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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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wann immer es ihnen gefiel, die Falle zuschnappen lassen. Einem solchen Teufel geschah es nur recht, wenn ihm jemand lange und geduldig auch noch den letzten Tropfen Blut aus dem Leib presste.
    An jeder Ecke wartete Capitano Natoli einen Augenblick, um sich umzusehen und zu lauschen, dann eilte er weiter durch die Nacht. Der Geruch nach Hafen und Fisch wurde allmählich schwächer und die Häuser größer und reicher.
    Was für scheußliches Wetter sie hier im Norden doch hatten, dachte er, als ihn eine Regenböe mitten ins Gesicht traf, und er vergrub sich noch tiefer in seinen Umhang.
    Eine halbe Stunde vor Mitternacht, als der Nachtwächter mit seiner gelb leuchtenden Laterne gerade den Grote Markt passiert hatte, huschte der Schatten an den gediegenen Häusern mit ihren hohen Giebeln entlang. Einen Moment blieb er stehen und lauschte, ob der Nachtwächter auch wirklich außer Reichweite war, dann überquerte er eilig den Platz und verschwand in einem schmalen Durchgang am Koornmarkt.
    Wie ausgemacht war das hölzerne Tor nicht versperrt. In der Ferne verklang gerade der Ruf des Nachtwächters, als der Schatten hindurchschlüpfte und das Haus betrat. Drinnen flammte ein abgeblendetes Licht auf und erleuchtete eine schmale Kammer, in der sich außer einer Schlafstatt und einem Tisch offenbar keine weiteren Möbel befanden.
    » Umdrehen! Gesicht zur Wand!«
    Der halblaut gezischte Befehl kam von einem großen, hageren Mann am Ende des Raums, dessen dunkle Kleidung mit dem Dämmer verschmolz. Einzig eine schmale weiße Halskrause leuchtete auf, das Antlitz des Mannes jedoch blieb im Dunkeln. Folgsam, aber ohne erkennbare Eile, wandte der Besucher sein Gesicht zur Wand, während er zugleich seinen wollenen Umhang öffnete und umständlich die Nässe davon abschüttelte.
    » Was willst du hier?«, fragte der Mann, der ihn eingelassen hatte, schließlich.
    » Das Öl aus Livorno ist in diesem Jahr nicht bitter, lässt Euch mein Kapitän bestellen.« Diese Worte waren die vereinbarte Losung.
    » Du hast etwas für mich?«
    » Sì, Signore. Mi’ capitano konnte leider nicht selbst kommen, aber er dachte, Ihr wollt diese Nachricht sicher so schnell wie möglich erhalten, deshalb hat er mich geschickt. Ich soll Euch dieses Schreiben mit seinen alleruntertänigsten Komplimenten übergeben. Es wurde uns durch einen Boten überbracht, zusammen mit diesem Bündel hier. Madonna, was für eine unwirtliche Nacht!«
    Der Mann aus dem sonnigen Livorno schauderte demonstrativ und fingerte etwas aus seinem Umhang. Er hob nicht den Kopf, als er einen versiegelten Brief und ein Knäuel Lumpen aus den verborgenen Innentaschen hervorholte und dem Mann reichte. Doch seine Augen sausten flink umher, um so viel wie möglich aufzunehmen.
    » Wo hat man dieses Schreiben an Bord gebracht?«
    » Scusi, Signore? Ich verstehe nicht.« Einfache Seeleute konnten nicht alles wissen, dachte der Kapitän und hielt seinen Kopf weiter gesenkt. Für seine Tarnung war es jedenfalls sicherer, einen etwas begriffsstutzigen Eindruck zu hinterlassen.
    » In welchem Hafen, meine ich? Ach, unwichtig. Gib her.« Eine knotige, ringgeschmückte Hand mit überlangen Fingernägeln zuckte ins Licht der Kerze und griff nach dem Brief. Dann deutete sie auf das verschnürte Stoffbündel. » Und was soll das sein? Öffne es!«
    » Sì, Signore, bene.« Zunächst widerstanden die Knoten den Bemühungen des Italieners, der auf dem Boden kniete und sich mit klammen Fingern ans Werk machte, doch schließlich fiel das Bündel auseinander. Im fahlen Licht glänzten ein ehemals weißer, feiner Spitzenkragen und ein Stück blauer Seide auf, beides zerrissen und fleckig, aber immer noch eindeutig als Teile eines Frauengewandes erkennbar.
    » Hah!«
    Nur dieser eine kleine Laut entfuhr dem Mann, und doch hatte Kapitän Natoli selten eine unverhülltere Äußerung des Triumphes und der Genugtuung vernommen. Chair-ed-Din hatte bereits vorausgesagt, dass diese Stofffetzen das Geschriebene bestätigten. Unauffällig hob er seinen Kopf. Was er sah, waren ein Paar glänzend schwarzer Augen, die zufrieden den matt schimmernden Seidenstoff musterten, und eine schmale, scharfe Nase, die ihren Schatten über einen dünnlippigen Mund warf. Der Italiener beeilte sich, seinen Blick zu senken und wieder auf die Füße zu kommen.
    » Hier, überbringe dies deinem Kapitän«, sagte der Mann schließlich und reichte dem Boten einen Beutel, in dem Goldstücke klimperten. » Sag ihm, ich bin

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