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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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sie warteten. Nurzah nahm sie in den Arm und drückte sie. Dann küsste sie ihnen die Stirn und wischte ihre Tränen fort.
    » Dies«, sagte sie mit freundlicher, aber fester Stimme und ernstem Blick, » waren eure letzten Kindertränen. Nur Kinder weinen in der Öffentlichkeit. Ihr aber seid Töchter der Aït el-Amin. Ihr werdet euch ab heute zusammennehmen, die Köpfe hoch tragen und mit untadeligem Verhalten eurer Familie und besonders euren Eltern Ehre machen. Allah helfe euch dabei.«
    Während Amina schluchzte und Mühe hatte, Nurzahs Worten zu folgen, nickte Safia. » Es ist nur, weil …«
    » Ich weiß«, unterbrach Nurzah, » doch es hilft nichts. Zunächst werden wir festlegen, welche Räume ihr in Zukunft bewohnen wollt und wer eure Dienerin sein soll. Denkt außerdem daran, eure Brüder werden bald zurückkehren. Auch für sie muss Vorsorge getroffen werden.«
    Cherif war alt genug, überlegte sie, er würde vermutlich im einzigen männlichen Haushalt der Kasbah, dem seines Onkels Saïd, wohnen. Aber der kleine M’Barek? Und wer sollte Saïd den Haushalt führen? Und Azîza? Sie sorgte sich um ihre Tochter, schon lange hatte sie keine Nachricht mehr von ihr erhalten . Nurzah seufzte, dann aber straffte sie sich. Es warteten unzählige große und kleine Entscheidungen.
    » Zunächst müssen wir überprüfen, welche Vorräte es noch gibt«, fuhr sie mit neuem Schwung fort, » in welchem Zustand die Brunnen und Gärten sind, wie es unseren Dienern geht, ob etwas in der Kasbah zerstört wurde, was mit der Einrichtung und den Wertsachen geschehen ist, und vieles mehr. Ihr beginnt damit in euren bisherigen Räumen, dort kennt ihr euch am besten aus. An die Arbeit, Mädchen, und denkt daran, wir können wieder frei entscheiden. Die Osmanen sind vertrieben. Heute Abend nehmen wir das Nachtmahl gemeinsam ein, bis dahin sollten wir mehr wissen.« Sie nickte ihnen aufmunternd zu, bevor sie in dem langen dunklen Gang verschwand, der zu der großen Küche und den Vorratsräumen führte.
    *
    Abderrahman, Abu Youssef und der alte Amron wussten, dass Sheïk Saïd klare Vorstellungen hatte und seine Aufgaben ernst nahm. Aber er ließ sich auch beraten. Vor allem handelte er niemals überhastet. Jedes Argument wurde sorgfältig erwogen, bevor er entschied. Also hieß es abwarten.
    Die drei hatten sich bereit erklärt, dem neuen amghar in dieser schwierigen Anfangszeit und bis er einen festen Beraterkreis erwählt hatte, zur Seite zu stehen. Sie waren angesehene Männer in Sijilmassa und kannten ihre Pflichten.
    Das gegenwärtige Problem aber betraf Sheïk Saïds Familie unmittelbar.
    » Du hast recht, Abu Youssef, es kommt nur eine harte Strafe in Frage«, flüsterte Abderrahman, der Handwerker, seinem Nachbarn zu. » Mir scheint ebenfalls nur der Tod denkbar. Vergeltung muss sein.« Der alte Jude nickte, auch für ihn war die Sache eindeutig. Amron, der Schreiber, aber schien anderer Meinung zu sein. » Das mag sein«, raunte er den anderen zu, » dennoch bin ich der Meinung, dass sein Tod niemandem etwas nützt.«
    Während sich die drei Männer leise berieten, stand Saïd am anderen Ende des Raumes am Fenster und blickte hinunter in den Hof. Chaled, der sich als zuverlässiger junger Mann erwiesen hatte und Botengänge für ihn erledigte, wartete neben dem Tor. Auch Abdul und seine Männer hatten den Dienst am Eingang der Burg wiederaufgenommen. Zum Glück hatte sich die alte Kasbah, sein Zuhause, binnen kürzester Zeit neu belebt. Nicht nur seine Mutter und Brahims Töchter waren zurückgekehrt und richteten sich häuslich ein, auch Dienerinnen, Wäscherinnen und Köchinnen, Schreiber, Wächter, Helfer und alle anderen, die vorübergehend irgendwo in der Stadt untergekommen waren, nahmen ihr Leben wieder auf. Es wurde geputzt und geräumt, gekocht und gewaschen, und er hatte sogar schon lautes Gelächter gehört. Vorhin hatte er zwei Jungen dabei beobachtet, wie sie frech den Gang einer Frau imitierten, und sich darüber amüsiert. Er war froh zu erleben, wie der Alltag Einzug hielt.
    Heute, am dritten Tag nach Husseins Begräbnis, kam es ihm allerdings vor, als seien sie in die dunkle Zeit zurückgeworfen. Auf der Ebene über dem Flusstal hatte man Alî al-Agurram gefunden, den osmanischen Imam. Mit einer Verletzung am Bein, die ihn an der Flucht hinderte, hatte er sich in einer foggara verkrochen, einem der unterirdischen Bewässerungskanäle.
    In einer seiner ersten Anordnungen als amghar hatte Saïd veranlasst,

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