Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Miknas und Féz auszudehnen, und Frauen in dörflichen Gegenden lieben es bunt.«
Sarah nickte. » Ihr reist bis nach Miknas? Dort kenne ich ein junges Mädchen, jedenfalls wohnte es im vergangenen Sommer dort. Es liebte meine Sandalen … Nun gut. Schuhe dauern übrigens länger, weil das feste Leder schwer zu durchbohren ist. Und sollten wir zu dieser Jahreszeit nicht lieber Stiefel anbieten? Der Winter steht vor der Tür.«
» Nichts Praktisches, nein, nein. Frauen brauchen etwas, das ihren Sinn für Schönheit anspricht, versteht Ihr?«
Sarah zuckte mit der Schulter. » Wie Ihr meint.«
Juan García Gómez blickte Sarah prüfend an. Warum klang sie auf einmal müde und resigniert? Slimane hatte kaum etwas über die junge Frau erzählt, eigentlich nur, dass sie eine Meisterin ihres Fachs sei. Eine Venezianerin, die Luxusdinge herstellte? Das beeindruckte die verwöhnten Spanier sicherlich, auch die anspruchsvollen Leute in Féz und Miknas schätzten das Besondere und liebten gute Handwerkskunst.
Eigentlich konnte er zufrieden sein, er hatte längst ein gutes Auskommen als Händler spanischer Fliesen, vor allem, wenn man die schwierigen Anfänge bedachte, aus denen er sich emporgekämpft hatte. Derzeit jedoch könnten die Geschäfte besser gehen. Vielleicht aber ergaben sich ja jetzt, nach dem Ende der Kämpfe und mit Sarahs Hilfe, neue Möglichkeiten? Reden konnte er, und aufs Verkaufen verstand er sich ebenfalls.
Juan öffnete seine Arme zu einer weit ausholenden Geste, die Tische, Stoffe, Perlenvorräte und alles Sonstige umfasste. » Na dann, an die Arbeit«, grinste er. » Am besten gleich!«
Sarah lachte. » Wann plant Ihr aufzubrechen? Ich meine, weiß man eigentlich, ob die Gefechte tatsächlich zu Ende sind? Davon hängt doch alles Weitere ab, nicht wahr? So habe ich Euch jedenfalls verstanden. Womit handelt Ihr eigentlich sonst noch?«
Juan räusperte sich. » Bisher habe ich außer mit Slimanes Kupferkannen und Tabletts hauptsächlich mit Keramikfliesen gehandelt, Ihr wisst schon, spanischen azulejos und alicatados, mit denen man Fußböden und Wände schützt und verziert. Sie werden in Andalusien hergestellt, eigens für jeden Kunden, und sind recht teuer. Jetzt wird man vermutlich etliche Häuser reparieren oder sogar neu aufbauen müssen, so dass ich auf gute Aufträge hoffe.« Der Händler legte den Finger an die Nase. » Wann genau ich aufbreche, hängt davon ab, wie schnell Ihr mit der Arbeit vorankommt. Mit einer kleinen Auswahl könnte ich vorab schon mal auf den Märkten hier in Melilla beginnen, um erste Erfahrungen zu sammeln. Und sobald Ihr eine ordentliche Menge beisammenhabt, schnüre ich meine Bündel und bahne mir meinen Weg zu den Geldbeuteln außerhalb Melillas.«
53
Sijilmassa
» In alter Zeit hatte ein König bei dem Versuch, die Festung einer strahlenden und großen Stadt zu erobern, mit einer solchen Unnachgiebigkeit gewütet, dass die Mauern zerbarsten, die Brunnen einfielen und alle Palmen verdorrten. Die Bewohner jener Stadt packten die Reste ihrer Habe zusammen und machten sich auf, ihr Heil woanders zu suchen. Als er nun erkannte, dass er König über einen Haufen Ruinen geworden war, ging er hinaus in die Wüste und wurde nie mehr gesehen.«
Saïd nickte, auch die anderen in der Runde murmelten Zustimmung. Der alte caïd, der mit dieser Geschichte auf Husseins Verbohrtheit und Tod anspielte, meinte es sicher gut. Aber lieber wäre es ihm gewesen, die versammelten Händler, Marktaufseher, Vertreter der Stadtviertel und Dorfältesten aus der Umgebung hätten sich jetzt, nachdem beide Verstorbenen auf dem Totenacker vor der Stadt begraben waren, wieder auf den Heimweg gemacht.
Außer Rabia hatte niemand um Malika und Hussein getrauert. In gewisser Weise waren alle erleichtert, als sie ihre leblosen Körper in weiße Tücher wickeln, in die ausgehobenen Gräber legen und sie mit Sand und Erde bedecken konnten. Als an Kopf- und Fußende der Grabstellen die Steine aufgerichtet wurden, fiel Saïds Blick auf Hamids grimmiges Gesicht. Beide dachten sie an das symbolische Grab neben seiner Schlafstätte.
Inzwischen waren die vorgeschriebenen Gebete verstummt, und in der Kasbah herrschte Schweigen. Die Besucher im luftigen Terrassenzimmer der Wohnburg, das seit alters her für offizielle Zusammenkünfte genutzt wurde, dachten allerdings nicht daran zu gehen. Vielmehr steckten sie die Köpfe zusammen und tauschten letzte Neuigkeiten aus, doch in Wahrheit, so schien es,
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