Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
schön. Sarah strich mit dem Finger darüber. Noch fehlte keine einzige der Perlen, die sie damals sorgfältig mit gewachsten Fäden aufgenäht hatte. Sie erinnerte sich gut, wie mühsam die Arbeit gewesen war, es handelte sich immerhin um Kamelleder, und sie hatte jedes Loch einzeln vorbohren müssen. » Das Muster habe ich selbst gestickt«, flüsterte sie zurück.
» So etwas kannst du?«, staunte Azîza.
» Das ist noch gar nichts«, mischte sich Yasmîna ein und neigte sich ein wenig näher zu Azîza. » Du solltest mal ihre Kleider oder Schleier sehen«, wisperte sie. » Lâlla Sarah ist eine Meisterin der Perlenstickerei und besitzt unendlich viele kostbare und schöne Perlen.« Mit sichtlichem Stolz blickte sie auf ihre junge Herrin.
» Sie sind wunderhübsch.«
Sarah lächelte. » Möchtest du sie haben?«
Ein Strahlen ging über Azîzas Gesicht, und sie nickte begeistert. Doch als sie eine der Sandalen überstreifte, wurde schnell klar, dass die Schuhe zu groß für ihre kleinen Füße waren.
Von außerhalb des Grabens drangen plötzlich Geräusche zu ihnen herunter, Schritte, Lederknarren und halblautes Murmeln. Die Frauen verstummten. Sie kauerten sich eng zusammen und duckten sich unter ihren Schleiern. Die Gefahr, die sie für einen kurzen Moment vergessen hatten, war zurück.
14
Die Schritte kamen näher, dann hörte Sarah ein zufriedenes: » Al hamdullillah! « Zögernd hob sie den Kopf. Über ihr, am Grabenrand, tauchte Hamids lachendes schwarzes Gesicht auf. » Sie sind noch da, Sîdi!«, rief der Diener über seine Schulter.
» Dachtest du etwa, wir wären in der Zwischenzeit auf den Souq gegangen?«, fragte Azîza und krabbelte aus ihrem Winkel hervor. So rasch sie konnte, verließ sie den Graben, ordnete den Schleier und klopfte ihr Gewand sauber. Die Männer mit den Tieren näherten sich. » Es wird aber auch Zeit, dass ihr uns hier herausholt!«, schimpfte Azîza. » Sind sie weg? Was waren denn das für Männer?« Sie erhielt keine Antwort.
Doch offensichtlich war die Bedrohung vorüber. Erleichtert, der Enge zu entkommen, half nun auch Yasmîna Sarah aus dem Graben. Sarah schüttelte ebenfalls den Staub aus ihren Gewändern, bevor sie einen Schritt auf Saïd zutrat. Abrupt blieb sie stehen.
Saïd hing zwischen Hassan und Abdallah, die ihn stützten. Er schien nicht gehen zu können, außerdem war seine Kleidung von Blut getränkt. Unter den Männern befand sich ein Unbekannter mit gefesselten Händen, und anstelle von zwei führten Idriss und Hassan plötzlich sieben Pferde an Zügeln herbei.
Behutsam ließ Abdallah Saïd auf den Boden gleiten. Der junge Berber war so schwach, dass er ohne seinen Karawanenführer gestürzt wäre. Endlich jedoch lehnte er an einem Felsen und rang nach Luft. Niemand sprach, selbst Azîza schwieg. Ihre Augen hatten sich beim Anblick von Saïds blutigem Gewand vor Schreck geweitet. Jetzt eilte sie zu ihrem Bruder und tastete über seine Schultern und Arme. Dabei entdeckte sie die Wunden am Arm. Von solchen Schnitten konnten diese Mengen an Blut allerdings nicht stammen. Schließlich ergriff sie seine Hände und fragte besorgt: » Ist es schlimm? Wo bist du verletzt?«
Saïd schüttelte den Kopf und versuchte ein Lächeln. » … nicht mein Blut«, verstand Sarah. Er deutete auf seine Kehle. » Einer der osmanischen Hunde wollte mich erwürgen«, röchelte er. » Beinahe wäre es ihm gelungen.« Erneut rang er nach Luft. Seine Augen waren blutunterlaufen und lagen in umschatteten Höhlen. Unter der gebräunten Haut wirkte er grau, wodurch die dunklen Würgemale an seinem Hals umso bedrohlicher hervorstachen. Bei diesem Anblick musste Sarah unwillkürlich schlucken. » Hamid konnte es gerade noch verhindern. Er hat mein Leben gerettet.« Saïd nickte dem Schwarzen zu und versuchte erneut ein Lächeln.
» Sîdi, du musst atmen, nicht sprechen.« Hamid legte seinem Herrn die Hand auf die Schulter. » Allah hat mir den Arm geführt, weil deine Zeit noch nicht gekommen war. Möge dir ein langes und schönes Leben vergönnt sein.« Damit ging er zu den neuen Pferden hinüber, um sie in Augenschein zu nehmen. Sarahs Blicke folgten ihm.
Was sie dort sah, entsetzte sie zutiefst. Über jedem der Pferderücken lag bäuchlings ein schlaffer Leichnam. Haupt und Arme hingen auf der einen Seite herunter, die Beine auf der anderen. Die Köpfe und Gliedmaßen schwangen und schaukelten bei jedem Schritt der Pferde. Die Männer waren eindeutig tot.
Handelte es sich
Weitere Kostenlose Bücher