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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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wenigstens, wie er es anstellen musste, um an ein paar Münzen zu gelangen. Er brauchte nur im Vorübergehen seine schmale Hand in die Tasche eines Mannes zu stecken, schon konnte er mit zwei Fingern ein Geldstück herausziehen. Am besten arbeitete er mit seinem großen Freund Emmanuele zusammen, der sich um ihn kümmerte und ihm sogar versprochen hatte, ihn eines Tages in die Gilde der Taschendiebe einzuführen. Sie mussten allerdings weiter üben, noch waren seine Finger nicht geschmeidig genug. Während Emmanuele den Mann ablenkte, sollte er unbemerkt mehrmals in dessen Tasche greifen, so lautete das Ziel. Mit Emmanueles Hilfe würde er das sicher bald hinkriegen. An den Buden der Bäcker und der Obst- und Gemüsehändler am Rialto arbeiteten sie bereits jetzt schon sehr gut zusammen. Einer von ihnen brachte zum Beispiel einen ordentlich aufgeschichteten Stapel von Zwiebeln oder Orangen durcheinander oder drückte provozierend an einem Kohlkopf herum. Kam dann der Händler mit drohend erhobener Faust herbeigerannt, um seine Ware zu schützen, konnte sich der andere eine Melone schnappen und abhauen.
    » Das Wichtigste bei alldem«, bläute ihm Emmanuele jeden Tag aufs Neue ein, » ist das rasche Untertauchen, wenn die signori di notte erscheinen. Das ist lebenswichtig, vergiss das niemals. Ganz gleich, um welche Beute es geht: Wenn du einen schwarzen Umhang siehst, schmeiß sie fort und renn weg.«
    Die Geheimpolizei des Rates der Zehn verhielt sich ganz und gar nicht geheim. Vielmehr stolzierten die capi offen in der Stadt umher, ließen dabei auch schon mal die Waffen unter ihren schwarzen Capes hervorblitzen und kontrollierten alles und jeden. Sie waren berüchtigt für ihre Willkür, Grausamkeit und Macht, so viel hatte er inzwischen verstanden. » Kommen sie dir zu nahe, verziehst du dich. Haben sie dich aber erst richtig im Visier, flüchtest du dich am besten an Bord eines Schiffes, das ans andere Ende der Welt segelt.« Filippo wollte nicht ans andere Ende der Welt, er wollte hierbleiben und ein erfolgreicher Taschendieb werden.
    Dieses verrückte Weib allerdings musste schleunigst verschwinden. Eben noch hatte sie sich gekugelt, dass sie vor Lachen einen Schluckauf bekam, und jetzt heulte sie zum Steinerweichen.
    Es war im letzten Frühling gewesen, als er selbst zuletzt so schrecklich geweint hatte. Männer hatten seine Mutter aus dem Haus getragen, obwohl sie elend und krank war, hatten ihre Sachen hinterhergeworfen und ihnen beiden bei Strafe verboten, das Haus noch einmal zu betreten. Es gehöre nun einem Fremden, hatten sie behauptet. In dieser Nacht starb seine Mutter. Seitdem aber hatte er überhaupt nicht mehr geweint. Ob sie auch ihre Mutter verloren hatte und nun ganz allein war?
    War sie dabei, den Verstand zu verlieren? Dieser Tag brachte ihr das größte Unglück, und sie fand es komisch? Inzwischen taten ihr die Seiten weh vom Lachen, und gleichzeitig strömten ihr Tränen über das Gesicht. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, sie von den Wangen zu wischen, es war ihr alles egal. Irgendwann versiegten die Tränen, und nur noch hin und wieder schüttelte sie ein Schluchzer. Und wenn schon, dachte sie, was tat es, wenn sie zu guter Letzt auch noch den Verstand verlor? Alles andere hatte sie doch sowieso schon verloren, die Heimat, die Eltern, ihre Liebe und ihr Lebensziel – vielleicht wäre es gut, wenn sie nichts mehr mitbekommen und verstehen müsste? Möglicherweise vergaß sie dann eines Tages sogar, was Marino ihr heute angetan hatte . Hure hatte er sie genannt, puttana, unaufhörlich drehte sich dieses Wort in ihrem Kopf. Wie sehr musste er sie verachten.
    Erschöpft lehnte sie den Kopf an die Mauer in ihrem Rücken. Sie gab ihr Schutz, ebenso wie die steinerne Treppe über ihrem Kopf. Während Kopf und Hals erglühten, drang zugleich die Nachtkälte in Beine und Arme, in jede Faser ihres Körpers. Sie schlang die Arme um sich.
    Marino hatte sie schrecklich getäuscht. Allerdings, war sie nicht auch selbst schuld? Oder hatte sie auch nur einen Moment gezögert, als er ihr Komplimente und schöne Augen machte? Zurückhaltung sah wahrlich anders aus. Wie aber sollte sie wissen, dass ein weltgewandter Mann derart unehrenhaft handeln konnte? Pacellis Bemerkung über Marinos Versuch, eine Purpurfärberei aufzubauen, fiel ihr ein. Wut überkam sie, Wut und Empörung, gemischt mit Scham. Während sie jedes seiner Worte für die reine Wahrheit gehalten hatte, hatte er ihr etwas

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