kühl. Mirijam fasste Lucias Hand. Doch diese stieß sie beiseite und taumelte über das Deck. Ihr Kopftuch verrutschte. Sie sah entsetzlich aus mit den strähnigen Haaren und dem unsteten Blick. Aber wahrscheinlich sehe ich selbst nicht viel besser aus, dachte Mirijam müde und folgte Lucia.
    Zum Glück akzeptierte die Schwester den Platz an der Reling. Dort hielt sie sich am obersten Holm fest, wandte dem Treiben an Deck den Rücken und schaute über das Wasser zum Land hinüber, das allmählich aus dem Meer aufstieg. Sie war blass, hatte Schatten unter den Augen und presste die Lippen fest aufeinander.
    » Schön, die Sonne und die frische Luft, nicht wahr?«
    Lucia sagte nichts darauf, sie nickte nur.
    Trotz der Erleichterung, ausgelöst durch Lucias Erwachen, fühlte sich Mirijam unsicher. Lucia war verändert, als fehle ihr etwas. Allerdings hätte sie nicht benennen können, was das sein mochte, das ihr abhandengekommen war. Jedenfalls benahm sich die große Schwester anders als gewohnt, fremd, fast als sei sie eine andere, eine unbekannte Person.
    Sie unternahm einen weiteren Versuch, Lucias Anteilnahme zu wecken. » Wo wir hier wohl sein mögen? Vielleicht kommen wir heute sogar noch an Land, denkst du nicht auch? Wo wir wohl anlanden werden?«
    » Natürlich in Spanien, was hast du denn gedacht?«
    Mirijam blieb der Mund offen stehen. Spanien? Glaubte Lucia tatsächlich, sie würden in Spanien landen?
    Die Segel standen gut im Wind, als sie langsam in eine von Hügeln umkränzte Bucht einliefen. Aus den freudigen Mienen der Seeräuber, die sich nach und nach an Deck einfanden, schloss Mirijam, dass sie sich dem Ziel ihrer Reise näherten.
    Vor ihnen lag unter einem tiefblauen Himmel eine weite Bucht, von einer Landzunge und mehreren Inseln gegen die See geschützt. Hinter der Bucht zog sich eine schimmernde Stadt mit vielstöckigen Häusern einen lang gestreckten Hügel hinauf. Im Blau hinter der weißen Stadt lagen ferne Berge mit weißen Kuppen.
    » Schau doch, Lucia, was für eine schöne Stadt! Sieh nur die Türme mit den goldenen Spitzen und die schimmernden Kuppeln. Aber die Häuser sehen seltsam aus, findest du nicht? Sie sind oben ganz flach, als hätten sie keine Dächer.«
    Lucia betrachtete ebenfalls die weiße Stadt auf den Hügeln und nickte. Sie strich die Haare aus dem Gesicht und meinte ein wenig herablassend: » So sind die Häuser in Andalusien nun einmal, das wusstest du wohl nicht.«
    » Dies ist eine andalusische Stadt? Bist du dir sicher?«
    » Selbstverständlich. Ich bin gespannt, ob man uns bereits erwartet.« Und sie legte die Hand über die Augen, um Ausschau zu halten, obwohl noch längst keine Einzelheiten zu

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