Push up
lachend in die Geheimnisse von You tube einführte.
„ Genau“,
lachte er, „und demjenigen könntest du dann eine Nachricht
schicken.“
Danach hatten Tom keine zehn Pferde mehr davon abhalten
können, sozusagen im Stundentakt den Musikkanal aufzurufen.
Die Zeit dazwischen hatte er mit dem Push up in der Hand
– oder im Gesicht - auf der Couch gesessen und vor sich hin
gestiert.
Oh Mann! Wie bekloppt war das denn?
Nachdem John ihm
gestern in der Garderobe vor den Latz geknallt hatte, dass Tom sich
in Lea verliebt hätte, waren ihm die Worte nicht mehr aus dem
Kopf gegangen.
Und nach einer erneuten, mehr oder weniger schlaflosen
Nacht – mit dem Push up unterm Kopfkissen -, gestand er sich
ein, dass sein Freund Recht hatte.
Tom hatte sich wirklich und
wahrhaftig auf den ersten Blick in die schwarzhaarige Schönheit
mit den wunderschönen grünen Augen verliebt.
Na, wenn das mal nicht kitschig genug war, um daraus
eine Daily Soap zu machen. Vielleicht sollte er dem Drehbuchautor mal
einen Hinweis geben. Aber vermutlich würde der nur den Kopf
schütteln und etwas von „zu weit hergeholt“ murmeln.
Hah! Wenn der wüsste!
Um sich gewissermaßen in die Materie einzuarbeiten
– und natürlich, weil seine Neugierde jetzt geweckt war -
hatte Tom seinen eigenen Namen eingegeben … und war fast vom
Stuhl gefallen.
Dass es in Google bereits tausende von Einträgen
und zigtausende von Bildern von ihm gab, wusste er schon.
So weltfremd war er ja auch wieder nicht.
Aber dass heimlich gemachte Videos von Teenagern bei You
tube eingestellt wurden - Videos, wie er im Supermarkt an der Ecke
einkaufte, bei H&M einen Satz Unterhosen kaufte (guter Gott, die
halbe Welt wusste jetzt, was er unter seinen Jeans trug!), oder wie
er einfach nur in seine Wohnung ging (hier wurde gezielt auf seinen
Hintern gezoomt!) - nein, das hätte er sich niemals träumen
lassen.
Tom sah auf seine Armbanduhr.
Zeit, für eine neue You
tube-Session!
Er erhob sich geschmeidig von der Couch
und stopfte sich den inzwischen ziemlich ramponierten Push up in die
Hosentasche.
Fiel das, was er hier machte,
eigentlich schon in die Kategorie Stalker ?
Tom fühlte, wie ihm übel
wurde, und ganz kurz überlegte er, es einfach sein zu lassen.
Immerhin wusste er nur allzu gut (und nach den neuesten Erkenntnissen
erst recht), wie es sich anfühlte, wenn man ständig unter
Beobachtung stand.
Das schlechte Gewissen fraß sich
in seine Eingeweide und von dort irgendwie in seinen Oberkörper.
Um genau zu sein, bis in seine Brust …
seine linke Brust.
Um ganz genau zu sein, bis zu
der Stelle, an der sein Herz nahezu schmerzhaft pochte.
Tom warf den Kopf in den Nacken und
stöhnte.
„Verzeih mir, Lea“, bat er
die fleckig-weiße Zimmerdecke um Vergebung, „aber ich
muss es wenigstens versuchen.“
Er ließ sich auf den Stuhl vor
seinem Schreibtisch fallen und bewegte die Maus mehrmals hin und her,
bis der Screensaver verschwand und die aufgerufene You tube-Seite
wieder sichtbar wurde.
Tom drückte einmal den Pfeil in
der linken oberen Ecke, um die vorherige Seite erneut aufzurufen.
Dann wiederholte er das Spielchen mit
dem Pfeil in der rechten oberen Ecke … und keuchte, als mehr
als fünfzig neue Videos zum Stichwort „John Crocket, live,
L.A., 2013“ aufploppten.
„Großer Gott!“,
entfuhr es ihm, als er das erste Video öffnete.
Es würde einige Zeit dauern, bis
er sich alle Videos angesehen hätte.
Ach, was soll’s!
Immerhin
hatte er jetzt etwas zu tun und vielleicht, ganz vielleicht, geschähe
ja doch noch ein Wunder!
***
Nach etwas mehr als zwei
Stunden, es waren zwischenzeitlich immer mehr Videos hinzu gekommen,
war Tom beinahe zum Aufgeben bereit.
Ihm schwirrte der Kopf und vor seinen
Augen flimmerte es. Den Ton hatte er schon vor einer Stunde
ausgeschaltet. Das Gekreische der Konzertbesucher war ja nicht
auszuhalten.
Gerade wollte er sich ein Sandwich
machen, als mehrere neue Videos angezeigt wurden … und Tom
schrie beinahe auf, als die Bildanzeigen allesamt Lea darstellten.
„Ja, ja, jaaaaaa!“, brüllte
er, woraufhin die alte Dame, die in der Wohnung unter ihm lebte,
mehrmals gegen die Decke klopfte.
„Sorry!“, murmelte
er, aber es tat ihm nicht im Geringsten leid.
Flink öffnete er das erste der
nahezu zwanzig neuen Videos und stellte selbstverständlich auch
den Ton wieder an.
Die Videos waren ziemlich kurz, in der
Regel nicht mehr als zwei Minuten.
Video Nummer siebzehn jedoch war über
fünf Minuten
Weitere Kostenlose Bücher