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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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sonst Lâlla Mirijam und Sîdi Miguel je wieder unter die Augen treten? Sollte sie Sarah nicht finden und nicht beschützen können, war an eine Rückkehr in ihr Dorf nicht zu denken. Mit beiden Händen walkte Yasmîna den Teig.
    Furchtbar, wie dieser Kapitän Capello ihre Herrin behandelt hatte. Man müsste Sîdi Miguel alles berichten, der Herr würde Mittel und Wege kennen, den venezianischen Kapitän zur Eheschließung zu bringen. Wenn sie Lâlla Sarah gefunden hatte, konnten sie aber auch zusammen nach Mogador gehen, wo sie Hilfe finden würden. Oder in dieses kleine Dorf, wo seinerzeit schon Sarahs Mutter Zuflucht gefunden hatte. Insha’allah, wenn sie sich beeilten, konnten sie vielleicht noch vor der Geburt … Andererseits, mit einem Kind ohne Vater? Nun, zuerst musste sie die Herrin erst einmal finden.
    Die ungewohnten Gedanken beschwerten Yasmîna den Kopf und trieben ihr Tränen in die Augen. Wie sehr sie jetzt bereute, Lâlla Mirijam und Sîdi Miguel nicht in Sarahs Pläne eingeweiht zu haben. Was, wenn ihrer Herrin in dieser von Kanälen durchzogenen Stadt etwas zugestoßen war? Immerhin war sie in stockdunkler Nacht davongerannt. Und wenn sie an die Kerle zurückdachte, die sie überfallen hatten … Nachdem schon Kapitän Capello sich gemein wie der allergeringste Hund aufführte, wie benahmen sich dann erst die anderen Männer von Venedig? Immer wieder sandte Yasmîna kleine Stoßgebete an den Heiligen ihres Heimatdorfes nahe Mogador und an den Propheten Mohammed, Allah sei ihm gnädig, und bat sie inständig um Schutz für Lâlla Sarah.
    Endlich hatte der Teig die richtige Konsistenz. Yasmîna formte zwei Brote und schob sie in den Ofen. Dann wischte sie den Schweiß von der Stirn und rollte die Ärmel herunter. » Wo sind meine Bündel?«, fragte sie Bernardo.
    Der zuckte mit den Schultern und pulte weiter in seinen Zähnen.
    » Hol sie, ich brauch frische Sachen. Und dann lass mich allein, ich will mich waschen.« Sie unterstrich ihre Worte mit klaren Gesten. Sie wunderte sich selbst über ihren energischen Ton, aber instinktiv wusste sie, diesem Bernardo gegenüber sollte man keine Schwäche zeigen. Der Mann war ihr von Herzen zuwider.
    » Denkst du, ich hab noch nie eine nackte Frau gesehen? In diesem Haus?« Er lachte höhnisch.
    » Das geht mich nichts an. Du weißt, was die Herrin gesagt hat. Also mach.«
    Sie beugte sich zum Ofen, um die Hitze für das Brot zu prüfen.
    Als sie die Hände des Mannes auf ihrem Hinterteil spürte, erstarrte sie zunächst vor Schreck. Doch als er um ihre Taille griff und mit der anderen Hand ihre Röcke hochschlug, kam Leben in sie zurück. Laut schreiend packte sie das Nächstbeste, das sie erwischen konnte, und wirbelte damit zu Bernardo herum. Es war der Kessel, den sie ergriffen hatte, und in hohem Bogen schüttete sie ihm die heiße Suppe ins Gesicht.
    *
    Sie wichen den Händlern aus, die ihre Weinfässer über die fondamenta rollten, und den kleinen Handkarren, auf denen Bündel von Brennmaterial sowie sackweise Salz und Mehl zu Kunden transportiert wurden, und stiegen die wenigen Stufen des Anlegers hinunter. » Bring uns zum Ponte di San Girolamo«, sagte Emmanuele zum Gondoliere, der ihnen ins Boot half. Dieser stieß das Boot von der Kaimauer ab, und sie reihten sich ein in den Verkehr auf dem Canal Grande.
    Leere Fässer, angekohlte Bretter und halb verbrannte Kisten trieben ihnen entgegen. » Wo hat es denn gebrannt?«, erkundigte sich Emmanuele.
    » Was weiß ich«, knurrte der Ruderer. » Jedenfalls werden die Leute dort heute Nacht kaum gefroren haben. Dies ist der kälteste Herbst, an den ich mich erinnern kann«, stöhnte er. » Bereits seit Mitte September bildet sich nachts eine Reifschicht auf den Stufen der Anlegestellen. Das ist doch nicht normal!«
    Sarah hörte die Unterhaltung und hörte sie doch nicht. Sie zitterte. Doch nicht die klamme Kälte allein machte, dass sie sich schlecht fühlte. Gegen ihren Willen kreisten ihre Gedanken um Marino. Gestern hatte er ihr sein wahres Gesicht gezeigt, warum ging er ihr dennoch nicht aus dem Kopf? Sie schlang die Arme um sich, krümmte sich zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Niemand sollte ihre Tränen sehen.
    Wie hinter einem Schleier glitten Paläste, Menschen und Boote an ihr vorüber. Herbst, hatte der Ruderer gesagt, so lange war sie also schon unterwegs. Im Herbst zogen nasskalte Stürme über die Küsten von Mogador und Santa Cruz. Ihre Eltern – ob sie nach ihr suchten? Das Kind

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