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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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    Eine Frage, die wohl am besten sein Neffe beantworten konnte.
    Auf dem Weg zu Baldassare Cornaro überquerten Brodka und Juliette die Via Véneto, in der sich das Hotel Excelsior befand, mit dem beide unterschiedliche Erinnerungen verbanden, und wie von selbst wechselten beide auf die gegenüberliegende Straßenseite.
    Plötzlich blieb Juliette stehen. Sie hielt den Blick auf das Hotel gerichtet. Brodka ahnte ihre Gedanken und mochte nicht nach dem Grund für ihre plötzliche Nachdenklichkeit fragen. Er hatte das unliebsame Ereignis weitgehend verdrängt; ausgelöscht aber war es nicht.
    »Brodka«, sagte Juliette, ohne den Blick vom Hotel zu nehmen, »du erinnerst dich doch an den unbekannten Mann bei Arnolfos Beerdigung? Jetzt weiß ich, wo ich ihn schon einmal gesehen habe.«
    Brodka warf Juliette einen skeptischen Blick zu. »Und wer war dieser Mann?«
    »Der Portier vom Hotel Excelsior.«
    Brodka stutzte. »Verdammt, ich glaube, du hast recht. Aber was hat das zu bedeuten?«
    Doch Juliette war in Gedanken schon weiter. »Wo ist der Schlüssel?« fragte sie unruhig.
    Brodka nahm ihn aus der Tasche und drückte ihn Juliette in die Hand.
    »Hier«, sagte sie und deutete auf die drei auf dem Schlüsselgriff eingravierten Buchstaben. »GHE – Grand Hotel Excelsior.«
    Zuerst war Brodka sprachlos. Es dauerte eine Weile, bis er die Logik von Juliettes Darlegungen verarbeitet hatte. Dann handelte er rein impulsiv, ohne zu wissen, ob es klug oder gefährlich war, was er tat. Er nahm Juliette bei der Hand und rannte mit ihr, begleitet von einem Hupkonzert, durch den Verkehrsstrom über die Via Véneto zum Hotel.
    »Da!« Juliette zeigte auf den Portier hinter der Empfangsloge. »Er ist es wirklich!«
    Der Portier, ein älterer Herr von tadellosem Äußeren und ebensolchen Manieren, grüßte höflich und erkundigte sich nach den Wünschen der vermeintlichen Gäste.
    »Sie kannten Arnolfo Carracci?« fragte Brodka unvermittelt und – wie er im nachhinein empfand – etwas zu forsch.
    Verunsichert schaute der Gefragte die beiden an. Er rückte seinen antiquierten Gehrock zurecht, als wollte er Zeit gewinnen. »Ja«, sagte er schließlich. »Darf ich fragen, wer Sie sind und warum Sie sich für Arnolfo interessieren? Er ist tot. Wir haben ihn gestern zu Grabe getragen.«
    »Ich weiß. Mein Name ist Brodka. Wir haben bis vor kurzem hier im Hotel gewohnt. Und Arnolfo Carracci war ein Bekannter von uns.«
    »Ach«, erwiderte der Portier und betrachtete abwechselnd Brodka und Juliette. »Ja, ich glaube, ich erinnere mich an Sie.«
    »In welcher Verbindung standen Sie zu Signore Carracci?« fragte Brodka. »Waren Sie befreundet?«
    Der Portier legte den Kopf schräg, und für einen Augenblick leuchteten seine Augen wie verklärt. »Ja. Arnolfo war der letzte meiner Schulfreunde. Jetzt bin nur noch ich übrig. Wahrscheinlich bin ich dem Teufel zu gut und dem Herrgott zu schlecht. Chi se ne frega  – wen juckt's?«
    Andächtig öffnete Brodka seine Faust. »Kennen Sie diesen Schlüssel, Signore?«
    »Nennen Sie mich Marco, per favore .« Er zeigte auf das Messingschild auf seiner linken Brustseite. »Ja, natürlich kenne ich einen solchen Schlüssel. Er ist von einem unserer Schließfächer. Lassen Sie mich bitte sehen.« Er nahm den Schlüssel, las die eingestanzte Nummer und fuhr mit dem Zeigefinger über eine ausgedruckte Liste.
    Plötzlich hielt er inne. »Wie kommen Sie an diesen Schließfachschlüssel, Signore? Er gehörte Arnolfo.«
    Brodka nickte. »Ich weiß. Aber jetzt gehört er mir.«
    »Was soll das denn heißen?« erwiderte Marco verärgert. »Ich habe Arnolfo das Schließfach zur Verfügung gestellt. Angeblich enthält es wichtige Dokumente. Arnolfo meinte, daß niemand sie hier vermuten würde. Er hatte Streit mit seinem Arbeitgeber Alberto Fasolino, wissen Sie. Arnolfo machte aber immer nur Andeutungen und hat nie gesagt, worum es eigentlich ging. Nein, ich werde Sie nicht an das Schließfach lassen, Signore. Nur über meine Leiche.«
    Diskret blickte Brodka nach allen Seiten, ob jemand sie beobachtete; dann beugte er sich über den Tresen vor und sagte: »Hören Sie, Marco, ich habe Arnolfo für den Inhalt des Schließfachs eine hohe Summe geboten. Beim Übergabetermin erlitt er den Infarkt, der zu seinem Tod führte. Wir waren es, die seine Einweisung in die Klinik veranlaßt haben.«
    Marco blickte an Brodka vorbei, während er ihm zuhörte. »Hat Arnolfo das Geld bekommen?« fragte er

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