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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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starrte Ken ihn an, als hätte er einen Schwachsinnigen vor sich.
    Rede nur weiter. Du hast ihn schon beinahe überzeugt.
    Sarrakhan, wieso musste er sich überhaupt vor diesem Bengel rechtfertigen?
    »Marielle«, fuhr er Nessa an. »Sie macht doch sonst keinen Schritt ohne dich. Wo steckt sie?«
    In Schwierigkeiten.
    Das erklärte, warum er das Portal in der Halle nicht hatte öffnen können. Weil es keins gab. Sie musste probiert haben, es aufzubauen, doch dann hatte etwas sie unterbrochen. Die Bande vielleicht, die er in die Flucht geschlagen hatte.
    »Was für Schwierigkeiten?«
    »Sir?«, versuchte Ken es erneut.
    Santino ignorierte ihn und fixierte Nessas perlmuttfarbene Augen. Ihr Fell schimmerte flaschengrün, ein schlechtes Zeichen. Der adlige Flohbeutel machte sich Sorgen.
    Sie hat sich von Räubern fangen lassen
.
    »Räuber«, wiederholte er ungläubig.
    Wegelagerer. Kopfgelderpresser. Du weißt schon.
    »Nein, weiß ich nicht.«
    Gewöhnliche Banditen. Die erledigst du mit links.
    Sein Misstrauen stieg um ein paar Grade. Das passte nicht zu Nessa, dass sie ihm Komplimente machte. Aber sie liebte Marielle so innig, wie eine blasierte und größenwahnsinnige Purpurkatze überhaupt jemanden lieben konnte. Marielles Wohlbefinden ging ihr über alles.
    »Na schön. Wo?«
    Ganz in der Nähe.
Nessa tretelte auf der Stelle und schüttelte sich.
Durch den Park und die Straße hinunter. Kommst du?
    Er tastete nach seiner Schulter, die nicht aufhören wollte zu bluten. Bevor er sich in eine weitere Schlacht stürzte, musste er die Wunde verbinden, sonst war er bald zu schwach, um noch für irgendeinen Räuber eine Gefahr darzustellen.
    »Hör mal«, er drehte sich zu Ken um, »ich könnte jetzt wirklich diesen Verbandskasten gebrauchen.«
    Die Lippen des Jungen verzogen sich zu einem verzweifelten Lächeln, das in etwa so viel aussagte wie: Hey, kein Problem, dass du ein Irrer bist, aber bleib mir vom Leib.

    Benommen tappte Ken neben Santino her. Sein Gesicht fühlte sich gleichzeitig taub und wund an. Nur die Nase brannte wie Feuer. Hatten Pats Schläger sie ihm gebrochen? Er wagte nicht, sie auch nur zu berühren. Die Erschütterung seiner Schritte jagte ihm schon Schmerzlanzen in die Stirn hinauf.
    Die Halme im Roosevelt Park reichten ihm bis an die Knie, und das brachte ihn fast noch mehr durcheinander als das dichte Grün der Baumkronen. Solange er sich erinnern konnte, war der Rasen im Park kurz geschnitten gewesen. Im Frühjahr verwandelte er sich in Morast und im Sommer in ein vertrocknetes Stoppelfeld, doch niemals hatte das Gras so hoch gestanden. Vor dem messingfarbenen Horizont jagten schwarze Wolken dahin, obwohl kaum ein Windhauch ging.
    Vielleicht träumte er. Er träumte, oder verlor den Verstand. Ein paar Minuten lang versuchte er sich zum Aufwachen zu zwingen. Er überlegte, sich selbst zu ohrfeigen, ließ die Hand jedoch wieder sinken. Nicht mit der lädierten Nase.
    Falls es aber kein Traum war, würde sein Vater ausrasten, wenn er mit einem wildfremden Mann in der Tür auftauchte, vor allem einem, der aussah, als käme er von einem Schlachtfeld in Mittelerde. Blieb nur zu hoffen, dass Dad vor dem Footballspiel eingeschlafen war. Aus dem Augenwinkel beobachtete er die Katze mit dem merkwürdigen Fell, das andauernd die Farbe wechselte. Inzwischen war er sich sicher, dass dieses Mädchen, deren Kuss er unter der Schwellung noch schmeckte, das Kind gewesen war, das vor neun Jahren die Seidenblume im Depot verloren hatte. So irre das klang. Die Katze konnte kein Zufall sein.
    »Bist du sicher?«, fragte Santino die Katze.
    Ken konnte nicht länger an sich halten. »Reden Sie wirklich mit der Katze?«
    »Sie heißt Nessa.« Schwang da ein Hauch Verzweiflung in Santinos Stimme mit? »Ich weiß, es hört sich verrückt an, aber sie spricht mit mir. Direkt in meinem Kopf.«
    »In Ihrem Kopf.«
    »Bevor du fragst, ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.«
    »Ähm ja, das würde ja jeder behaupten.«
    Santino warf ihm einen Seitenblick zu. Zu seiner Überraschung sah Ken Erheiterung in den dunklen Augen blitzen. »Wie hast du das mit der Sprengkugel gemacht?«
    Okay, dann hatte er sich zumindest diesen Teil nicht eingebildet. Santino hatte es ebenfalls gesehen. Der Stein
war
beim Aufschlag explodiert und hatte das Wolfsmonster pulverisiert.
    »Keine Ahnung«, gab er zu. »Ich hab ihn einfach geworfen. Ich wollte das Vieh ablenken.«
    »Hast du eine magische Begabung?«
    »Ob ich was

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