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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Unsinn?«
    Lea beugte sich über den Tisch. » In drei Tagen ist Vollmond. Gib sie mir, nur diesen einen Tag und diese Nacht, und ich will versuchen, sie unempfänglich zu machen. Einen Tag und eine Nacht, was ist das schon gegen ein ruhiges Leben?«
    » Du hörst dich selbst an wie eine Besessene, die sich die Welt nur mit Hexerei und Geisterglauben erklären kann. Du als Jüdin solltest es besser wissen! Wo hast du deinen Verstand gelassen?«
    » Ich weiß, was ich weiß. Nur weil wir Juden belesene Leute sind, müssen wir doch nicht gleich von uralten Mythen und überliefertem Wissen abrücken. Du musst mir glauben, mit dem Ausräuchern eurer Räume wollte ich der Kleinen nur helfen.«
    » Das glaube ich dir, aber ich kann es nicht gutheißen. Du hast mich vorhin zu Tode erschreckt.«
    Lea nickte. Ihr rundes, freundliches Gesicht verzog sich, und in ihren Augen schimmerten Tränen. » Überlass sie mir, du wirst es nicht bereuen. Lass mich wenigstens dieses Ritual zu Ende bringen.«
    » Niemals.«
    Früh am nächsten Morgen erschien Juan García Gómez in Begleitung eines Lastenträgers. Der Träger schnaufte, als er einen Sack mit Lederpantoffeln und Sandalen in Sarahs Werkstatt ablud, während sein Herr nach einer schwungvollen Verbeugung ein Bündel mit Tüchern auf ihren Tisch legte. » Da bin ich wieder. Und schon hätten wir alles Nötige für unser wunderbares, gemeinsames Geschäft beisammen!«, sagte er und strahlte Sarah an.
    In der vergangenen Nacht hatte sie kaum ein Auge zugetan, immer wieder hatte sie die Lampe entzünden und ihr schlafendes Töchterchen betrachten müssen. Wie jemand von Besessenheit angesichts dieses unschuldigen Kindes sprechen konnte, war ihr ein Rätsel.
    Sarah fühlte sich plötzlich sehr allein. Bisher war Lea ihr immer als eine warmherzige und lebenskluge Frau erschienen, und nun?
    Irgendwann hatte sie ihren afrikanischen Lederbeutel hervorgekramt und im Halbdunkel dessen Stickerei betastet. Dicht an dicht saßen die Perlen, sie ergaben ein Bild aus gezackten Linien und farbigen Feldern. Jede Farbe und jede Linie symbolisierte etwas, das wusste sie, aber worum es sich dabei handelte, darüber war nie gesprochen worden. Allerdings kam diesen alten afrikanischen Mustern bei Zeremonien eine besondere Bedeutung zu, auch das wusste sie.
    Sobald sie den Beutel geöffnet hatte, hatte sich ein feiner Kräuterduft im Raum verteilt. Sarah hatte ihn tief in sich eingesogen und sich augenblicklich ruhiger gefühlt. Für sie steckten darin keine Zauberkräfte, sondern Erinnerungen an Aisha, an ihre Kraft und ihre Freundschaft. Sie war in jeder Beziehung eine Fremde gewesen, als wesentlich ältere Frau, als Schwarze und als Heilerin. Doch trotz der Unterschiede war Aisha ihr eine Vertraute, eine mütterliche Freundin gewesen. Musste sie ihre Freundschaft zu Lea also vielleicht doch nicht begraben?
    Wie ein frischer Wind fegten die Lebensfreude des spanischen Händlers und seine Unternehmungslust diese Nachtgedanken beiseite. Begeistert von seiner Geschäftsidee breitete der Spanier das Mitgebrachte aus: Tücher in verschiedenen Größen und leuchtenden Farben, allesamt gesäumt und geglättet, aber noch ohne jede Verzierung.
    » Und hier drin«, er deutete auf den Sack, » befindet sich, was ich gestern in der Eile zusammentragen konnte: hauptsächlich Pantöffelchen für Frauen. Wie sollen wir nun weiter vorgehen? Keine böhmischen Perlen, das sagtet Ihr bereits, und nicht so aufwändig verziert wie Eure eigenen Schuhe. Aber vielleicht könnt Ihr einfachere Muster, äh, wie sagt man: aufnähen? Ich meine, eher so etwas mit Linien oder Punkten?«
    » Sticken, Señor, man nennt das sticken.« Sarah lächelte nachsichtig. » Das jedoch lasst getrost meine Sorge sein. Das Besticken der Tücher geht schnell, wenn man sich auf die Kanten beschränkt.« Sie griff in einige geöffnete Schachteln, nahm jeweils ein paar Perlen heraus und legte ein Muster an den Rand eines roten Tuches. Nach mehreren kleinen Kügelchen kam ein größerer Tropfen, flankiert von glänzenden Silberscheibchen, und schon wirkte das schlichte Tuch wie für ein Festtagsgewand gemacht. Sarah legte den Kopf schräg, korrigierte das Muster, dann trat sie beiseite. » So ungefähr.« Sie fühlte, wie gut ihr die Beschäftigung mit dem tat, was sie wirklich beherrschte.
    Der Händler nickte. » S ehr hübsch. Vielleicht könnte man noch etwas mehr Farbe …? Ich dachte daran, meine Handelsreise auf die Dörfer zwischen Melilla,

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