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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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konnte, dann sollte auf keinen Fall Angie Hiller dieses Vergnügen haben.
    Joe kam wieder ins Büro, von einem Hauch Frische umgeben. Sein dunkles, nasses Haar war zurückgekämmt, und er hatten den Anzug wieder angezogen. Seine Krawatte war noch nicht gebunden, und sein Hemd stand am Hals offen. Katherine sah die Haare auf seiner Brust. Sie war schockiert. Es verstörte sie zutiefst, daß er an einem Ort, der so unangemessen wie dieses Büro war, soviel Sex-Appeal verströmte. Und die Intensität ihrer Reaktion alarmierte sie nicht minder.
    Sie konnte ihre Augen nicht abwenden, als er sich das Hemd zuknöpfte und dann die Enden seiner Krawatte nahm.
    »Dazu brauche ich einen Spiegel«, sagte er und wollte wieder zur Herrentoilette zurück, als Angie ihn mit ihrem Taschenspiegel herbeiwinkte.
    »Ich habe einen Spiegel. Ich halte ihn«, bot sie an.
    Eine Sekunde wirkte Joe verlegen, dann lächelte er, bedankte sich und fing an, seine Krawatte zu binden, während er vornübergebeugt mit großer Konzentration in den Spiegel blickte.
    Katherines Magen krampfte sich zusammen. Daß Angie den Spiegel hielt, war in Katherines Augen eine viel zu intime Geste. Aber schwach vor Begierde konnte sie nicht anders, als zusehen, während Joe den Hals hierhin und dorthin reckte und einen großen Knoten band. Warum erregte sie das derart? Lag es daran, daß er so konzentriert dabei war? Weil es eine eindeutig männliche Handlung war? Weil es an Masturbation erinnerte?
    Joe schob den Knoten an dem Strang der Krawatte hoch, bis er richtig saß. Und wieder wurde Katherine von Verlangen durchströmt. Joe zog noch einmal an der Krawatte, indem er beide Hände um sie legte, und Katherine sah ihm mit trockenem Mund zu. Er sah phantastisch aus. Sein Hemdkragen hob sich schneeweiß von seiner glattrasierten Wange ab, der Krawattenknoten saß dick und rund unter dem Kinn. »Danke«, sagte er lächelnd zu Angie.
    »Keine Ursache«, sagte sie, ebenfalls mit einem Lächeln, und steckte den Spiegel ein. Sie blieb einen Moment vor ihm stehen und lächelte ihn an. Katherine hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Kein Zweifel, es bestand eine besondere Intimität in dem Verhalten der beiden. Joe Roth mußte der Unbekannte sein, Mr. Gillette. Katherine war am Boden zerstört. Aber wem konnte sie die Schuld geben? Nur sich selbst. Sie hatte alles kaputtgemacht. Sie hätte ihn haben können und hatte sich selbst sabotiert.
    Dann dachte sie an Fintan in seinem Krankenhausbett, im Ungewissen darüber, ob er leben oder sterben würde, und wartete darauf, daß die Szene im Büro in den Hintergrund treten würde. Zu ihrer Schande mußte sie feststellen, daß dies nicht der Fall war. Das mit Joe und Angie war trotzdem wichtig.
37
    D ie Krankenhausbesuche gestalteten sich nach einer gewissen Routine, wonach Tara den Vormittag und Katherine den Nachmittag bei Fintan verbrachte. So war es am Mittwoch gewesen, und so machten sie es auch am Donnerstag.
    Als Tara mit den O’Gradys um neun Uhr eintraf, war Sandro schon da. Er und Fintan hatten die Köpfe nah beieinander und waren in ein leises Gespräch vertieft. Sie boten ein so intimes Bild, daß es die Besucher verlegen machte, sie zu stören.
    »Tut uns leid, daß wir euch unterbrechen«, sagte JaneAnn und wunderte sich, daß sie nicht eifersüchtig auf Sandro war.
    »Das macht doch nichts«, sagte Sandro lächelnd. »Ich bin schon seit ein paar Stunden hier.«
    »Er konnte nicht schlafen«, sagte Fintan.
    »Ohne ihn ist das Bett so groß«, sagte Sandro, dann zeichnete sich Entsetzen in seiner Miene ab. Hatte er JaneAnn beleidigt?
    Doch obwohl sie leicht schockiert war, konnte sie es ihm nicht übelnehmen. Auch Fintan nicht. Irgendwie war es nicht
so
wichtig, auch nicht, was die Kirche davon hielt…
    Wenig später kam Liv herein. Sie konnte nur kurz bleiben, weil sie noch nach Hampshire mußte.
    »Du verpaßt
Supermarket Sweep«,
neckte Milo sie.
    »Ihr könnt es euch ja ansehen und mir dann erzählen, was passiert ist«, sagte sie und lächelte verlegen.
    Supermarket Sweep
war schon zu einer festen Einrichtung am Morgen geworden, und
Fifteen-to-One
am Nachmittag. Zweimal täglich eine halbe Stunde, wenn die Wirklichkeit in den Hintergrund trat. Etwas neben der nagenden Angst, das sie verband.
    »Wir machen das Unnormale zum Normalen«, erklärte Liv, die Verhaltensexpertin. »Es ist eine Überlebensstrategie.«
    »Und ich dachte, ich sehe mir gern Dale Winton an«, sagte Sandro.
    »Unsinn!« belehrte Liv

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