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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Angie als Gillette gesprochen. Doch das war für Katherine kein Grund, sich keine Sorgen zu machen. Es war ihr am liebsten, wenn sie immer das Schlimmste erwartete und auf eine Enttäuschung eingestellt war. Lieber würde sie sterben, als sich überraschen zu lassen.
    Als Katherine am Donnerstagmorgen zur Arbeit kam, sah sie aus, als hätte sie in ihren Kleidern geschlafen. Die letzten Tage waren hart gewesen, das Warten auf die Ergebnisse der Biopsie hinterließ Spuren, und Katherine hatte weder die Energie noch die Aufmerksamkeit aufgebracht, mit der sie sich gewöhnlich um ihr Äußeres kümmerte. Obwohl die O’Gradys erst seit Dienstagabend bei ihr waren, fühlte es sich jetzt schon so an, als wären sie immer dagewesen. Da die jungen Männer daran gewöhnt waren, beim Morgengrauen aufzustehen, um mit der Arbeit auf dem Hof zu beginnen, stellten sie jetzt um halb sieben den Fernseher an, wovon Katherine jedesmal aufwachte. Als sie ihre Bluse für die Arbeit bügeln wollte, mußte sie feststellen, daß der Zugang zum Bügelbrett verstellt war, weil die beiden in der Küche kiloweise Bacon brieten. Außerdem konnte sie ihre schwarzen Schuhe, die sie normalerweise zur Arbeit trug, nicht finden. Sie waren in das Schattenreich entschwunden, das durch die zusätzlichen Personen und Dinge in der Wohnung entstanden war. Deshalb mußte sie zu ihrem grauen Kostüm braune Schuhe tragen und so ins Büro gehen, was ihr, müde und erschöpft, wie sie war, großes Unbehagen verursachte.
    Als Katherine die Tür aufmachte, schlug ihr eine gespannte Atmosphäre entgegen. Zigarettendunst hing in der Luft, Kaffeetassen und leere Tüten lagen im »Kreativbereich« herum, vier oder fünf Mitglieder von Joes Team räkelten sich um eine Tafel, sie waren zerzaust, wirkten erschöpft und übernächtigt. »Sie sehen aus, als wären Sie die ganze Nacht hiergewesen«, sagte sie überrascht. Normalerweise hätte sie gar nichts gesagt, aber ihre Abwehr war brüchig, und ihr normales Verhalten funktionierte nicht richtig.
    »Das waren wir auch«, sagte Darren mit müder Stimme. »Die Präsentation für Multi-Nuß-Müsli. Die Schweine haben uns nicht gesagt, daß in der Mischung auch Schokoladenchips sind. Gestern um fünf haben wir das rausgefunden. Mußte alles geändert werden.«
    Unwillkürlich warf Katherine einen Blick in Joes Richtung – seitdem er ihr aus dem Weg ging, war sie sich ständig seiner Anwesenheit bewußt. Er war unrasiert und sah schlecht gelaunt aus. Einen kalten Moment lang erwiderte er ihren Blick, dann stand er auf und streckte sich. Wie hypnotisiert sah Katherine zu, wie sein Hemd aus der Hose glitt und für einen atemberaubenden Augenblick die glatte Haut seines flachen Bauches und die Haarspur enthüllte, die wie ein faseriges Seil von seinem Bauchnabel nach unten führte. Dann ließ er die Arme fallen, und der Anblick verschwand. Katherine fühlte sich beraubt.
    »Ich gehe duschen«, verkündete er und ging auf steifen Beinen aus dem Büro.
    Bei Breen Helmsford gab es in der Männertoilette eine Dusche, angeblich für solche Gelegenheiten, aber einem Gerücht zufolge war der eigentlich Grund der, daß der obergeile Bock Johnny Denning darauf bestanden hatte, daß sie eingebaut wurde, damit er die Spuren des Geschlechtsverkehrs von sich abwaschen konnte, bevor er nach Hause zu seiner Frau ging.
    Katherine setzte sich und machte eine Liste von den Dingen, die sie an Breda delegieren konnte. Sie konnte sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren, und das ging jetzt seit dem Montagmorgen so, als nach Taras Anruf nichts mehr so war wie vorher. Doch diesmal verzehrte sich Katherine nicht vor Sorge um Fintan, sondern war von dem Gedanken abgelenkt, was wohl passieren würde, wenn sie Joe in die Dusche folgen würde. Der Dampf, die glitschige Seife, das Gefühl, wenn sie sich an seinen Schenkeln, seinem Bauch, seinen Lenden reiben würde. Seine Erektion würde schwer in die eine Richtung, dann in die andere Richtung schwenken, wenn sie mit ihrem Körper in Berührung kam; seine großen Hände würden über ihre Taille, ihren Hintern gleiten; die Seife, mit der er sie weich und geschmeidig machte … Himmel noch mal! Mit einem Beben atmete sie aus und zwang sich, die Phantasie abzubrechen. An die Arbeit! Sie war hier, um zu
arbeiten.
    Ein schrecklicher Gedanke kam ihr. Wo war Angie? Atemlos sah sie sich im Büro um: Angie saß an ihrem Schreibtisch. Gut. Wenn sie, Katherine, schon nicht mit Joe Roth unter der Dusche stehen

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