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Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln

Titel: Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Vater angemerkt, als er ihn vor kurzem in das eigene Kontor geholt hatte.
    » Du bist nun erwachsen. Es wird Zeit, tiefer und gründlicher als bisher die Verbindungen unseres Handelshauses kennenzulernen. Auf dich warten weit verzweigte Bündnisse, Partnerschaften und Handelsbeziehungen, deren Zusammenhänge du kennen und verstehen musst«, hatte er seine Entscheidung begründet. Cornelisz zaghaft vorgetragene Bitte, er möge ihn wenigstens vorübergehend, für ein paar Monate, in eine der großen Malerwerkstätten zur Ausbildung geben, hatte er mit einer wegwerfenden Handbewegung abgelehnt.
    Nicht, dass ihn diese Entscheidung überrascht hatte, aber warum hatte es sein Vater plötzlich derart eilig gehabt, ihn von Cohn weg und ins eigene Kontor zu holen? Vielleicht, weil Advocat Cohn ihn von allem Wichtigen ferngehalten hatte? Hatte der Vater seinerzeit etwa darauf spekuliert, der Sohn würde die Gelegenheit nutzen und die Geschäfte des Advocaten ausspionieren können? Dabei hatte man ihm, dem Lehrjungen, natürlich nichts von Bedeutung anvertraut. Den lieben langen Tag hatte er Listen kopieren müssen, und die einzigen Informationen, die ihm zugänglich waren, bezogen sich auf Nebensächlichkeiten! Dennoch hatte er aushalten und mehr als zwei Jahre mit sinnloser, stupider Tätigkeit vergeuden müssen.
    Der Tuchhandel, einst das wichtigste Standbein des Hauses van de Meulen, war dort inzwischen gänzlich zum Erliegen gekommen, da der Advocat seinen Schwerpunkt auf den Bergbau verlegt hatte. Zumindest das hatte Cornelisz mitbekommen. Den Advocaten interessierten Silber und andere Erze, deren Abbau im fernen Deutschland er von einer Vereinigung verschiedener Geschäftsleute abwickeln ließ. Niemand wusste Genaues über diese Unternehmungen, schon gar nicht, wer die Abnehmer waren, welche Handelsherren sich daran beteiligten oder wer mit wem welche Absprachen getroffen hatte. Geschäfte dieser Art waren neu in Antwerpen, und niemand sah es gern, wenn ein Neuling die Nase vorn hatte. Doch nicht das allein kreidete man dem Advocaten an. Zweierlei nahm man ihm übel: einmal natürlich die Geheimniskrämerei, vor allem aber, dass er seine Geschäfte unter Mitarbeit von Londoner Partnern tätigte und nicht der hiesiger Companien. Keiner der Antwerpener Kaufleute wurde einbezogen. Fremde Agenten und Handelshäuser aber, die mitten unter ihnen agierten, sie jedoch weder an den Unternehmungen partizipieren noch sich in die Bücher schauen ließen, waren das Letzte, was die Antwerpener in ihren Mauern dulden wollten. So schnitten und übergingen sie Cohn, wo sie nur konnten. Dennoch füllten sich die Kassen des Advocaten, wenn man den Andeutungen aus Bankierskreisen glauben durfte. Cornelisz hatte allerdings nie etwas Genaues in Erfahrung bringen können. Weder konnte er von irgendwelchen ungewöhnlichen oder besonders lukrativen Geschäften berichten, noch konnte er Zahlen oder Namen nennen.
    Wie die anderen Antwerpener Kaufherren störte sich auch Willem van Lange mit der Zeit an den undurchsichtigen Geschäftspraktiken des Advocaten. Deshalb hatte er die Konsequenzen gezogen und seinen Sohn und Erben von dort weggeholt und in sein eigenes Haus beordert. Cornelisz solle den Schreibkram den Schreiberlingen überlassen, hatte er bereits am ersten Tag befohlen, als sein Nachfolger würde er nicht länger mit tintenverschmierten Fingern hinter einem Pult sitzen. Stattdessen waren sie zur Sitzung gegangen, wie die vertraulichen Treffen mit anderen Kaufmännern und Ratsherren genannt wurden. Offiziell ging es dabei um die Vorbereitung von Entscheidungen der Ratsversammlung, aber im Grunde standen auch hier die eigenen Geschäfte im Mittelpunkt.
    Wie er diese Treffen hasste, bei denen er mit niemandem über ein Thema sprechen konnte, das ihn interessiert hätte, so dass er sich stets überflüssig und fehl am Platze fühlte. Schon früher waren sie für ihn ein Spießrutenlauf gewesen. Vaters Freunde klopften ihm zwar wohlwollend auf die Schulter und plauderten freundlich mit ihm, fragten auch nach seinen Vorlieben und Fortschritten, lachten und scherzten sogar, bis dann irgendwann der Moment kam, wo er regelrecht examiniert wurde. Und der kam unweigerlich! So auch dieses Mal: Ratsherr Schulte hatte ihn über die hessischen Maße und Gewichte ausgefragt, und es endete, wie es enden musste. Als er dann mit hochrotem Kopf und stotternd den Blick des Vaters suchte, wandte der sich ab und ließ ihn schmoren.
    Wo andere Väter ein Herz

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