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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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drückte ihr einen hastigen Kuss auf das Haar. Dann errötete er und rannte wie gejagt davon. Mit geschürzten Röcken lief Mirijam ihm nach.
    » Cornelisz«, rief sie ein ums andere Mal, » wart auf mich!« Schließlich blieb er stehen. Mirijam sah, dass Gesa und Lucia ein Stück entfernt Kräuter pflückten, die sie im Winter brauchen würden. Sie konnten sie nicht hören. Deshalb nahm sie allen Mut zusammen, griff nach Cornelisz’ Hand und flüsterte: » Bitte sei mein Freund, Cornelisz.« » Ich werde immer dein Freund sein, Mirijam«, antwortete Cornelisz ebenso leise. » Immer. Ich schwöre.« Dann hob er ihre Hand an die Lippen und küsste sie, als sei sie eine richtige Dame. Seit damals träumte sie von Cornelisz, insgeheim sogar von einem Leben an seiner Seite.
    » Der Pascha wünscht, mich zu sehen«, erklärte der alte Arzt nach einigen Wochen. » Vermutlich ist jemand aus seinem Haushalt erkrankt, und in heiklen Fällen berät sich sein Leibarzt, ein äußerst vorsichtiger Mann, gern mit mir. Der lange Ritt nach Al-Djesaïr ist zwar unbequem für mich, aber nicht zu vermeiden.«
    Zum Abschied strich er Mirijam das Haar aus dem Gesicht und lächelte angesichts ihrer fragenden Augen. » Nein, ich habe nicht vergessen, was wir wegen deiner Schwester oder in Sachen Lösegeld und Antwerpen in Erfahrung bringen wollen. Ich werde bei verschiedenen Leuten vorsprechen, und wer weiß, mit Allahs Hilfe lösen sich deine Sorgen vielleicht in Wohlgefallen auf.«
    Kurz darauf beobachtete sie, wie seine kleine Karawane langsam, ein Tier hinter dem anderen, in das dichte Grün der Oase eintauchte und schließlich den Blicken entschwand.
    Von nun an stieg sie jeden Tag am späteren Nachmittag auf die Terrasse des nördlichen Eckturms, spähte in die Ferne und beobachtete, wie am dunkler werdenden Himmel langsam die Sterne aufgingen. In ihnen lag die Zukunft der Menschen verborgen, sagte der Hakim, und sie strahlten nicht nur hier über der Wüste, sondern auch über Antwerpen. Ein tröstlicher Gedanke, und sie fühlte sich über Länder und Meere mit den Menschen zu Hause verbunden.
    Während sie den Horizont absuchte und die Sterne betrachtete, während sie zusah, wie unten die Ziegen- und Schafsherden von der Weide zurückkamen und ringsum Fackeln und Feuer aufflammten, gelang es ihr immer häufiger, die Erinnerung an die verstörenden letzten Tage, die sie mit Lucia erlebt hatte, beiseitezuschieben. Bislang hatte sie dem Hakim nichts von dieser ominösen hystera erzählt, von der der maurische Heiler gesprochen hatte. Es war allzu gruselig, sich die Säfte vorzustellen, die aus dem Unterleib ins Gehirn aufstiegen und dabei … Nein, daran wollte sie nicht denken! Lieber stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn Lucia plötzlich hier wäre, wie sie miteinander sprechen und lachen würden, wenn sie sich gegenseitig von ihren Erlebnissen erzählten. Oder, noch besser, wie sie in Erinnerungen an zu Hause schwelgten … So träumte sie Abend für Abend auf der Terrasse, während sie gleichzeitig Ausschau nach der Karawane des Hakim hielt.
    Auch am Tag seiner Rückkehr stand sie dort oben. Der Abendwind legte sich, langsam kühlte die Luft ab, und die Sterne erschienen einer nach dem anderen am östlichen Himmel. Erst im letzten Tageslicht entdeckte sie die Staubfahne der Karawane. Eilig rannte sie zum großen Tor und bedeutete dem Torwächter, dass der Herr zurückkehrte.
    Augenblicklich kam Leben in die Burg. Sklaven und Bedienstete rannten herbei, Fackeln und Laternen wurden entzündet, und die Signora stürzte los, um Safranreis mit Mandeln, Rosinen und gebratene Hähnchenteile zuzubereiten, eines der Lieblingsgerichte des Herrn.
    Als Alî el-Mansou, staubbedeckt mit tiefen Falten und müden Augen, auf Mirijam zutrat, schwankte sie zwischen Furcht und Hoffnung. Ein schneller Blick hatte sie bereits davon überzeugt, dass sich kein zusätzlicher Reisender in der Karawane befand, vor allem keine Lucia. Angstvoll forschte sie im Gesicht des Alten.
    Er war müde und durstig, alle Knochen im Leib taten ihm von dem anstrengenden Ritt weh, und er wünschte sich nichts mehr als Ruhe. Doch da wartete dieses Kind mit den wirren Haaren, dem er Rede und Antwort stehen musste. Sie tat ihm leid. Die Kleine hatte viel Schlimmes hinter sich, und nun musste ausgerechnet er ihr erneut Schmerz zufügen. Bei Allah, sosehr er Azîzas Neugier und ihren Wissensdurst genoss und sosehr er sich über ihre Fortschritte freute, manchmal schmerzte

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