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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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An die Kunstsachverständigen gewandt sagte sie: »Bitte, meine Herren. Lassen Sie uns diese Geschichte aus der Welt räumen.«
    Was die sieben Bilder betraf, die der Staatsanwalt in seiner Liste aufführte, so hatte Juliette hinsichtlich ihrer Echtheit niemals Bedenken gehabt. Neben den drei Aquarellen von Jawlensky, die aus ihrem Ankauf von dem römischen Kunstsammler stammten, handelte es sich um zwei Holzschnitte von Erich Heckel und je ein Selbstbildnis von Emil Nolde und Otto Dix, die sie allesamt auf großen Auktionen in London, Genf und Berlin erworben hatte.
    Reimann nahm die Jawlensky-Aquarelle aus den Rahmen und protestierte gegen die Forderung des Staatsanwalts, die Echtheit eines Kunstwerks ›zwischen Tür und Angel‹ zu begutachten, wie er sich ausdrückte. Für eine vernünftige Begutachtung bedürfe es eines hohen Zeitaufwands und möglicherweise naturwissenschaftlicher Untersuchungen, es sei denn … der Professor hielt inne. Er prüfte mit Daumen und Zeigefinger die Stärke und Griffigkeit des Papiers. Dann wandte er sich an Juliette und fragte nach einer hellen Lampe.
    Juliette bat Reimann in den kleinen Büroraum, in dem ihr Schreibtisch mit einer Halogenlampe stand.
    »Sie wissen, daß Jawlensky nur sehr wenige Aquarelle gemalt hat«, bemerkte der Professor leise, während Juliette die Lampe anknipste und gegen die Decke richtete.
    »Ich weiß«, antwortete sie gelassen. Sie war sich ihrer Sache sicher.
    Reimann nahm ein Blatt, hielt es mit der Vorderseite gegen die Lampe und schüttelte den Kopf. Dann nahm er ein zweites und drittes Blatt und verfuhr damit genauso. Verlegen stieß er den Atem durch die Nase aus, und ein bedauerndes Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Tut mir leid, Frau Collin, tut mir wirklich leid, aber was diese Aquarelle betrifft, können wir uns die Arbeit weiterer Untersuchungen ersparen.«
    »Was soll das heißen, Professor?«
    »Das soll heißen, daß diese Aquarelle – über die Qualität der Arbeit wollen wir gar nicht reden – mit Sicherheit nicht von Jawlensky stammen.«
    Juliette wurde schwarz vor Augen. Rasch setzte sie sich auf den Schreibtischstuhl. Allein die drei Jawlenskys hatten sie fast eine halbe Million gekostet.
    »Nun beruhigen Sie sich. Es hat keinen Sinn, Ihnen die Wahrheit zu verschweigen. Jawlensky hat nur auf russischem oder deutschem Papier gemalt, mitunter auch auf Papier aus der Schweiz. Dieses Papier«, er hielt das Bild gegen das Licht, »stammt aus Italien. Hier, sehen Sie dieses Wasserzeichen? Es ist ein Hinweis auf den Ursprungsort. Amalfi. Dort werden noch heute Papiere in alter Handwerkstechnik hergestellt und künstlich gealtert. Bei den drei Jawlenskys handelt es sich eindeutig um Fälschungen. Tut mir wirklich leid, Frau Collin.«
    Der Staatsanwalt trat hinzu. Er hatte Reimanns Worte mitgehört. An den Professor gewandt sagte er nur: »Also doch!« Dann schaute er Juliette an. Die saß beinahe teilnahmslos hinter ihrem Schreibtisch und blickte starr vor sich hin, den Kopf auf die Hände gestützt.
    »Und was haben Sie dazu zu sagen?« fragte der Staatsanwalt.
    Juliette nahm eines der Aquarelle in die Hand, drehte es nach allen Seiten und hielt es nah vor die Augen, betrachtete es ganz genau. Schließlich antwortete sie: »Ich weiß, es klingt ziemlich unglaubhaft, aber ich könnte schwören, dieses Bild ist nicht dasselbe, das ich in Rom gekauft habe. Es ist eine Kopie.«
    Dr. Senger kam an den Schreibtisch. Auch er prüfte das Papier zwischen Daumen und Zeigefinger; dann drehte er das Blatt um und streute aus einem Fläschchen ein weißes Pulver auf die Rückseite. Nach kurzer Zeit verfärbte sich das Pulver grün. Senger pustete es fort.
    »Kein Zweifel«, sagte er und rückte seine Brille zurecht, »das Papier ist noch keine fünf Jahre alt, auch wenn es älter aussieht. Für eine präzise Bestimmung muß ich es allerdings im Labor untersuchen. Doch ohne dem Ergebnis vorgreifen zu wollen, ich halte die Aquarelle für Kopien, die erst vor kurzer Zeit hergestellt und mit Mikrowelle und UV-Licht künstlich gealtert wurden. Keine sehr professionelle Arbeit übrigens. Das Ganze macht mir eher den Eindruck, als hätte hier jemand schnell und schlampig gearbeitet. Absolut zweitklassig, wenn Sie mich fragen.«
    Professor Reimann nickte beipflichtend. »Ich dachte zuerst, die Aquarelle gehörten zu den KGB-Fälschungen, die seit Jahren in Umlauf sind, aber dazu sind sie offenbar zu neu.«
    Sichtlich nervös unterbrach der

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