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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Juliette blickte auf. »Klingt polnisch. Gibt es da nicht einen Kardinal Smolenski im Vatikan?«
    »Genau der ist gemeint.«
    »Aber was hat der mit deiner Mutter zu schaffen?«
    Brodka lachte bitter. »Wenn ich das wüßte! Jedenfalls schreibt meine Mutter in einem dieser Briefe an ihre Schulfreundin, dieser Kardinal Smolenski sei ein Teufel, und sie verstehe nicht, wie man ihr das alles antun könne. Hier.« Er fingerte den betreffenden Brief von dem Stapel, nahm ihn aus dem Umschlag und reichte ihn Juliette.
    Nachdem sie den Brief gelesen hatte, gab sie ihn Brodka zurück. »Was, in aller Welt, hat das zu bedeuten?« fragte sie ungläubig. »Ich hoffe, du nimmst mir die Frage nicht übel, aber war deine Mutter in den letzten Jahren bei klarem Verstand?«
    Brodka nickte verstehend. »Das, Juliette, habe ich mich auch schon gefragt. Soweit ich weiß, war meine Mutter alles andere als eine fromme Frau. Was kümmert sie dieser Kardinal in Rom? Aber dann habe ich mich an Titus erinnert. Einen zwielichtigen Expriester, den ich in Wien getroffen habe. Er war früher angeblich Sekretär eines Kurienkardinals gewesen. Dieser Titus hat mir gegenüber Andeutungen gemacht … über eine mächtige Organisation, der er selbst mal angehört hat. Er hat ganz ähnliche Worte benutzt wie meine Mutter. Er sagte, diese Leute seien teuflischer als der Teufel.«
    »Und du glaubst, dieser Titus und deine Mutter meinen denselben Mann?«
    »Nicht denselben Mann. Aber vielleicht dieselbe Gruppe. Diese Vatikan-Connection. Vielleicht gibt es da irgendeinen Zusammenhang.«
    »Das glaubst du wirklich?«
    Wenn er ehrlich zu sich selbst war, mußte Brodka gestehen, daß es reichlich gewagt war, einen Zusammenhang zwischen Titus' Worten und dem Brief seiner Mutter herzustellen. »Der einzige, der mir vielleicht weiterhelfen könnte, wäre dieser Titus.«
    »Warum fahren wie nicht zusammen nach Wien und fragen ihn?«
    Brodka zögerte. »Ich möchte nicht mehr nach Wien«, sagte er schließlich.
    »Und warum? Das mußt du mir erklären. Geht es um diesen Mordfall, in den du verwickelt warst?«
    »Da war noch etwas anderes.« Brodka wand sich. »Diese Frau, die dann später ermordet wurde, war auf mich angesetzt. Und beinahe hätte sie mich auch herumgekriegt. Aber ich schwöre dir, da war nichts.«
    »Überhaupt nichts, wirklich nicht?«
    »Nun, ja, sie war bei mir auf dem Zimmer. Aber glaube mir, es ist nichts passiert!«
    Juliette sah Brodka lange an.
    »Ich wollte es dir schon längst gesagt haben«, begann Brodka erneut, »aber ich hatte nicht den Mut. Ich hatte Angst, dich zu verletzen. Verzeih mir.«
    »Dann wollen wir das zum Anlaß nehmen, jetzt gemeinsam nach Wien zu reisen. Vielleicht wäre es ohnehin das beste für uns, wenn wir für ein paar Tage aus der Stadt verschwänden.«
    »Und die Galerie?« versuchte Brodka einzuwenden.
    Juliette lachte. »Ich hänge das Schild ›Geschlossen‹ in die Tür.«
    »Das würdest du tun?«
    »Das werde ich tun.«
    In Wien ließ der Frühling noch auf sich warten. Die Laubbäume am Ring zeigten noch ihre kahlen Äste, aber der Himmel strahlte zum erstenmal seit Wochen in lichtem Blau. Vor der Hofburg warteten die Fiaker. Man hatte das Gefühl, die Tage wurden bereits merklich länger.
    Brodka und Juliette stiegen im Grand Hotel ab, was bei Brodka gemischte Gefühle hervorrief. Aber Herr Erich, der Portier, hob Brodkas Stimmung deutlich, indem er Juliette überschwenglich und mit den Worten willkommen hieß: »Einen Handkuß der Frau Gemahlin.«
    Ein Gefühl von Beklommenheit befiel Brodka, als er sich am nächsten Vormittag zusammen mit Juliette auf den Weg zum Westbahnhof machte, in die Zwölfergasse 112. Es rührte vor allem daher, daß er nicht so recht wußte, wie er Titus begegnen sollte. Immerhin hatte der ihn mehr oder weniger hinausgeworfen – aus Furcht, wie er deutlich zu erkennen gab.
    Juliette blieb Brodkas Unsicherheit nicht verborgen, als das Taxi vor dem Haus in der Zwölfergasse hielt. Während sie die Treppen in den sechsten Stock hinaufstiegen, hielt sie sich dicht an ihm, um ihn zu bestärken. Oben angelangt, drückte Brodka auf den Klingelknopf neben dem Namensschild ›Schwitzko‹.
    Die Tür wurde geöffnet. Doch nicht Titus erschien, wie erhofft, sondern eine vornehme ältere Dame.
    »Sie wünschen?« erkundigte sie sich.
    Brodka nannte seinen Namen und fragte, ob Titus zu sprechen sei.
    »Titus?« wiederholte die fremde Frau. »Ich kenne keinen Titus. Ich bin Witwe und

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