Purpurschatten
haben.«
Indigniert hob Herr Erich die Schultern und entfernte sich.
Brodkas Zimmer war in Ocker und Resedagrün gehalten, wie die meisten Zimmer im Grand Hotel. Über dem breiten französischen Bett hing ein alter Stich von Wien, und auf den nußbaumfarbenen Nachtschränkchen zu beiden Seiten brannten zwei Lampen mit gelben Seidenschirmen. In der Ecke ein Schreibtisch. Daneben, dem Fenster zugewandt, eine Sitzgruppe. Dicker Teppichboden mit Rautenmuster, der jeden Schritt verschluckte. Luxus pur.
Brodka warf Noras Mantel über einen Stuhl. Nora breitete die Arme aus, als wollte sie tanzen oder die ganze Welt umarmen – oder niemand anderen als Brodka. Dann hielt sie inne, legte den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. Brodka trat auf sie zu und faßte sie um die Taille. Nora preßte ihren Schoß an seinen Leib, rieb ihren Körper so leidenschaftlich an dem seinen, daß Brodka sie am liebsten sofort genommen hätte, bekleidet, im Stehen.
Als schämte sie sich ein wenig, hielt Nora die Augen geschlossen und öffnete langsam die Knöpfe ihrer Seidenjacke. Brodkas Atem ging immer heftiger. Nie hatte er so vollendete Brüste gesehen, groß und fest und herausfordernd. Er faßte sie mit beiden Händen, streichelte, rieb und knetete sie lustvoll. Als er sich bückte, um mit der Zunge die steil aufgerichteten Brustwarzen zu liebkosen, wich Nora ihm aus und gab leise Laute von sich, aus denen Wollust und Ungeduld sprachen.
Aufreizend wand sie sich aus ihrem Rock, ließ ihn zu Boden gleiten und schleuderte ihn mit dem rechten Fuß beiseite. Dann stand sie nackt vor ihm – nackt bis auf ihre halterlosen weißen Strümpfe und die hochhackigen Schuhe. Ihre Figur war makellos, ihre Haut leicht gebräunt. Brodka öffnete seine Hose.
Nora lachte schamlos und wies, ohne ein Wort zu sagen, mit der einen Hand auf die Tür zum Badezimmer, während sie mit der anderen sanft seinen Penis streichelte. In ihren Augen lag die Aufforderung: Warte einen Moment. Dann verschwand sie im Bad.
Brodka wußte nicht, ob das Rauschen, das er vernahm, aus der Dusche kam oder aus dem Inneren seines verwirrten Kopfes. Die Zeit erschien ihm endlos. Er streifte seine Hose herunter und legte sie über den Sessel neben Noras Mantel. Aus dem Augenwinkel sah er, daß irgend etwas aus ihrer Manteltasche ragte, ein Brief vielleicht, oder ein Foto. Er zog es heraus – und erschrak.
Das Foto zeigte ihn.
Im ersten Augenblick war er zu keinem klaren Gedanken fähig. Verwirrt starrte er abwechselnd zur Badezimmertür und auf das Bild. Es war mit einem 180er-Teleobjektiv aufgenommen; der Hintergrund war unscharf so daß er nicht erkennen konnte, wo man das Foto geschossen hatte.
Es war also keineswegs eine Zufallsbekanntschaft – und Zuneigung schon gar nicht. Nora war auf ihn angesetzt worden. Aus welchem Grund? Mit welchem Ziel? Von wem?
Brodka überlegte fieberhaft. Sollte er Nora zur Rede stellen? Oder sollte er so tun, als wüßte er von nichts, und Nora in die Irre führen, um sie dann seinerseits auszuspionieren? Doch ehe Brodka eine Entscheidung treffen konnte, trat Nora nackt und mit einem Lächeln aus dem Badezimmer.
Brodkas erstarrter Gesichtsausdruck schien sie zu verwirren. Sie musterte ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. »Was ist?« fragte sie.
Brodka hielt ihr das Foto entgegen.
Nora schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen; dann riß sie ihm das Foto aus der Hand, raffte ihre Kleidungsstücke zusammen und streifte sie hastig über. Ehe er sich versah, hatte sie das Hotelzimmer ohne ein Wort verlassen.
Halbnackt, nur im Hemd, ließ Brodka sich in einen Sessel sinken. Er fühlte sich benommen. Was, um alles in der Welt, ging hier vor? Erst in München, jetzt in Wien. Wer hatte es auf ihn abgesehen, und weshalb? Er mußte herausfinden, wer diese Frau war.
Brodka zog sich an und fuhr mit dem Lift nach unten. Er wollte erst einmal einen Drink nehmen, um seine flatternden Nerven zu beruhigen, und an der Rezeption die dringende Nachricht abholen, die der Portier ihm avisiert hatte.
Als Brodka den sichtlich pikierten Herrn Erich um die Nachricht bat, suchte der Portier anscheinend nach den passenden Worten und begann schließlich umständlich, wie man es von einem Wiener Hotelportier gewöhnt ist: »Wissen S', der Herr, es ist mir ja peinlich, und eigentlich geht es mich überhaupt nichts an, aber als ich Sie in Gesellschaft der Dame …«
»Schon gut«, unterbrach Brodka und gab sich alle Mühe, die Begegnung
Weitere Kostenlose Bücher