Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
Frau, und Ihre Frau liebt mich. Ich kann Sie nur bitten, daß wir dies als vernünftige Menschen regeln.«
    Juliette hatte Brodkas Worten aufgeregt gelauscht. Er hatte genau den richtigen Ton gefunden. Keine Ausflüchte, kein Gejammer. Statt dessen Selbstsicherheit. Sie stand auf und hielt den Kopf nahe an den Telefonhörer, damit sie Collins Stimme hören konnte.
    Der wirkte nicht so gelassen wie Brodka. Er erkundigte sich, ob Juliette bei ihm sei. Als Brodka die Frage bejahte, nahm Collins Stimme einen drohenden Tonfall an. »Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Liebe hin, Liebe her – Juliette ist immer noch meine Frau. Hätten Sie vielleicht die Güte, mir zu erklären, wie es mit Juliette und Ihnen weitergehen soll?«
    »Ja«, erklärte Brodka, noch immer gelassen, »vorerst wohnt Juliette bei mir. Ich glaube, das ist für alle Beteiligten die beste Lösung, um möglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen.«
    Am anderen Ende der Leitung lachte Collin gekünstelt; ein Lachen, in dem Zorn und Bitterkeit lagen. Schließlich erwiderte er in belehrendem Tonfall: »Mein lieber junger Freund, wir reden hier nicht von Liebe oder Konflikten.«
    »Sondern?«
    »Einzig und allein über Geld.«
    »Wie bitte?« Brodka und Juliette schauten sich fassungslos an.
    »Ja«, wiederholte Collin, »wir reden über Geld, mein Lieber. Auf dieser Welt ist alles lediglich eine Frage des Preises. Oder sehen Sie das anders?«
    »Was soll ich Ihnen denn für Ihre Frau bezahlen?« sagte Brodka mit ätzendem Spott.
    Nach einer endlos erscheinenden Pause antwortete Collin mit hämischer Stimme: »Na, wer sagt's denn. Endlich haben Sie mich verstanden. Umsonst ist nichts auf der Welt, nicht einmal der Tod. Denn der kostet das Leben.«
    Brodka war für einen Moment sprachlos. Juliette war nicht weniger entgeistert. Sie schaute Brodka mit großen Augen an.
    Schließlich meinte Brodka: »Und wenn ich mich weigere? Ich meine, früher oder später würde Ihre Ehe sowieso geschieden.«
    Der Professor antwortete knapp: »Das wäre äußerst unklug von Ihnen.«
    Brodka runzelte die Stirn. »Sie wollen uns drohen?«
    »Drohen? Das haben Sie gesagt. Ich äußere nur meine bescheidene Meinung, verstehen Sie? Und wenn wir uns einigen, lasse ich Sie in Ruhe. Sie können meine Frau haben. Ich brauche sie nicht mehr. Billig wird der Handel aber nicht; schließlich sind Sie ein reicher Mann …«
    Juliette ertrug die Stimme nicht mehr. Sie streckte den Arm aus und schlug mit der Hand auf die Gabel.
    Dann schauten sich beide in die Augen; lange Zeit sprachen sie kein Wort. Schließlich sagte Brodka: »Das meint er doch nicht ernst, daß ich für dich bezahlen soll? Dein Mann ist wohl wieder mal besoffen.«
    Zornig und traurig zugleich wandte Juliette den Blick zur Seite. »Ich habe es ja immer gesagt. Hinrich ist ein altes Ekel.«
    »Den Eindruck habe ich jetzt allerdings auch«, murmelte Brodka. Manchmal, wenn Juliette über ihren Mann herzog, hatte er seine Zweifel gehabt, ob Collin wirklich das Scheusal war, als das sie ihn bisweilen hinstellte; vor allem die Begegnung neulich im Haus der Collins hatte bei Brodka keinen so furchtbar negativen Eindruck hinterlassen. Aber jetzt, nach diesem Telefongespräch, fand er Juliettes Meinung bestätigt.
    »Na ja«, sagte er schließlich und setzte sich aufs Sofa, »das paßt jedenfalls alles ins Bild. Mein Flug nach Zürich war ungefähr so angenehm wie dein Herr Gemahl. Es war ein reiner Horrortrip.«
    Juliette nahm neben Brodka Platz und fragte: »Und? Hattest du wenigstens Erfolg?«
    Brodka hob die Schultern und verzog das Gesicht. »Wenn ich dir sage, was passiert ist«, meinte er, »glaubst du es nicht.«
    »Was ist denn passiert?«
    Brodka schüttelte den Kopf, als könnte er noch immer nicht fassen, was er in Zürich erlebt hatte. »Hilda Keller, die beste Freundin meiner Mutter – die einzige, die mir wahrscheinlich hätte weiterhelfen können –, hat den Verstand verloren. Sie ist in einer Anstalt. Manchmal erkennt sie nicht einmal mehr ihren Mann.«
    »Ich wünschte, mir ginge es genauso«, sagte Juliette mit einem Anflug von Galgenhumor. »Dann war deine Reise also völlig umsonst?«
    Brodka nahm das Päckchen Briefe, das vor ihm auf dem Tisch lag, in beide Hände und ließ sie wie Buchseiten durch Daumen und Zeigefinger seiner Rechten gleiten. »Vielleicht doch nicht«, meinte er. »In einem der Briefe findet sich ein sehr merkwürdiger Hinweis. Was sagt dir der Name Smolenski?«
    »Smolenski?«

Weitere Kostenlose Bücher