Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
Oktanten aus dem Gürtel und suchte polaris, den nördlichen Leitstern. Er fand ihn sofort. Und tatsächlich stand er genau dort, wohin die Karawane gehen wollte: tief am nördlichen Nachthimmel. Der Mann war offenbar ehrlich zu ihnen.
Die Wüste lag schweigend da. Miguel fröstelte und ging zurück zum Feuer.
» Miguel, auf ein Wort.« Cornelisz war wach, er hatte auf ihn gewartet. Er schaute verlegen, das erkannte Miguel sogar bei diesem mangelhaften Licht.
Aufmunternd lächelte er ihm zu und kauerte sich neben den jungen Mann. » Was ist los? Hast du Schmerzen?«
» Nein! Ich meine, ja, aber … Also, das ist es nicht. Ich kann mich nur nicht erinnern, was geschehen ist. Wie war das mit dem Unglück?«, fragte Cornelisz.
» Nun, ich würde sagen, es ist eine Gnade, das vergessen zu haben!« Miguel räusperte sich. » Also, du weißt aber noch, dass ich Steuermann auf der San Pietro war? Gut. Um es kurz zu machen: Der Kapitän war ein Narr, ein Scharlatan! Mein Vater, Gott hab ihn selig, seines Zeichens Schiffszimmermann, hätte es besser gemacht als der, viel besser. Der hätte uns nicht in Grund und Boden gesegelt.« Immer noch geriet er in Weißglut, sobald er nur an Kapitän da Palha dachte.
Cornelisz’ Augen waren stumm auf ihn gerichtet. Er wartete geduldig, dass Miguel weitersprach.
Miguel räusperte sich erneut. » Der Mast war gerade runtergekommen, und wir nahmen viel Wasser auf, von dem Loch in der Bordwand, verstehst du? Jedenfalls hatten wir schon ordentlich Schlagseite, als du dich an Deck in einem Tau verheddert hast. Ich gab dir mein Messer, und du konntest dich befreien. Dann bin ich gesprungen, du bist gesprungen, und irgendwie müssen wir uns wohl bis an Land durchgeschlagen haben. Mehr weiß ich auch nicht. Als ich am Ufer wieder zu mir kam, bist du jedenfalls gerade an Land gekrochen. Na ja, und dann habe ich dein Bein versorgt und bin ein wenig umhergeklettert, um nach weiteren Schiffbrüchigen zu suchen. Aber der Einzige, den ich fand, war dein Vater, tot, und ich habe ihn unter Steinen am Strand begraben. Die Stelle oberhalb der Bucht habe ich markiert, falls du das Grab einmal suchen solltest. Tja, was soll ich sonst sagen? Du bist mehrmals ohnmächtig geworden, deshalb habe ich dich auf dem Rücken hierhergeschleppt. Das war eigentlich schon alles. Ach ja, dein Vater hatte irgendwelche Papiere bei sich. Sie sind nass geworden und liegen dort drüben auf den Steinen zum Trocknen.«
Cornelisz lauschte mit gesenktem Kopf. Er hockte neben dem Feuer, das bandagierte Bein von sich gestreckt, das gesunde angewinkelt. Jetzt hob er den Kopf. Die Augen brannten, als er sich vergewisserte: » Es war also nicht mein Vater, der mich gerettet hat? Ich meine, ich bin wirklich gesprungen und geschwommen und aus eigener Kraft an Land gegangen?«
» Sim, claro, gewiss doch, so wahr ich Miguel heiße. Obwohl ich wirklich nicht sagen würde, du seiest an Land gegangen! Gekrochen bist du, auf allen vieren, und das trotz der vielen Blessuren und dem zerschmetterten Bein. Alle Achtung, kann ich dazu nur sagen.«
Verdammt, was gab es da zu heulen, dachte Miguel, als er das Glitzern von Tränen in Cornelisz’ Augen bemerkte. » Aus eigener Kraft, wie ich schon sagte. Ah, ich sehe, das Brot ist fertig. Bist du hungrig? Ich könnte ein halbes Schwein verdrücken, aber darauf werde ich wohl warten müssen, bis ich wieder zu Hause bin. Die Mauren verabscheuen nämlich das Fleisch der Schweine, für sie ist es unrein, heißt es.«
Das Essen bestand aus dampfenden Fladenbroten, die in der heißen Asche unter der Feuerstelle gebacken worden waren, einer Handvoll Datteln sowie einem Schluck säuerlich vergorener Kamelmilch für jeden. Es wurde schweigend eingenommen. Gleich danach legten sich die Männer Decken um die Schultern, zogen ihre Kapuzen über das Gesicht und ließen sich an Ort und Stelle zum Schlafen nieder. Auch Cornelisz schlief ein, kaum, dass sein Kopf auf der Decke lag.
Eine friedliche Stimmung lag über dem Lager. Im Lichtschein der Feuer ruhten die Männer hinter ihnen wie ein lebendiger Schutzwall, die dunklen Schatten der stetig mahlenden Kamele. Nur hin und wieder brummte eines der Tiere, ein Hund bellte in die Nacht, oder eines der Feuer knackte, sonst war alles still. Es gab keinen Wind in den Wanten, kein Knarren von Holzplanken, kein Glucksen und Rauschen von Wasser, dachte Miguel. Aber trotzdem, was für ein grandioses Gefühl, am Leben und in Sicherheit zu sein.
» Mit der
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