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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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installiert waren. Sie zeigten Überwachungsbilder vom Hoteleingang, der Tiefgarage, dem Ladehof und dem Korridor mit den VIP-Suiten.
    Marco drückte auf eine Taste. Auf einem leeren Bildschirm erschien das Bild des Tresorraums.
    »Die Kamera«, erklärte Marco, »schießt alle acht Sekunden ein Bild, sobald jemand den Raum betritt. Datum und Uhrzeit sind eingeblendet. Sie kann nicht ausgeschaltet werden, ohne daß auf dem Bildschirm ein entsprechender Vermerk erscheint. Mit welchem Tag wollen wir beginnen?«
    Brodka und Marco einigten sich darauf zunächst die Aufnahmen der letzten drei Tage in Augenschein zu nehmen.
    Die Bilder des ersten Tages zeigten insgesamt sechzehn Besucher im Tresorraum; von den Besuchern blieb Brodka nur eine wohlbeleibte Frau mit aschblonden Haaren im Gedächtnis, die ihre Pretiosen mit bloßer Hand in dem Fach verstaute, als handelte es sich um Holzwolle.
    Auch die Überprüfung des zweiten Tages brachte keine Erkenntnisse, was Schließfach 101 betraf.
    Die Aufzeichnung des letzten Tages – eingeblendeter Zeitpunkt ein Uhr dreißig nachts – versetzte sie in Aufregung.
    »Da! Sehen Sie!« sagte der Portier und zeigte auf den Bildschirm.
    Brodka murmelte: »Das ist doch nicht möglich …«
    Ein Mann mittleren Alters mit dunklem Haar und Hakennase betrat den Tresorraum, öffnete mit einem Schlüssel das Fach 101 und nahm ein Paket heraus, kaum größer als eine Zigarrenkiste.
    »Moment, ich spule das Band zurück!« Aufgeregt drückte Marco eine Taste, und die Aufnahme lief von neuem ab.
    »Ich kenne den Mann irgendwoher«, sagte Brodka, ohne den Blick vom Monitor zu nehmen. »Verdammt! Wenn ich nur wüßte …«
    »Es ist Walter Keyserling, ein Fotograf«, sagte Marco. »Er war bei Arnolfos Beerdigung.«
    »Keyserling?« fragte Juliette, während das Band zum drittenmal ablief. »Er ist kein Italiener?«
    »Er ist deutscher Abstammung und mit einer Italienerin verheiratet. Wenn ich mich recht entsinne, lebt er in Gaeta, auf halbem Weg zwischen Rom und Neapel. Mein Gott, was war ich gutgläubig!«
    Brodka schaute den Hotelportier fragend an.
    Marco blickte betreten drein. »Ich habe Ihnen verschwiegen, daß Keyserling von dem Schließfach wußte. Ich habe ihm davon erzählt. Sie müssen das verstehen, Signore. Keyserling kam nach der Beerdigung auf mich zu. Er sprach so gut über Arnolfo, daß ich annehmen mußte, er habe ihn gut gekannt. Außerdem zeigte Keyserling sich ungehalten über Fasolino, wie übel der dem armen Arnolfo mitgespielt habe. Ihm selbst, beteuerte er, sei es nicht anders ergangen. Er warte nur auf die passende Gelegenheit, es Fasolino heimzuzahlen. Da hab' ich Keyserling von den Dokumenten erzählt, die ich für Arnolfo in einem Hotelschließfach aufbewahrte. Aber wie ist er an den Schlüssel gekommen?«
    Ein Display am unteren Rand der Aufnahme zeigte, daß der Einbruch – wie sollte man es sonst nennen? – in der Nacht nach Arnolfos Beisetzung verübt worden war, also nachdem Keyserling mit Marco gesprochen hatte. Das klärte freilich noch nicht die Frage, wie Keyserling an den Safeschlüssel gekommen war.
    Brodka dachte nach. »Hat jeder, der einen Safeschlüssel vorweist, Zugang zum Tresorraum?«
    »In der Regel ist es so, daß wir den Hotelgast bis zur Tür des Tresorraums begleiten und dann Diskretion wahren. Wir gehen davon aus, daß nur Personen den Raum betreten, die über einen Safeschlüssel verfügen.«
    »Ein Nachschlüssel würde also nicht auffallen?«
    »Ehrlich gesagt, nein, Signore. Wir hatten allerdings noch nie einen Fall, bei dem ein Nachschlüssel benutzt wurde. Mein Gott, mir ist die Sache furchtbar peinlich. Ich hätte Arnolfo das Fach gar nicht zur Verfügung stellen dürfen. Er war ja nicht Gast des Hotels. Sie verraten mich doch nicht, Signore?«
    »Wer war der Nachtportier in dieser Nacht?«
    »Warten Sie … das war gestern, da hatte Alessandro Dienst. Ein zuverlässiger Mann. Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Keyserling muß auf die erstbeste Gelegenheit gewartet haben, daß ich dienstfrei hatte. Was werden Sie jetzt tun?«
    »Was würden Sie an meiner Stelle tun?« fragte Brodka zurück.
    Der Portier überlegte nicht lange. »Keine Frage, ich würde Keyserling zur Rede stellen. Wie ist dieser Mann bloß an einen Nachschlüssel gekommen?«
    »Und wo finde ich diesen Keyserling?«
    »Wie ich schon sagte, wohnt er in Gaeta, hundert Kilometer südlich von Rom, am Meer. Der Ort ist nicht so groß, daß man einen Mann nicht

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