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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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erwiderte Juliette. Natürlich war ihr die Spitze nicht entgangen, als Brodka ›wenigstens‹ gesagt hatte. Denn diesem Wort folgte die unausgesprochene Bemerkung: Wenn du mich schon mit diesem Kerl betrügst.
    Claudio beobachtete die beiden, deren Gespräch er nicht verstand, mit hängenden Schultern.
    »Wir müssen miteinander reden«, sagte Juliette.
    »Tun wir das nicht schon?« erwiderte Brodka spöttisch.
    »Du weißt, was ich meine!« Juliette reagierte verärgert. Mit dem Kopf wies sie auf Claudio.
    »Nein«, erwiderte Brodka.
    Juliettes Miene verfinsterte sich. »Warum bist du mir gefolgt?«
    Auf dem Tisch vor Brodka lag ein Stoß Briefe. Er nahm den, der zuoberst lag, und strich mit Daumen und Zeigefinger über den Rand. »Ich hatte so eine Ahnung«, meinte er.
    »Laß uns darüber reden. Bitte.«
    Brodka ging gar nicht auf Juliettes Worte ein. »Und diese Ahnung hat mich nicht getäuscht. Im übrigen wollte ich wieder mal nach dem Rechten sehen. Und schau mal, was ich in der Post gefunden habe.« Brodka zog den Brief aus dem Kuvert und reichte ihn Juliette.
    Verwirrt warf sie einen Blick auf den Absender: Beatus Keller, Sengerstr . 6, Zürich. Im ersten Augenblick wußte sie nichts mit dem Namen anzufangen; dann aber erinnerte sie sich an Brodkas Reise nach Zürich, wo er die einzige Freundin seiner Mutter zu treffen hoffte. »Ist das …«
    »… jener Beatus Keller, der mir die Briefe meiner Mutter zurückgegeben hat.«
    »Ah, ja«, sagte Juliette. »Brodka, bitte, du siehst das alles falsch. Ich habe erkannt, daß Claudio für mich nicht mehr als ein flüchtiges Abenteuer war, und …«
    Brodka schien sie nicht zu hören. »Kellers Frau ist gestorben«, sagte er. »In ihrem Nachlaß befindet sich ein Umschlag, den er mir erst nach ihrem Tod aushändigen sollte.«
    »Warum schickt er ihn nicht mit der Post?« Juliette reichte Brodka den Brief zurück.
    »Vielleicht ist er von besonderem Wert. Oder er möchte mir persönlich etwas dazu sagen. Jedenfalls bittet er mich, den Umschlag bei ihm abzuholen. Als seine Frau noch bei klarem Verstand war, schreibt er, hat er ihr versprochen, mir den Umschlag persönlich auszuhändigen.«
    »Merkwürdig.«
    »Das kann man wohl sagen. Aber wenn der Inhalt keine Bedeutung hätte, hätte Hilda Keller wohl kaum solche Auflagen gemacht.« Brodka erhob sich, steckte den Brief in seinen Aktenkoffer und sagte: »Wie dem auch sei, ich fliege sofort nach Zürich. Mein Flugzeug geht in zwei Stunden. Entschuldige, aber ich bin in Eile. Ihr zwei könnt es euch ruhig bei mir gemütlich machen.«
    Sprach's und ging an Juliette und Claudio vorüber.
    Juliette war so verdutzt, daß sie erst reagierte, nachdem die Wohnungstür ins Schloß gefallen war.
    »Brodka!« rief sie im Treppenhaus. »Wir müssen uns aussprechen. Du irrst dich, wenn du glaubst, ich hätte wieder mit ihm geschlafen! Ich weiß jetzt, daß es ein Fehler war!«
    Ihre Worte blieben ungehört.
    Juliette war, als erwachte sie aus einem bösen Traum. Sie spürte, wie Claudio sie von hinten umfaßte.
    »Laß mich los!« rief sie zornig, aber schon im nächsten Augenblick entschuldigte sie sich für ihren Ausbruch: »Versteh mich nicht falsch, Claudio. Die Begegnung mit Brodka kam zu unerwartet. Ich bin jetzt noch ganz durcheinander.«
    Claudio führte Juliette in die Wohnung zurück und drückte sie in einen Sessel. Er sah, daß sie weinte, und er ahnte die Bedeutung ihrer Tränen.
    »Du liebst diesen Brodka also noch immer«, sagte er traurig. »Stimmt's?«
    Juliette hob die Schultern und schwieg.
    »Er ist ein sehr stolzer Mann«, begann Claudio erneut. »Aber ich bin ein guter Liebhaber!«
    Juliette mußte lachen. Wie recht er doch hatte! Mit der flachen Hand wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
    Claudio kniete sich vor Juliettes Sessel nieder. Ihre Gesichter waren jetzt in gleicher Höhe. Dann nahm er ihren Kopf in beide Hände und zog ihn ganz nahe an den seinen heran. »Giulietta«, meinte er endlich, »was ich dir jetzt sage, wird mir sehr schaden, aber es wäre Selbstbetrug, es nicht auszusprechen. Dieser Brodka paßt viel besser zu dir als ich. Du solltest ihn nicht so einfach aufgeben.«
    Es dauerte eine Weile, bis Juliette die Konsequenz von Claudios Worten begriffen hatte. Doch dann auf einmal fiel sie dem Jungen um den Hals. Und während beide weinten wie Kinder, umarmten und küßten sie sich, bis Juliette die Luft wegblieb und sie sich mit den Armen Raum verschaffte, um sich aus seiner heftigen

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