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Purpurschatten

Purpurschatten

Titel: Purpurschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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kleinlaut.
    »Wie kommst du darauf?« erwiderte sie, schaute ihn endlich an und lächelte. »Es war wunderbar.«
    »Du bist so still. Was habe ich falsch gemacht?«
    Juliette legte ihre Hand auf die seine. »Nichts, Claudio. Ich möchte die vergangene Nacht nicht missen, glaub mir. Es kam nur so plötzlich. Ich … ich kenne dich ja kaum.«
    »Wir haben Liebe gemacht, Giulietta. Mir kommt es vor, als würde ich dich schon jahrelang kennen. Bist du mir jetzt böse?«
    »Aber nein. Du mußt mich nur verstehen. Wir haben zwar miteinander geschlafen, aber deshalb kennen wir uns noch lange nicht.«
    Claudio nickte und verfiel mit einem Mal in eine für ihn ungewohnte Traurigkeit. Während er sein halb verbranntes Toastbrot kaute, wurde ihm plötzlich und schmerzhaft klar, daß Giulietta unerreichbar für ihn war.
    »Dann war das also nur eine einmalige Angelegenheit?« bemerkte er, ohne Juliette dabei anzuschauen.
    Juliette blickte an Claudio vorbei zum Tiber und über die Stadt, die noch im morgendlichen Dunst lag; ein lichter Frühlingstag kündigte sich an. Juliette rang mit sich, als sie über die Antwort auf Claudios Frage nachdachte. Sie wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen. Andererseits schien ihr der Gedanke unerträglich, es bei dem einen Mal zu belassen. Sie wollte ihn haben – mehr als einmal.
    »Laß uns einen Tag und eine Nacht darüber nachdenken«, sagte sie schließlich. Ihr Vorschlag klang beinahe wie eine Entschuldigung. Doch im stillen stellte sie sich die Frage: Warum tust du das? Warum bist du so hart gegen dich selbst? Er will es, du willst es. Wo, zum Teufel, liegt das Problem?
    Vielleicht, weil sie Brodka trotz allem immer noch liebte?
    »Einen Tag und eine Nacht. Dann sehen wir uns morgen früh?«
    »Sagen wir, morgen abend.«
    »Madonna, so lange muß ich auf dich warten?« Er seufzte. »Und wo treffen wir uns?«
    »Im Hotel Excelsior.«
    Claudio mußte zum Dienst.
    Und Juliette hatte einen Plan …

K APITEL 7
    Die Collinsche Klinik lag im Süden der Stadt auf dem Hochufer der Isar und galt als eine der ersten Adressen für betuchte Patienten. Nur wenige wußten, daß der Leiter der Klinik ein Alkoholiker war, denn Collin hatte im Laufe eines langen Säuferlebens einen raffiniert gestaffelten Schutzschild aus bezahltem Schweigen und wohldotierten Karrieristen um sich aufgebaut.
    Nachdem Juliette mitten in der Nacht verschwunden war, hatte Brodka zunächst vermutet, sie wäre nach Hause zurückgekehrt. Doch seine Anrufe bei Collin blieben den ganzen Tag unbeantwortet, so daß er sich entschloß, den Professor in seiner Klinik aufzusuchen.
    Weder einem alten Portier in dunkelblauer Uniform noch einer gestrengen Schwester in gestärkter weißer Kleidung gelang es, den Eindringling abzuwimmeln. Als Brodka das Vorzimmer von Collins Büro betrat und den Professor zu sprechen verlangte, stürzten zwei Pfleger durch zwei verschiedene Türen in den Raum; aber noch bevor sie handgreiflich wurden, erschien Collin in der Tür. Er trug eine weiße Hose und ein weißes Polohemd.
    Als er Brodka erkannte, sagte er zu seinen Leuten: »Alles in Ordnung. Herr Brodka ist ein Freund der Familie.«
    Die beiden Pfleger und die Vorzimmerdame, eine hübsche Brünette, blickten mißtrauisch drein und blieben, nachdem Collin Brodka mit gespielter Höflichkeit in sein Sprechzimmer komplimentiert hatte, vor der Tür stehen.
    »Ich habe Sie zwar nicht hergebeten«, begann Collin ziemlich ungehalten, während er Brodka mit einer Handbewegung einen Stuhl anbot, »aber wenn Sie nun schon einmal da sind … bitte, legen Sie ab.«
    »Danke, es wird nicht lange dauern.«
    Brodka griff in seine Manteltasche und knallte Collins Pistole auf den Schreibtisch: »Vielleicht hätten Sie die Güte, mir zu erklären, was das bedeuten soll.«
    Der Professor verzog das Gesicht, als er die Waffe betrachtete. »Peinlich, peinlich«, meinte er und bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall. »Ich habe sie bei Ihnen vergessen, wie es scheint.«
    »Das ist nicht das Problem. Für mich stellt sich vielmehr die Frage, warum haben Sie die Pistole überhaupt mitgebracht?«
    Collin erhob sich und beugte sich über den Schreibtisch. »Um ehrlich zu sein«, sagte er mit gedämpfter Stimme, »ich wollte Sie erschießen.«
    Das verschlug Brodka die Sprache. Er hatte erwartet, Collin würde irgendwelche Ausflüchte gebrauchen, würde ihm irgendeine dumme Geschichte auftischen. Aber daß er ihm die Wahrheit ins Gesicht sagte, damit hatte er

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